1.1.3            Zu Punkt 2.1.3: Ausgewiesen zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung

Der Leitfaden führt weiter aus, dass gem. § 6 Absatz 1 Satz 1 WindBG das Windenergiegebiet (erst) „zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung“ ausgewiesen sein muss.

Anträge in Planentwurfsgebieten

Der BWE begrüßt grundsätzlich die Klarstellungen im Leitfaden zum Umgang mit dem Punkt, dass der Plan zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht in Kraft getreten sein muss (fordert aber die Planreife als maßgeblichen Zeitpunkt, s.o. 2.1.1). Anträge sollen in Planentwurfsgebieten schon im Stadium des Aufstellungsbeschlusses gestellt werden können. Die Genehmigungsbehörde muss nach dem Leitfaden dann prognostizieren, ob der Plan bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens voraussichtlich in Kraft sein wird. Voraussetzung einer positiven Prognose ist, dass die Planungsträgerin ihren Planungswillen durch einen Aufstellungsbeschluss deutlich gemacht hat. Ist dies der Fall, ist das Verfahren nach § 6 WindBG zu führen. Diese Vorwirkung des § 6 WindBG erachtet der BWE als wichtig, da es schließlich viele Plangebiete und Bundesländer gibt, welche derzeit keine wirksamen Regionalpläne haben, solche aber gerade entwerfen. Oftmals stehen die konkreten Windflächen zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses aber noch nicht fest, die Vorhabenträgerin muss sich dann überlegen, ob sie hier auf eigenes Risiko dennoch einen Antrag nach § 6 WindBG stellt.

Weiter heißt es im Leitfaden, dass das Verfahren mit Zustimmung der Antragstellerin bis zur Wirksamkeit des Plans ruhend gestellt werden kann, sollte das Genehmigungsverfahren entgegen der Prognose bereits inhaltlich abgeschlossen sein, bevor der Plan wirksam ist. Der BWE regt an, hier zwecks Rechtssicherheit eine Verpflichtung zur „Ruhend-Stellung“ zu formulieren.

Die Hinweise sind nach Ansicht des BWE außerdem weiter zu konkretisieren. Es muss zum einen deutlich herausgestellt werden, dass in Planentwurfsgebieten auf Verlangen des Antragstellers im Verfahren nach § 6 WindBG oder im „regulären“ Verfahren (bisher gar nicht aufgenommen) jederzeit auf das jeweils andere umgestellt werden muss (bisher nur die Rede von „durchführen"). So kann flexibel die für eine schnelle Genehmigung sinnvollste Verfahrensart gewählt werden, ohne – einhergehend mit Dopplungen und Verzögerungen – ein neues Verfahren beginnen zu müssen.

Der BWE schlägt zudem vor, klarzustellen, dass die Behörde den Antrag (auch wenn das Verfahren über eine gewisse Zeit ruhend gestellt wird) nicht ablehnen darf, sofern das Gebiet dennoch nicht ausgewiesen wird. Bisher ist nur aufgenommen, dass die Behörde den Antrag in einem Planentwurfsgebiet „nur“ nicht unmittelbar negativ bescheiden darf.

Des Weiteren schlägt der BWE zur Stärkung der Verfahrensstellung der Antragstellerin vor, die Möglichkeit des ruhenden Verfahrens durch eine „Ist“-Regelung verbindlich zu machen. Es darf kein Zweifel bestehen, dass der Antrag auch ohne ein bereits wirksames Windenergiegebiet bearbeitet wird.

Unbeachtlichkeit der späteren gerichtlichen Verwerfung

Auch die Klarstellung, dass eine spätere gerichtliche Verwerfung des Plans für die Anwendbarkeit des § 6 WindBG unbeachtlich ist, sorgt für mehr Rechtssicherheit.

Allerdings weist der BWE darauf hin, dass im Leitfaden zusätzlich der Umgang mit noch nicht bestandskräftigen Genehmigungen aufzunehmen ist (z.B. wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens/ eines Angriffs durch einen Umweltverband). Bisher legt der Leitfaden fest, dass (nur) für bestandskräftige Genehmigungen eine spätere Verwerfung unbeachtlich ist, auch wenn der Plan ex tunc für unwirksam erklärt wird. Es ist nicht ersichtlich, warum dass nicht für bereits erteilte aber noch nicht bestandskräftige Genehmigung gelten sollte. Sonst müsste im Falle eines Angriffs der Genehmigung (häufig der Fall) doch um diese gebangt werden. Auch nach dem Wortlaut des § 6 kommt es allein auf den Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung an.

1.1.4            Zu Punkt 2.2.1: Umweltprüfungen auf Planungsebene

Der Leitfaden bringt entsprechend des Wortlauts der Vorschrift nochmal vor, dass § 6 WindBG nur Anwendung findet, wenn im Planungsverfahren eine Umweltprüfung nach § 8 ROG oder § 2 Absatz 4 BauGB (SUP) durchgeführt worden ist. Entsprechend des Vollzugsleitfadens prüft die Behörde nur das „Ob“ und darf nicht die Qualität und Prüfungstiefe der im Rahmen des Planungsverfahrens durchgeführten Umweltprüfung prüfen. Der BWE begrüßt ausdrücklich, dass lediglich in formaler Hinsicht die Durchführung einer Umweltprüfung festgestellt wird und die Genehmigungsbehörde die materiellen Anforderungen der SUP gerade nicht prüft. Eine vertiefte Prüfung der Qualität der SUP würde schließlich dem Beschleunigungszweck des § 6 WindBG widersprechen.

1.1.5            Zu Punkt 2.2.2: Ausnahmen

Liegt ein Windenergiegebiet in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark, findet § 6 WindBG keine Anwendung. Nach Ansicht des BWE sollten die Bereichsausnahmen noch klarer definiert werden. Es sollte daher aufgenommen werden, dass § 6 WindBG auch dann Anwendung findet, wenn die Fundamentfläche der WEA vollständig außerhalb der geschützten Gebiete liegt (spezifischer als „Standortfläche“) und auch dann, wenn eine Fundamentfläche einer WEA lediglich an ein Natura 2000-Gebiet, Naturschutzgebiet oder Nationalpark unmittelbar angrenzt. Auch in einem solchen Fall entfällt die UVP und die artenschutzrechtliche Prüfung. Die Gebietsgrenzen müssen abschließend verstanden werden, um dem forcierten Beschleunigungszweck des § 6 WindBG auch umfassend Geltung zu verschaffen.

2         Zu Punkt 3: Rechtsfolgen

2.1       Zu Punkt 3.1: Wegfall der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG

Nach dem Vollzugsleitfaden ist bei Vorhaben, die nach § 6 WindBG geführt werden, eine UVP nach dem UVPG nicht durchzuführen. Die Genehmigungsbehörde muss weder eine allgemeine noch eine standortbezogene Vorprüfung durchführen. Die Antragstellerin muss der zuständigen Behörde keinen UVP-Bericht nach § 16 UVPG vorlegen.

Der BWE regt an, zwecks Klarstellung der Verbindlichkeit, die Formulierung nachzuschärfen, um den Eindruck eines nur freiwilligen behördlichen Verzichts auf die UVP zu vermeiden.

Gleiches gilt für die Passage zu den laufenden Genehmigungsverfahren. Laut Leitfaden kann im laufenden Genehmigungsverfahren die UVP unabhängig vom Verfahrensstand abgebrochen werden, wenn die Antragstellerin die Umstellung nach § 6 Absatz 2 Satz 3 WindBG verlangt. Mitglieder beobachten aktuell Behörden, etwa in Brandenburg, die die Anwendung des § 6 WindBG in Frage stellen bzw. verneinen, „da die Regelungen des § 6 WindBG nicht in das UVPG übernommen wurden.“ Ohne Verbindlichkeit in der Formulierung droht, dass sich die besagten Zweifel der Behörden an der Anwendbarkeit des § 6 WindBG fortsetzen, wenn auch der Abbruch der UVP hier (zumindest scheinbar) in das „Ermessen“ der Behörde gestellt wird. Der BWE regt daher an, das „kann… abgebrochen werden“ durch ein „ist… abzubrechen“ zu ersetzen.

Auf der anderen Seite erachtet der BWE die Ergänzung, dass die UVP auch nicht freiwillig beantragt werden kann, als problematisch. Im Falle, dass eine Aufhebung eines Regionalplans als möglich eingestuft wird und die Antragstellerin einen Genehmigungsantrag im (noch) ausgewiesenen Gebiet stellt, sollte es ihr möglich sein, sich durch eine freiwillige UVP abzusichern. So treten keine Verzögerungen ein, sollte der Plan kippen und eine UVP damit erforderlich werden. Eine Anpassung entspricht also dem Sinn und Zweck der Norm, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Daten zur artenschutzfachlichen Untersuchung können ebenfalls freiwillig vorgelegt werden, vgl. Leitfaden Punkt 3.2, das gleiche sollte für die UVP gelten.

2.2       Zu Punkt 3.2: Modifizierte artenschutzrechtliche Prüfung nach § 6 WindBG

Der BWE begrüßt die Erläuterungen im Vollzugsleitfaden zur nach § 6 WindBG vorzunehmenden „modifizierten“ artenschutzrechtlichen Prüfung grundsätzlich. Die Vorhabenträgerin muss keine artenschutzrechtliche Prüfung (HPA oder RNA) und kein Maßnahmenpaket vorlegen. Stattdessen ist zu prüfen, ob für die relevanten europäisch geschützten Arten Daten vorhanden sind. Der BWE bittet darum, bereits hier zu ergänzen und zu erwähnen, dass die freiwillige Vorlage von artenschutzfachlichen Untersuchungen durch die Antragstellerin in laufenden Genehmigungsverfahren und bei Neuanträgen weiterhin möglich bleibt und von den Behörden dann auch zu berücksichtigen ist. Viele Behörden werden an dieser Stelle andernfalls eine kleinteilige, also langwierige „modifizierte“ Prüfung durchführen. Daher sollte – anders als in der Gesetzesbegründung bisher unterblieben ist – zwingend die Klarstellung erfolgen, dass die Vorhabenträgerinnen selbstverständlich auch eigene Daten aus durchgeführten Untersuchungen beibringen dürfen und diese auch berücksichtigt werden müssen. Dies muss auch deshalb möglich sein, um wirtschaftliche Nachteile, die aus der Anordnung der Ausgleichszahlung herrühren können, abzuwenden.

Zudem sollt hier klargestellt werden, dass die modifizierte artenschutzrechtliche Prüfung[7] (Prüfung der Zugriffsverbote) allein zur Prüfung der Erforderlichkeit von Minderungsmaßnahmen und ggf. Anordnung dieser auf Basis der vorgesehenen etwaigen Datenlage dient.

Weiter sollte der Vollzugsleitfaden sich auch zum Umgang mit Landesnaturschutzgesetzen der Länder äußern und klarstellen, dass mit einem Verfahren nach § 6 WindBG auch abweichendes Landesgesetz keine weiteren artenschutzrechtlichen Prüfungen erfordert und beispielsweise die Befreiung von landesgesetzlichen Horstschutzgeboten nicht mehr erforderlich ist.

Gut und wichtig ist nach Ansicht des BWE die Klärung zu den fehlenden/ungeeigneten Daten im Leitfaden. Liegen keine Daten vor oder reicht die Qualität der Daten nicht aus, können keine Minderungsmaßnahmen – außer für Fledermäuse – angeordnet werden. Hier sollte ergänzt werden, dass auch eine Überschreitung des Höchstalters der Daten (weiter zu konkretisieren, siehe nachfolgender Punkt 2.2.1) dazu führt, dass keine Minderungsmaßnahmen angeordnet werden können.

Gemäß dem Leitfaden prüft die Behörde, ob ein Verstoß gegen ein Zugriffsverbot zu erwarten ist. Ist dies der Fall, prüft sie, ob diese durch geeignete Minderungsmaßnahmen vermieden werden können. Der BWE regt an dieser Stelle an, den Grad der Erwartung (höchstwahrscheinlich) und eine Pflicht zur Zugrundelegung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu ergänzen.