Einleitung

Im Rahmen der Verbändeanhörung übermittelte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) dem BWE am 5. Mai 2023 den Entwurf eines Vollzugsleitfadens zu § 6 Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) mit Frist zur Stellungnahme bis zum 16. Mai 2023 (nachfolgend: Vollzugsleitfaden oder Leitfaden). Der BWE bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme.

Am 3. März 2023 beschloss der Bundestag § 6 WindBG als Teil der Novelle des Raumordnungsgesetzes (ROG). Hierzu hat der BWE bereits im Februar Stellung genommen.[1] Mit § 6 WindBG wurde eine nationale Regelung zur Umsetzung des Art. 6 der EU-Notfallverordnung ((EU) 2022/2577) des Rates vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien für Windenergieanlagen (WEA) an Land geschaffen. § 6 WindBG sieht zwecks Ausbaubeschleunigung artenschutzrechtliche Erleichterungen von Genehmigungsverfahren für WEA an Land vor, die in ausgewiesenen Windenergiegebieten realisiert werden sollen.

Im Wesentlichen gibt der vorliegende Entwurf des Vollzugsleitfadens Auslegungshinweise zu § 6 WindBG, um die Anwendung des Gesetzes in der Praxis zu erleichtern. Der BWE begrüßt das Bestreben des BMWK, durch einen solchen Leitfaden eine ordnungsgemäße und einheitliche Anwendungspraxis zu gewährleisten. Insbesondere dürfte der Leitfaden eine gute und wichtige Unterstützung für die Behörden sein. Bisher hakt die Umsetzung der Vorschrift vielerorts massiv, obwohl sie bereits seit dem 29. März 2023 gilt und zwingend zu beachten ist. Es ist äußert wichtig, die „Notfall-Vorschrift“ jetzt schnell in die Anwendung zu bringen, soll der Beschleunigungszweck tatsächlich erreicht werden.

Nach Ansicht des BWE bietet der Entwurf des Leitfadens bereits eine gute Grundlage für die Anwender*innen. Es bestehen aber weitere Unsicherheiten, die im Leitfaden geklärt werden sollten. Dazu gehört insbesondere Folgendes:  

  • Um den Spielraum der EU-Notfallverordnung weitestmöglich auszunutzen, bedarf es folgender Klarstellungen:
    • Planreife gem. § 245e Absatz 3 Baugesetzbuch (BauGB) reicht für die Anwendung des § 6 WindBG aus; Windenergiebiet gilt dann als ausgewiesen
    • auch Nebenanlagen (insb. Zuwegung) und Vorbescheide gehören zum Anwendungsbereich des § 6 WindBG
  • weiterhin mögliche freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zwecks Absicherung bei möglichem Fall eines Regionalplans
  • Den Kern der Wirkung von § 6 klarer herausstellen: die Prüfung der Zugriffsverbote dient allein der Prüfung der Erforderlichkeit von Minderungsmaßnahmen bzw. ggf. der Anordnung erforderlicher Minderungsmaßnahmen
  • Aufnahme einer Empfehlung für die Länder zur Vorgabe einer pauschalen Abschaltvorgabe für Fledermäuse
  • mehr Klarheit in einigen Formulierungen der Rechte und Pflichten der Beteiligten, z.B.:
  • Vorhabenträgerinnen[2] können freiwillig artenschutzrechtliche Untersuchungen vorlegen und diese müssen dann auch berücksichtigt werden (auch im zentralen Prüfbereich muss eine vorhandene/freiwillig vorgelegte Habitatpotenzialanalyse (HPA) oder Raumnutzungsanalyse (RNA) berücksichtigt werden)

Die Formulierung der konkreten BWE-Änderungsvorschläge im Entwurf des Leitfadens sind im Entwurf direkt im Änderungsmodus kenntlich eingearbeitet und Anlage dieser Stellungnahme.

Der BWE schlägt darüber hinaus vor, den Vollzugsleitfaden zu § 6 WindBG für mehr Durchsetzungskraft und einheitliche Verwaltungspraxis auf den Rang einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift gem. Artikel 84 Absatz 2 Grundgesetz zu heben.

1         Zu Punkt 2: sachlicher Anwendungsbereich

Der sachliche Anwendungsbereich des § 6 ist in Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 WindBG geregelt.

1.1       Zu Punkt 2.1: Antrag auf Errichtung und Betrieb oder Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer WEA

Unter Punkt 2.1 führt der Leitfaden zwar aus, dass nach § 6 Absatz 1 Satz 1 WindBG das Verfahren nach § 6 nicht nur bei der Neugenehmigung Anwendung findet, sondern auch bei der Änderungsgenehmigung von WEA an Land in einem zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ausgewiesenen Windenergiegebiet. Bisher nicht adressiert werden aber erforderliche Klarstellungen zum Umgang mit Nebenanlagen und Vorbescheiden.

Der BWE sieht es für WEA in Waldgebieten als unerlässlich an, klarzustellen, dass auch Nebenanlagen, worunter insbesondere die Zuwegung zur Erschließung der WEA fällt, von den Erleichterungen des § 6 umfasst sind, anderenfalls würde § 6 WindBG in diesen Gebieten konterkariert. Es ist nicht Sinn und Zweck der Regelung in § 6 WindBG, die WEA von der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) freizustellen und die UVP dann im Zuwegungsgenehmigungsverfahren nachzuholen. Für die Zuwegungsgenehmigung im Wald ist die Erforderlichkeit der UVP im Anhang 1 Nr. 17 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) geregelt. Die Zuwegungsgenehmigung wäre in diesen Fällen also ohne Einbezug in § 6 in Waldgebieten viel aufwändiger als die WEA-Genehmigung und die Projektrealisierung würde sich in vielen Fällen noch weiter verzögern, wenn die Zuwegungsgenehmigung eine UVP (einschließlich der Betrachtung der Kumulation mit den Rodungen) für die WEA erfordert. Allein mit der (beschleunigten) WEA-Genehmigung ist also noch keine beschleunigte Projektrealisierung erreicht, wenn noch nicht klar ist, unter welchen Umständen und wann die Zuwegung gebaut werden kann.

In Hessen ist es so, dass die Vorlage der Annexgenehmigungen (hierunter fällt die Zuwegungsgenehmigung) von der BImSch-Behörde zeitlich so gefordert wird, dass BImSch- und Annexantrag „zusammen“ entschieden werden können. Insofern kann in Hessen ohne die genehmigten Annexanträge (u.a. der Zuwegung) auch nicht in die Ausschreibung gegangen werden, da die BImSch-Genehmigung noch nicht erteilt wird. Das Verfahren mit UVP dauert viel länger und hat viel mehr Unsicherheiten – auch im Rechtsschutz – als ohne UVP. Eine vielleicht erteilte WEA-Genehmigung wird also mit Ungewissheiten einer Zuwegungsgenehmigung belastet und verzögert die Projektrealisierung.

Bei Windenergie im Wald handelt es sich auch nicht um einen Ausnahmefall, der ggf. zu vernachlässigen wäre, wenn es in der aktuellen Situation zur Errichtung der Klimaschutz- und Ausbauziele für die erneuerbaren Energien nicht ohnehin auf jeden einzelne WEA ankäme. Beispielsweise in Hessen befinden sich 86 Prozent der Windenergiegebiete im Wald; und auch in Bayern, Niedersachsen und Thüringen gibt es viele Waldgebiete.

Nach Ansicht des BWE entspricht die Inkludierung der Nebenanlagen auch einer europarechtskonformen Auslegung von § 6 WindBG. Art. 6 der EU-Notfallverordnung (VO (EU)) ermöglicht den Mitgliedstaaten das Vorsehen von Ausnahmen von der UVP und den Bewertungen des Artenschutzes für „Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien“, also für die Vorhaben insgesamt und nicht nur für die einzelne WEA. Zudem gilt die VO (EU) „für alle Verfahren zur Genehmigungserteilung“, vgl. Art. 1. Und gemäß Art. 2 Abs. 1a VO (EU) sind hierunter „alle einschlägigen behördlichen Genehmigungen für den Bau“ zu fassen.[3] Dieser Auslegung steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Zuwegung ggf. teilweise außerhalb der Windenergiegebiete liegt, da die Erleichterung im Sinne der Beschleunigungswirkung der Vorschrift alle einschlägigen Genehmigungen erfassen soll und das Projekt (wenn auch nicht vollständig) weiterhin im Windenergiegebiet liegt.

Sollte diese Auslegung keinen Einzug in den Leitfaden finden, kann auch unproblematisch zwischen Zuwegung innerhalb und außerhalb des Windenergiegebietes im behördlichen Verfahren differenziert werden (auch wenn dies nicht dem Ziel entspricht).

Wichtig ist auch die klarstellende Ergänzung der Geltung von § 6 WindBG im Rahmen der sog. Vorbescheidsverfahren. Auf Antrag entscheidet die Behörde über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen durch Erteilung eines sog. Vorbescheids, vgl. § 9 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Möglichkeit kann von den Vorhabenträgerinnen genutzt werden, um einen bestimmten Prüfungspunkt (z.B. Fragen im Zusammenhang mit dem Naturschutz) vorab und für das Vollverfahren verbindlich zu klären und so die Erfolgsaussichten eines späteren Genehmigungsverfahrens abschätzen zu können. Dies fördert Investitionsentscheidungen und die Antragstellerin kann vor dem Genehmigungsverfahren ggf. Anpassungen vornehmen und so den Verfahrensaufwand möglichst geringhalten. Auch im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens ist aufgrund des Erfordernisses der vorläufigen Gesamtprognose z.B. ab drei WEA eine UVP-Vorprüfung erforderlich. Der klarstellende Einschluss von Vorbescheiden in den § 6 WindBG würde somit auch diese Verfahren und damit letztlich auch die sich anschließenden Vollgenehmigungsverfahren beschleunigen. Wenn schon das Vollgenehmigungsverfahren von den Erleichterungen des § 6 WindBG profitiert, muss dies erst recht für die behördliche Entscheidung über Einzelfragen einer Genehmigung gelten. Dies sollte in dem Vollzugsleitfaden klargestellt werden.

1.1.1            Zu Punkt 2.1.1 Windenergiegebiet

Der Begriff der „Windenergiegebiete“ wird in § 2 Nummer 1 WindBG legaldefiniert; Bezüglich der spezifischen Einzelfragen dazu, ob und wann eine planerische Ausweisung einem Windenergiegebiet im Sinne des § 2 Nummer 1a und b WindBG entspricht, wird nach dem Leitfaden auf den „Mustererlass zum Wind-an-Land-Gesetz“ verwiesen. Dem BWE ist nicht klar, was mit dem Mustererlass zum Wind-an-Land-Gesetz gemeint ist. Es wäre hilfreich dies zu spezifizieren.

Im Leitfaden heißt es weiter, dass § 6 WindBG damit in allen wirksam als Vorrang-, Eignungs- und Vorbehaltsgebiete, Sonderbauflächen oder Sondergebiete für die Windenergie an Land ausgewiesenen Flächen, die die Anforderungen des § 6 Absatz 1 Satz 2 WindBG erfüllen, Anwendung findet.

Nach Ansicht des BWE muss das Wort „wirksam“ gestrichen werden. Eine wirksame Ausweisung sieht § 6 WindBG gerade nicht vor. Der Anwendungsbereich des § 6 ist vielmehr entsprechend der nun festgelegten Planreife in § 245e Absatz 4 BauGB auch im Leitfaden zu konkretisieren. Somit wäre § 6 in Planentwurfsgebieten für Windenergieflächen unmittelbar anwendbar, wenn für den Planentwurf bereits eine Beteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 des Baugesetzbuchs oder § 9 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes durchgeführt wurde. Dies entspricht dem Beschleunigungszweck und damit der teleologischen Auslegung der Vorschrift.[4]

1.1.2            Zu Punkt 2.1.2: Rechtlicher Status der Windenergiegebiete

Im Leitfaden wird erläutert, dass nur im Falle einer rechtskräftig gerichtlichen oder behördlichen Feststellung der Unwirksamkeit der positiven Ausweisung einer Windfläche – nicht allein der Ausschlusswirkung des Plans – eine Anwendung von § 6 WindBG ausscheidet. Eine gerichtliche Inzidentkontrolle ist in keinem Fall ausreichend.

Anzumerken ist hier folgender Punkt: Es ist nicht ersichtlich, was unter einer „behördlichen Feststellung der Unwirksamkeit der positiven Ausweisung“ zu verstehen ist. Die Aufhebung des Plans durch die Planungsträgerin (Leitfaden Punkt 2.1.2.5) kann nach dem Wortlaut nicht gemeint sein und der Genehmigungsbehörde steht keine Verwerfungskompetenz im engeren Sinne zu; eine behördliche Normnichtanwendung[5] lässt die formale Existenz des Plans stets unberührt und tangiert daher die weiterhin bestehende positive Ausweisung der Windfläche gemäß § 6 WindBG nicht. Der BWE regt daher an, zwecks Rechtsklarheit die „behördliche Feststellung“ an dieser Stelle zu streichen.

Der Leitfaden listet in Bezug auf den rechtlichen Status der ausgewiesenen Windenergiegebiete außerdem verschiedene Entscheidungsvarianten hinsichtlich der Unwirksamkeitsfeststellung von Plänen auf. Hier stellt der Leitfaden klar, dass § 6 WindBG in den ausgewiesenen Gebieten anwendbar bleibt, wenn der Plan nur insoweit für unwirksam erklärt wird, als mit ihm die Ausschlusswirkung herbeigeführt werden sollte. Klarzustellen ist hier, dass dies auch für Fehler bei der Bekanntmachung der Genehmigung eines Flächennutzungsplanes gilt, die sich lediglich auf die Darstellung der Ausschlusswirkung auswirken.

Die im Leitfaden unter Punkt „Entscheidungen mit neuer Tenorierung“ angesprochene Tenorierungsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) bezieht sich ausdrücklich nur auf Flächennutzungspläne, welche nach dem Urteil nur insoweit für unwirksam erklärt werden dürfen, als dass mit ihnen die erforderliche Ausschlusswirkung herbeigeführt werden sollte. In Bezug auf Regionalpläne wird der Plan (leider) immer noch oft insgesamt für unwirksam erklärt und eine Anwendung von § 6 WindBG scheidet dann aus.[6] Dies ist im Leitfaden entsprechend zu unterscheiden und anzupassen.

In diesem Zusammenhang regt der BWE außerdem an, auch die Anwendbarkeit des § 6 WindBG auf wiederauflebende Vorgänger-Regionalpläne in den Leitfaden aufzunehmen. Es kann den Fall geben, dass ein Regionalplan von einem Gericht für unwirksam erklärt wird und ein Vorgänger-Regionalplan wieder auflebt. Sofern auch bei diesem eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde, sollte der Anwendungsbereich des § 6 auch für dort aufgeführten Windflächen eröffnet sein. Hierdurch wird ein zusätzlicher Anwendungsfall der Norm klargestellt und der gewünschte Beschleunigungszweck weiter konsequent durchgesetzt.

 

1.1.3            Zu Punkt 2.1.3: Ausgewiesen zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung

Der Leitfaden führt weiter aus, dass gem. § 6 Absatz 1 Satz 1 WindBG das Windenergiegebiet (erst) „zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung“ ausgewiesen sein muss.

Anträge in Planentwurfsgebieten

Der BWE begrüßt grundsätzlich die Klarstellungen im Leitfaden zum Umgang mit dem Punkt, dass der Plan zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht in Kraft getreten sein muss (fordert aber die Planreife als maßgeblichen Zeitpunkt, s.o. 2.1.1). Anträge sollen in Planentwurfsgebieten schon im Stadium des Aufstellungsbeschlusses gestellt werden können. Die Genehmigungsbehörde muss nach dem Leitfaden dann prognostizieren, ob der Plan bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens voraussichtlich in Kraft sein wird. Voraussetzung einer positiven Prognose ist, dass die Planungsträgerin ihren Planungswillen durch einen Aufstellungsbeschluss deutlich gemacht hat. Ist dies der Fall, ist das Verfahren nach § 6 WindBG zu führen. Diese Vorwirkung des § 6 WindBG erachtet der BWE als wichtig, da es schließlich viele Plangebiete und Bundesländer gibt, welche derzeit keine wirksamen Regionalpläne haben, solche aber gerade entwerfen. Oftmals stehen die konkreten Windflächen zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses aber noch nicht fest, die Vorhabenträgerin muss sich dann überlegen, ob sie hier auf eigenes Risiko dennoch einen Antrag nach § 6 WindBG stellt.

Weiter heißt es im Leitfaden, dass das Verfahren mit Zustimmung der Antragstellerin bis zur Wirksamkeit des Plans ruhend gestellt werden kann, sollte das Genehmigungsverfahren entgegen der Prognose bereits inhaltlich abgeschlossen sein, bevor der Plan wirksam ist. Der BWE regt an, hier zwecks Rechtssicherheit eine Verpflichtung zur „Ruhend-Stellung“ zu formulieren.

Die Hinweise sind nach Ansicht des BWE außerdem weiter zu konkretisieren. Es muss zum einen deutlich herausgestellt werden, dass in Planentwurfsgebieten auf Verlangen des Antragstellers im Verfahren nach § 6 WindBG oder im „regulären“ Verfahren (bisher gar nicht aufgenommen) jederzeit auf das jeweils andere umgestellt werden muss (bisher nur die Rede von „durchführen"). So kann flexibel die für eine schnelle Genehmigung sinnvollste Verfahrensart gewählt werden, ohne – einhergehend mit Dopplungen und Verzögerungen – ein neues Verfahren beginnen zu müssen.

Der BWE schlägt zudem vor, klarzustellen, dass die Behörde den Antrag (auch wenn das Verfahren über eine gewisse Zeit ruhend gestellt wird) nicht ablehnen darf, sofern das Gebiet dennoch nicht ausgewiesen wird. Bisher ist nur aufgenommen, dass die Behörde den Antrag in einem Planentwurfsgebiet „nur“ nicht unmittelbar negativ bescheiden darf.

Des Weiteren schlägt der BWE zur Stärkung der Verfahrensstellung der Antragstellerin vor, die Möglichkeit des ruhenden Verfahrens durch eine „Ist“-Regelung verbindlich zu machen. Es darf kein Zweifel bestehen, dass der Antrag auch ohne ein bereits wirksames Windenergiegebiet bearbeitet wird.

Unbeachtlichkeit der späteren gerichtlichen Verwerfung

Auch die Klarstellung, dass eine spätere gerichtliche Verwerfung des Plans für die Anwendbarkeit des § 6 WindBG unbeachtlich ist, sorgt für mehr Rechtssicherheit.

Allerdings weist der BWE darauf hin, dass im Leitfaden zusätzlich der Umgang mit noch nicht bestandskräftigen Genehmigungen aufzunehmen ist (z.B. wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens/ eines Angriffs durch einen Umweltverband). Bisher legt der Leitfaden fest, dass (nur) für bestandskräftige Genehmigungen eine spätere Verwerfung unbeachtlich ist, auch wenn der Plan ex tunc für unwirksam erklärt wird. Es ist nicht ersichtlich, warum dass nicht für bereits erteilte aber noch nicht bestandskräftige Genehmigung gelten sollte. Sonst müsste im Falle eines Angriffs der Genehmigung (häufig der Fall) doch um diese gebangt werden. Auch nach dem Wortlaut des § 6 kommt es allein auf den Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung an.

1.1.4            Zu Punkt 2.2.1: Umweltprüfungen auf Planungsebene

Der Leitfaden bringt entsprechend des Wortlauts der Vorschrift nochmal vor, dass § 6 WindBG nur Anwendung findet, wenn im Planungsverfahren eine Umweltprüfung nach § 8 ROG oder § 2 Absatz 4 BauGB (SUP) durchgeführt worden ist. Entsprechend des Vollzugsleitfadens prüft die Behörde nur das „Ob“ und darf nicht die Qualität und Prüfungstiefe der im Rahmen des Planungsverfahrens durchgeführten Umweltprüfung prüfen. Der BWE begrüßt ausdrücklich, dass lediglich in formaler Hinsicht die Durchführung einer Umweltprüfung festgestellt wird und die Genehmigungsbehörde die materiellen Anforderungen der SUP gerade nicht prüft. Eine vertiefte Prüfung der Qualität der SUP würde schließlich dem Beschleunigungszweck des § 6 WindBG widersprechen.

1.1.5            Zu Punkt 2.2.2: Ausnahmen

Liegt ein Windenergiegebiet in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark, findet § 6 WindBG keine Anwendung. Nach Ansicht des BWE sollten die Bereichsausnahmen noch klarer definiert werden. Es sollte daher aufgenommen werden, dass § 6 WindBG auch dann Anwendung findet, wenn die Fundamentfläche der WEA vollständig außerhalb der geschützten Gebiete liegt (spezifischer als „Standortfläche“) und auch dann, wenn eine Fundamentfläche einer WEA lediglich an ein Natura 2000-Gebiet, Naturschutzgebiet oder Nationalpark unmittelbar angrenzt. Auch in einem solchen Fall entfällt die UVP und die artenschutzrechtliche Prüfung. Die Gebietsgrenzen müssen abschließend verstanden werden, um dem forcierten Beschleunigungszweck des § 6 WindBG auch umfassend Geltung zu verschaffen.

2         Zu Punkt 3: Rechtsfolgen

2.1       Zu Punkt 3.1: Wegfall der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG

Nach dem Vollzugsleitfaden ist bei Vorhaben, die nach § 6 WindBG geführt werden, eine UVP nach dem UVPG nicht durchzuführen. Die Genehmigungsbehörde muss weder eine allgemeine noch eine standortbezogene Vorprüfung durchführen. Die Antragstellerin muss der zuständigen Behörde keinen UVP-Bericht nach § 16 UVPG vorlegen.

Der BWE regt an, zwecks Klarstellung der Verbindlichkeit, die Formulierung nachzuschärfen, um den Eindruck eines nur freiwilligen behördlichen Verzichts auf die UVP zu vermeiden.

Gleiches gilt für die Passage zu den laufenden Genehmigungsverfahren. Laut Leitfaden kann im laufenden Genehmigungsverfahren die UVP unabhängig vom Verfahrensstand abgebrochen werden, wenn die Antragstellerin die Umstellung nach § 6 Absatz 2 Satz 3 WindBG verlangt. Mitglieder beobachten aktuell Behörden, etwa in Brandenburg, die die Anwendung des § 6 WindBG in Frage stellen bzw. verneinen, „da die Regelungen des § 6 WindBG nicht in das UVPG übernommen wurden.“ Ohne Verbindlichkeit in der Formulierung droht, dass sich die besagten Zweifel der Behörden an der Anwendbarkeit des § 6 WindBG fortsetzen, wenn auch der Abbruch der UVP hier (zumindest scheinbar) in das „Ermessen“ der Behörde gestellt wird. Der BWE regt daher an, das „kann… abgebrochen werden“ durch ein „ist… abzubrechen“ zu ersetzen.

Auf der anderen Seite erachtet der BWE die Ergänzung, dass die UVP auch nicht freiwillig beantragt werden kann, als problematisch. Im Falle, dass eine Aufhebung eines Regionalplans als möglich eingestuft wird und die Antragstellerin einen Genehmigungsantrag im (noch) ausgewiesenen Gebiet stellt, sollte es ihr möglich sein, sich durch eine freiwillige UVP abzusichern. So treten keine Verzögerungen ein, sollte der Plan kippen und eine UVP damit erforderlich werden. Eine Anpassung entspricht also dem Sinn und Zweck der Norm, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Daten zur artenschutzfachlichen Untersuchung können ebenfalls freiwillig vorgelegt werden, vgl. Leitfaden Punkt 3.2, das gleiche sollte für die UVP gelten.

2.2       Zu Punkt 3.2: Modifizierte artenschutzrechtliche Prüfung nach § 6 WindBG

Der BWE begrüßt die Erläuterungen im Vollzugsleitfaden zur nach § 6 WindBG vorzunehmenden „modifizierten“ artenschutzrechtlichen Prüfung grundsätzlich. Die Vorhabenträgerin muss keine artenschutzrechtliche Prüfung (HPA oder RNA) und kein Maßnahmenpaket vorlegen. Stattdessen ist zu prüfen, ob für die relevanten europäisch geschützten Arten Daten vorhanden sind. Der BWE bittet darum, bereits hier zu ergänzen und zu erwähnen, dass die freiwillige Vorlage von artenschutzfachlichen Untersuchungen durch die Antragstellerin in laufenden Genehmigungsverfahren und bei Neuanträgen weiterhin möglich bleibt und von den Behörden dann auch zu berücksichtigen ist. Viele Behörden werden an dieser Stelle andernfalls eine kleinteilige, also langwierige „modifizierte“ Prüfung durchführen. Daher sollte – anders als in der Gesetzesbegründung bisher unterblieben ist – zwingend die Klarstellung erfolgen, dass die Vorhabenträgerinnen selbstverständlich auch eigene Daten aus durchgeführten Untersuchungen beibringen dürfen und diese auch berücksichtigt werden müssen. Dies muss auch deshalb möglich sein, um wirtschaftliche Nachteile, die aus der Anordnung der Ausgleichszahlung herrühren können, abzuwenden.

Zudem sollt hier klargestellt werden, dass die modifizierte artenschutzrechtliche Prüfung[7] (Prüfung der Zugriffsverbote) allein zur Prüfung der Erforderlichkeit von Minderungsmaßnahmen und ggf. Anordnung dieser auf Basis der vorgesehenen etwaigen Datenlage dient.

Weiter sollte der Vollzugsleitfaden sich auch zum Umgang mit Landesnaturschutzgesetzen der Länder äußern und klarstellen, dass mit einem Verfahren nach § 6 WindBG auch abweichendes Landesgesetz keine weiteren artenschutzrechtlichen Prüfungen erfordert und beispielsweise die Befreiung von landesgesetzlichen Horstschutzgeboten nicht mehr erforderlich ist.

Gut und wichtig ist nach Ansicht des BWE die Klärung zu den fehlenden/ungeeigneten Daten im Leitfaden. Liegen keine Daten vor oder reicht die Qualität der Daten nicht aus, können keine Minderungsmaßnahmen – außer für Fledermäuse – angeordnet werden. Hier sollte ergänzt werden, dass auch eine Überschreitung des Höchstalters der Daten (weiter zu konkretisieren, siehe nachfolgender Punkt 2.2.1) dazu führt, dass keine Minderungsmaßnahmen angeordnet werden können.

Gemäß dem Leitfaden prüft die Behörde, ob ein Verstoß gegen ein Zugriffsverbot zu erwarten ist. Ist dies der Fall, prüft sie, ob diese durch geeignete Minderungsmaßnahmen vermieden werden können. Der BWE regt an dieser Stelle an, den Grad der Erwartung (höchstwahrscheinlich) und eine Pflicht zur Zugrundelegung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu ergänzen.

2.2.1            Zu Punkt 3.2.1: Vorhandene Daten (§ 6 Absatz 1 Satz 3 WindBG)

Im Vollzugsleitfaden ist zur Einschätzung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bei Betrieb der Anlage eine Ausnahme der Voraussetzung von vorhandenen Daten, auf deren Grundlage die Behörde ggf. erforderliche Schutzmaßnahmen anordnen muss, für Fledermäuse festgesetzt. Geeignete Minderungsmaßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos für Fledermäuse bei Betrieb der Anlage können hiernach auch dann angeordnet werden, wenn keine Daten vorhanden sind (dazu unter 3.2.2.3 des Leitfadens). Hier ist unbedingt zu ergänzen, dass das auch für das Störungs- und Zerstörungsrisiko bei Betrieb gilt. Ein Verweis lediglich auf das Tötungsverbot kann zu Missinterpretationen führen, als dass bspw. ein Störungsverbot oder das Zerstörungsverbot noch bestehen könnte. Dies muss unbedingt klargestellt werden.

Positiv und wichtig ist die vorgenommene Klarstellung, dass unter die vorhandenen Daten, auf deren Grundlage die Behörde ggf. erforderliche Minderungsmaßnahmen anzuordnen hat, auch die der Vorhabenträgerinnen fallen und dass davon ausgegangen werden kann, dass diese den fachlichen Standards entsprechen.

Es gibt einige Projekte, bei denen bereits alle Kartierungen durchgeführt wurden, und es muss sichergestellt werden, dass die Behörde diese Daten auch wirklich zu Prüfungen und Bewertungen heranzieht, anstatt pauschal auf die Zahlung zu setzen.[8] Der BWE regt an, an dieser Stelle nochmal eindeutig klarzustellen, dass Daten, die von den Vorhabenträgerinnen[9] offiziell vorgelegt werden, von der Behörde auch tatsächlich berücksichtigt werden müssen und dass die Antragstellerin nicht nur im Rahmen laufender Verfahren, sondern auch im Rahmen neuer Verfahren freiwillig Daten vorlegen kann.

Nach dem Leitfaden sind darüber hinaus vorhandene Daten solche, die in behördlichen Datenbanken und behördlichen Katastern gespeichert sind. Dabei handelt es sich um Daten aus einschlägigen Fachdatenbanken z.B. der Naturschutzbehörden, der Landesumweltämter und der biologischen Stationen. Hierbei sollte klargestellt werden, dass diese Daten der Vorhabenträgerin oder den von ihr beauftragten Gutachter*innen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen sind, so dass Minderungsmaßnahmen in Bezug auf die technische Planung (bspw. Micrositing) (freiwillig) auch von diesen geprüft werden können.

Die vorgenommene Bezugnahme auf Daten Dritter, welche nur verwendet werden dürfen, wenn die Qualität der Daten ausreicht (verbunden mit einem Prüfauftrag der Behörde), müsste nach Ansicht des BWE zwecks ausreichender Bestimmtheit noch ergänzt/abgeändert werden. Im Verfahren außerhalb von § 6 nutzt die Behörde die vorliegende Kartierung, um diese mit den Informationen Dritter abzugleichen. Die Kartierung fällt nun regelmäßig weg. Es ist daher wichtig, den Prüfaufwand der Behörde möglichst gering zu halten und klare Vorgaben zu machen. Ergänzt werden sollte, dass Daten von Dritten nicht nutzbar sind, solange sie in Bezug auf Erhebungsqualität und fachlichen Hintergrund nicht den Vorgaben der Leitfäden zum klassischen Antragsverfahren entsprechen. Beobachtungen von Spaziergänger*innen, Ornitho-Einträge oder ein Verweis auf bestehende Horste durch Einzelpersonen oder Gruppen entsprechen keinem fachlichen Standard.[10]

Für weitere Konkretisierung der zu verwendenden Daten sollte folgendes in den Leitfaden aufgenommen werden: Als “Brutplatz” gelten nur fachlich korrekt nachgewiesene und hinreichend exakt geographisch verortete besetzte Horste oder sonstige Fortpflanzungsstätten gem. “C”-Brutnachweis. Potenzielle Reviere oder insgesamt “B”-Brutnachweise sind nicht zu berücksichtigen.

Zudem wäre eine Konkretisierung hilfreich, wann Daten fünf Jahre alt sind. Ein Beispiel: Die Untersuchungen fanden vom 1. Feb. bis 30. Nov. 2019 statt, der Antrag wird am 1. Juli 2024 eingereicht: Sind die Daten dann älter als fünf Jahre? Sind die Daten erst pauschal alle am 30. Nov. 2024 fünf Jahre alt? Vorschlag: Die Daten sind fünf Jahre nach dem letzten Erfassungstag zu alt. Ferner sollte aufgenommen werden, dass den Daten eindeutig zu entnehmen sein muss, wann diese erhoben wurden bzw. wann die Kartierung erfolgte. Kann den Daten eine solche Information nicht eindeutig entnommen werden, sind die Daten nicht zu verwenden.

Gemäß dem Leitfaden ist nach § 6 Absatz 1 Satz 5 und 7 Nummer 2 WindBG ohne weiteren Zwischenschritt eine Zahlung in Höhe von 3.000 Euro/MW festzulegen. Sind Daten nur für einige Arten vorhanden oder nicht ausreichend vorhanden, um alle Verbotstatbestände zu beurteilen, ist – neben eventuellen Minderungsmaßnahmen – auch eine Zahlung in die nationale Artenhilfsprogramme anzuordnen. Der BWE regt an, die Höhe der Zahlung – entweder 3.000 oder 450 Euro/MW (vgl. Punkt 3.2.3.1 des Leitfadens) – zwecks Rechtsklarheit hier zu ergänzen.

2.2.2            Zu Punkt 3.2.2: Anordnung von Minderungsmaßnahmen (§ 6 Absatz 1 Satz 3 WindBG)

Der Leitfaden erläutert weiter, dass die Genehmigungsbehörde Minderungsmaßnahmen nur anordnen kann, wenn auf Grundlage der vorhandenen Daten ein Verstoß gegen die Zugriffsverbote des § 44 Absatz 1 BNatSchG zu erwarten ist. Es sollte klargestellt werden, dass die Genehmigungsbehörde Minderungsmaßnahmen nur anordnen kann, wenn auf Grundlage der vorhandenen Daten ein Verstoß gegen die Zugriffsverbote des § 44 Absatz 1 BNatSchG hinreichend sicher (höchstwahrscheinlich) zu erwarten ist (kein Nullrisiko!). Die Beweislast liegt hier auf Seiten der Behörde.

Der BWE begrüßt die Klarstellung im Leitfaden, dass die Behörde einen erwartbaren Verstoß gegen die Zugriffsverbote und die Erforderlichkeit von Maßnahmen selbstständig prüft, die Antragstellerin also nicht mehr dazu verpflichten kann, eine Artenschutzprüfung oder ein Maßnahmenkonzept vorzulegen. Die Antragstellerin kann jedoch freiwillig weiterhin eine solche Prüfung und/oder ein Konzept vorlegen. Hilfreich wäre hier die Klarstellung, wann die Artenschutzprüfung vollständig ist bzw. welche Daten dafür entsprechend erforderlich sind. Unter Punkt 3.2.2.1 ist klar geregelt, dass, wenn kein Verstoß gegen die Zugriffsverbote zu erwarten ist und keine Minderungsmaßnahmen erforderlich werden, auch eine Genehmigung ohne Zahlungen erfolgt. Auch unter 3.2.3 kommt es vor, dass vollständige Daten zum Artvorkommen erforderlich sind, ohne dass definiert wird, wann diese Daten vollständig wären. Dies kann im Umkehrschluss schnell dazu führen, dass wiederum viele Nachforderungen der Behörden gemacht werden, was dann nur durch Annahme der Zahlungen umgangen werden kann.

Im Leitfaden heißt es weiter, dass die Behörde, im Falle, dass die Antragstellerin eine vollständige Artenschutzprüfung und/oder ein vollständiges Maßnahmenkonzept auf Grundlage der vorhandenen Daten vorlegt, auf dieser Grundlage Minderungsmaßnahmen anordnen kann. Der BWE regt an, hier das „kann“, welches Freiwilligkeit suggeriert, in ein „hat zu“ abzuändern und ein „wenn und soweit diese (Minderungsmaßnahmen) zur Gewährleistung von § 44 Absatz 1 erforderlich sind“ anzufügen. Denn wenn die Antragstellerin vollständige Unterlagen einreicht, sollten diese zwingend als Grundlage für etwaig erforderliche Maßnahmen herangezogen werden müssen. Die Antragstellerin legt auch Maßnahmen im sog. landschaftspflegerischen Begleitplan (kurz LBP; kommt aus der Eingriffsregelung) vor. Der LBP umfasst Maßnahmen für Biotope, Boden, etc. Diese Maßnahmen kommen jedoch nicht aus dem Artenschutz, für den die Minderungsmaßnahmen hier gedacht sind. Im Leitfaden sollte daher klar gemacht werden, dass das artenschutzrechtliche Maßnahmepaket gemeint ist.

2.2.2.1               Zu 3.2.2.1: Verstoß gegen ein Zugriffsverbot nach § 44 Absatz 1 BNatSchG

Der Leitfaden führt aus, dass die zuständige Behörde zunächst prüft, ob auf Grundlage der vorhandenen Daten ein Verstoß gegen ein Zugriffsverbot nach § 44 Absatz 1 BNatSchG zu erwarten ist. Der BWE schlägt auch an dieser Stelle vor, ganz deutlich zu machen, dass die Prüfung der Zugriffsverbote ausschließlich zur Vorbereitung der Entscheidung über etwaige Minderungsmaßnahmen auf Basis der vorgesehenen etwaigen Datenlage dient. Hierin besteht die maßgebliche Modifikation durch § 6 WindBG. Die Verbote können nicht mehr zur Ablehnung eines Projekts führen. Der BWE regt an, den Leitfaden zur Herausstellung dieses zentralen Punktes hin nochmal grundlegend zu überprüfen und ggf. zu überarbeiten.

Im Leitfaden heißt es weiter, dass für die Prüfung des Tötungs- und Verletzungsverbots bei kollisionsgefährdeten Brutvögeln § 45b und Anlage 1 zu § 45b BNatSchG sinngemäß anzuwenden ist.

Aus vorgenannten Gründen ist auch hier die Klarstellung wichtig, dass § 45b und Anlage 1 zu § 45b BNatSchG nicht für die Prüfung des Tötungs- und Verletzungsverbots sondern für die Prüfung der Erforderlichkeit und ggf. der Festlegung von Minderungsmaßnahmen sinngemäß anzuwenden sind.

Gemäß dem Leitfaden gelten die Regelvermutungen des § 45b Absatz 2 bis 5 BNatSchG. Liegt die WEA im Nahbereich oder im zentralen Prüfbereich liegt eine signifikante Risikoerhöhung vor. Die Aussage in Bezug auf den zentralen Prüfbereich vermittelt den Eindruck einer – im Vergleich zum BNatSchG – modifizierten Regelvermutung für den zentralen Prüfbereich. Denn im zentralen Prüfbereich liegen nach § 45b Absatz 3 BNatSchG nur (widerlegbare) Anhaltspunkte für eine Risikoerhöhung vor. Allerdings wird im Leitfaden unter Punkt 3.2.2.2 für den zentralen Prüfbereich festgehalten, dass Minderungsmaßnahmen eine Risikoerhöhung doch mindern können. Die scheinbar modifizierte Regelvermutung im zentralen Prüfbereich kann so also nicht stehen bleiben. Zudem ist nicht ersichtlich, warum eine Widerlegung der Risikoerhöhung im zentralen Prüfbereich nicht auch durch eine vorliegende bzw. freiwillig vorgelegte HPA oder RNA widerlegt werden kann. Im Punkt 3.2.2.2 sollte also auch diese Möglichkeit vorgesehen werden.[11] Im Nahbereich geht auch § 45b BNatSchG von einer Risikoerhöhung aus. Der BWE regt also an, nur die tatsächliche Modifikation der Regelvermutung im Vergleich zum BNatSchG herauszustellen. Dies trifft nur auf den erweiterten Prüfbereich zu. Der Leitfaden hält fest, dass im erweiterten Prüfbereich oder außerhalb des erweiterten Prüfbereichs keine signifikante Risikoerhöhung vorliegt. In diesem Fall sind daher keine Minderungsmaßnahmen anzuordnen. Für den zentralen Prüfbereich sollte unverändert die Vorgabe aus § 46b BNatSchG gelten. Die Passage im Leitfaden zum Nahbereich und zum zentralen Prüfbereich kann also gestrichen werden.

Überdies regen wir auch hier die Aufnahme der Klarstellung in Bezug auf die Definition von Brutplätzen und anderen Fortpflanzungsstätten an, vgl. oben Punkt 2.2.1.

Der BWE schlägt die dem Normzweck entsprechende Klarstellung auch für die Passage zur Prüfung des Störungs- und Beschädigungsverbots durch betriebs- oder anlagebedingte Wirkungen sowie möglicher Verstöße in der Errichtungsphase vor. Ferner ist herauszustellen, dass auch für diese vorrangig § 44 BNatSchG anzuwenden ist und nur ergänzend auf die bestehenden Länderleitfäden zurückgegriffen werden kann.

Der BWE merkt an dieser Stelle an, dass mit dem Verweis auf Länderleitfäden jedem Land ermöglicht wird, nach wie vor Projekte zu verhindern. Dies widerspricht eklatant der Intension des Gesetzgebers. Dies birgt insbesondere das Risiko für strenge und unklare Haselmaus-Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen, die aktuell häufig Gegenstand gerichtlicher Verhandlungen sind. Zudem führen die Haselmaus-Maßnahmen verstärkt zu intensiven Diskussionen mit Behörden, was zu erheblichen Verzögerungen führt.

2.2.2.2               Zu 3.2.2.2: Geeignete und verfügbare Minderungsmaßnahmen

Der BWE begrüßt die Ausführungen zu geeigneten und verfügbaren Minderungsmaßnahmen grundsätzlich.

Zur Vermeidung der Tötung oder Verletzung von kollisionsgefährdeten Brutvögeln sind insbesondere die Schutzmaßnahmen nach Anlage 1 Abschnitt 2 BNatSchG fachlich anerkannte Minderungsmaßnahmen im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 3 WindBG. Hierbei genügt für eine bzw. mehrere Arten die Anordnung von jeweils einer der in Anlage 1 Abschnitt 2 aufgeführten Schutzmaßnahmen. Dies sollte ergänzt werden.

Bei der Aussage, dass die Schutzmaßnahmen nach Anlage 1 Abschnitt 2 BNatSchG jedoch nicht im Nahbereich wirksam sind, also immer eine Zahlung in nationale Artenhilfsprogramme anzuordnen ist, stellt sich die Frage, ob neben der erforderlichen Zahlung im Nahbereich dann generell auch gar keine Minderungsmaßnahmen angeordnet werden können, die ein Kollisionsrisiko zumindest minimieren. Dies geht aus dem Vollzugsleitfaden bisher nicht hervor. Auch eine Abschaltung im Nahbereich kann das Tötungsrisiko zumindest senken. In diesem Fall wäre Vogelschutz und eine geringere Zahlung in Artenhilfsprogramme auch möglich. Dies ist klarzustellen.

Liegt die WEA im zentralen Prüfbereich, führt der Leitfaden aus, dass u.a. auch Antikollisionssysteme genutzt werden können, um die Risikoerhöhung hinreichend zu mindern. Antikollisionssysteme lehnt der BWE jedoch entschieden ab. Sie sind nur sehr schwer umsetzbar, führen zu nicht prognostizierbaren Abschaltungen (keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Windparks möglich!), funktionieren im hügeligen Gelände nicht zuverlässig (also in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen) und führen zu absolutem Individuenschutz auf Kosten der Windenergie.

Ergänzt werden sollte eine Wahlmöglichkeit der Vorhabenträgerin im Falle, dass mehrere Maßnahmen geeignet sind, die Risikoerhöhung ausreichend zu mindern.

Laut dem Leitfaden ist bei den Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Störungen bzw. dem Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten auf die jeweils fachwissenschaftlich etablierten Maßnahmen zurückzugreifen. Welches die fachwissenschaftlichen Maßnahmen sind, sollte möglichst konkretisiert werden. Diese lose Formulierung führt zu Interpretationen in den Behörden (oder ggfs. nicht abgestimmte Festsetzungen in Länderleitfäden), welche zu Verzögerungen führen wird.

2.2.2.3               Zu Punkt 3.2.2.3: Geeignete Maßnahmen zum Schutz von Fledermäusen

Der BWE begrüßt die Klarstellungen im Zusammenhang mit Abregelungen für den Fledermausschutz und auch die Ausführungen zur freiwilligen Durchführung des Gondelmonitorings grundsätzlich. Zwar hat der BWE sich in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf des § 6 WindBG aus guten Gründen[12] gänzlich gegen ein verpflichtendes Monitoring ausgesprochen.[13] Das wurde so im Gesetz leider nicht festgehalten und nach dem Leitfaden ist das Gondelmonitoring verpflichtend anzuordnen, wenn Abschaltzeiten nicht auf Grundlage eines worst-case Szenarios angeordnet werden, und Unsicherheiten verbleiben, ob das Tötungsrisiko durch die beschränkten Abschaltzeiten ausreichend gemindert wird. Da auch die unten angegebene Abschaltvorgabe das Tötungsrisiko ausreichend mindert, muss auch bei Anordnung dieser das verpflichtende Gondelmonitoring entfallen.

Der BWE spricht sich für die Aufnahme einer Klarstellung im Leitfaden aus, dass die Abschaltungsanordnung zum Schutz von Fledermäusen den Verstoß gegen alle Zugriffsverbote und nicht nur gegen das Tötungsverbot ausräumt (für den Regelfall, dass keine Daten vorliegen). Bisher ist für den Fall im Leitfaden nur die Ausräumung des Tötungsrisikos explizit genannt. Grundsätzlich entfällt laut § 6 Absatz 1 Satz 1 WindBG die artenschutzrechtliche Prüfung sämtlicher Zugriffsverbote, und nur wenn vorhandene Daten vorliegen, regelt der Vollzugsleitfaden ein abweichendes Verfahren für die Prüfung der Verbotstatbestände. Bei Fledermäusen wird unabhängig von dem Vorhandensein von Daten (eine Kartierung durch die Antragstellerin oder die Naturschutzbehörde ist nicht erforderlich) eine Abschaltung als geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahme angeordnet. Nur auf Grundlage schon vorhandener Daten kann die Behörde daneben weitere Minderungsmaßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Störungen (während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeit) bzw. dem Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten anordnen. Für Fledermäuse gibt es keine systematische Datenerfassung und das heißt, dass im Regelfall keine Daten i.S.d. Gesetzes für Fledermausaktivitäten vorhanden sind und die Abschaltung als geeignete Minderungsmaßnahme dann stets alle Zugriffsverbote ausschließt. Diese Klarstellung sollte im Vollzugsleitfaden ergänzt werden, um Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung der Behörden auszuräumen.

Der Leitfaden stellt klar, dass Abschaltungen die einzige fachlich anerkannte Minderungsmaßnahme darstellen, die das Schlagrisiko im notwendigen Umfang verringert. Allerdings wird nur darauf hingewiesen, dass diese sich während der Gefährdungszeiten für Fledermäuse in Abhängigkeit von der Witterung, Jahreszeit und Tageszeit ergibt. Hier müssen weitere praktisch relevante Parameter ergänzt werden: ein Schwellenwert für die Windgeschwindigkeit und Temperatur sowie “kein Niederschlag” (weniger als 0,004 mm/min).

Der Leitfaden sieht vor, dass für den Umfang der Abschaltung auf die jeweils einschlägigen Länderleitfäden zurückgegriffen werden soll. An dieser Stelle weist der BWE erneut auf die dringend erforderliche bundeseinheitliche Regelung im Hinblick auf die Abschaltvorgaben hin und empfiehlt die RENEBAT-Studien[14] als aktuell einzige wissenschaftliche Herleitung für die Abschaltparameter. Die dort dargestellte pauschale Abschaltung entspricht dem Prinzip einer vorsorglichen Schutzmaßnahme, die auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes[15] eine Vermeidungsmaßnahme für das betriebsbedingte Tötungsverbot nach § 44 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG darstellt und grundsätzlich und mit hinlänglicher Sicherheit das Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle senkt. Ein Rückgriff auf die Länderleitfäden führt hingegen zu einem Flickenteppich an Lösungen, den der BWE ablehnt. Im Leitfaden sollte den Ländern daher die pauschale Abschaltvorgabe aufgrund der wissenschaftlichen Herleitung in den RENEBAT-Studien empfohlen werden: Abschaltregelung für Fledermäuse in der Zeit von April bis Oktober jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei einer Anlauf-Windgeschwindigkeit von bis zu 6 m/s und einer Temperatur oberhalb von 10 Grad Celsius und Niederschlag weniger als 0,004 mm/min.[16] Damit ließen sich auch die Ertragsverluste für die Zumutbarkeitsschwelle zuverlässig ermitteln.

Ein worst-case Szenario (maximal denkbare Abschaltzeiten) braucht es damit nicht, um eine hinreichende Senkung des Kollisionsrisikos sicherzustellen. Im Leitfaden wird bisher hingegen festgehalten, dass im Falle der Anordnung von pauschalen Abschaltzeiten auf Grundlage eines worst-case Szenarios davon auszugehen ist, dass das Kollisionsrisiko hinreichend verringert wird. Wie soeben dargelegt gewährleistet dies auch die obig vorgeschlagene Abschaltvorgabe. Worst-case Szenarien werden vom BWE nicht unterstützt. Auch weil der Ertragsverlust durch Abschaltungen aufgrund von nicht festgelegten worst-case-Parametern in den Ländern erheblich höher ausfallen kann, sollten die Abschaltungen hier gedeckelt werden. Dies gilt umso mehr, da der Vollzugsleitfaden klarstellt, dass die alleinige Anordnung von Fledermausschaltungen noch nicht zur Zahlung des reduzierten Betrages führen soll (3.2.3.1 Höhe der Zahlung). Nur die empfohlene Abschaltung ist im Sinne der zusätzlichen Abgaben des Artenschutzes verhältnismäßig. Hinzu kommt, dass aufgrund des Projektgebietes, beispielsweise mit wenigen baulichen und natürlichen Strukturen, eine geringe Fledermausaktivität zu erwarten ist, sodass maximal denkbare Abschaltzeiten völlig unangebracht wären.

Wenn der bevorzugten Lösung des BWE zur Streichung des worst-case Szenarios nicht gefolgt wird, dann sollten zumindest hierfür die Parameter konkreter definiert werden. So könnte der Flickenteppich aus unterschiedlichen Abschaltbedingungen in den Ländern vermieden werden. Wenn dem nicht gefolgt wird, sollte zumindest eine Empfehlung eines worst-case Szenarios im Leitfaden aufgenommen werden.

Im Leitfaden wird weiter ausgeführt, dass der Antragstellerin im Falle der Anordnung von pauschalen Abschaltzeiten auf Grundlage eines worst-case Szenarios die Möglichkeit einzuräumen ist, die Abschaltzeiten durch eine zweijährige akustische Erfassung der Fledermausaktivität im Gondelbereich (Gondelmonitoring) anzupassen. Hier kann klargestellt werden, dass die Anpassung nur zur Verringerung der Abschaltvorgaben führen kann. Ferner sollte ergänzt werden, dass das Gondelmonitoring auf Antrag in einem selbstgewählten Rhythmus wiederholt werden kann. Dies würde Kosten zulasten der Windenergie durch eine häufig geforderte Wiederholung alle drei bis fünf Jahre vermeiden.

Laut dem Leitfaden ist die WEA ohne Abschaltzeiten zu genehmigen, soweit sich aus den Daten einer Vorab-Untersuchung kein erhöhtes Kollisionsrisiko ergibt. Der Absatz sollte ersatzlos gestrichen werden, da keine fachlich anerkannten Voruntersuchungen existieren, die verlässlich auf das Schlagrisiko in Rotorhöhe schließen lassen. In der Praxis wird daher auch bei vorhandenen Daten eine datenunabhängige Abschaltung angeordnet. Der Passus des Leitfadens suggeriert also ein Entgegenkommen für die Windenergie, hat aber keinen praktischen Anwendungsbereich. Zudem birgt es gleichsam die Gefahr, auf Ablehnung bei Naturschützer*innen zu stoßen und somit die Akzeptanz des Leitfadens zu schmälern.

2.2.2.4               Zu Punkt 3.2.2.4: Verhältnismäßigkeit von Minderungsmaßnahmen

Es kamen einige Rückfragen zur Herleitung des möglichen 600-Euro-Aufschlags auf die Zumutbarkeitsberechnung bei erforderlichen Minderungsmaßnahmen für die Errichtung der WEA, daher regen wir an, konkret auf die Stelle der Gesetzesbegründung zu verweisen und ggf. weitere Ausführungen hierzu zu machen.

Der Leitfaden verweist auf ein Tool zur konkreten Berechnung der Zumutbarkeit als Hilfestellung bei der Berechnung nach Anlage 2 BNatSchG von der Fachagentur Wind. Der BWE merkt an, dass es in der Praxis erhebliche Kritik an diesem Tool (pauschale, stark vereinfachte Excel-Tabelle) gibt und die Projektiererinnen meist genauere Berechnungen anstellen lassen. Daher sollte im Leitfaden ergänzt werden, dass konkretere Berechnungen der Zumutbarkeit durch die Fachleute (vorrangig) berücksichtigt werden müssen.

Im Leitfaden sollte ferner klar herausgestellt werden, dass die Anordnung von vorsorglich strengeren Minderungsmaßnahmen unverhältnismäßig ist und dass die Behörde (auf Verlangen der Anlagenbetreiberin) die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Minderungsmaßnahmen zu begründen hat.

2.2.3            Zu Punkt 3.2.3: Zahlung in Artenhilfsprogramme (§ 6 Absatz 1 Satz 5 WindBG)

Gemäß dem Leitfaden ist keine Zahlung in Artenhilfsprogramme anzuordnen, wenn vollständige Daten zu den Artenvorkommen vorliegen und auf dieser Grundlage kein Verstoß zu erwarten ist oder alle zu erwartenden Verstöße durch Minderungsmaßnahmen hinreichend verringert werden können. Diese Passage könnte so verstanden werden, dass die Zahlung zwar nicht anzuordnen ist, aber angeordnet werden kann. Der BWE regt daher entsprechende Umformulierung zu einem „Nichtdürfen“ an.

2.2.3.1               Zu Punkt 3.2.3.1 Höhe der Zahlung (§ 6 Absatz 1 Satz 7 WindBG)

Im Sinne der Akzeptanz und Transparenz muss es für die gezahlten Artenschutzabgaben einen Mittelverwendungsnachweis und Monitoring-Ergebnisse geben. Diese sind zeitnah der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dem Bundesamt für Naturschutz muss eine Pflicht zur jährlichen Erbringung von Mittelverwendungsnachweisen auferlegt werden.

3         Kommentierung zu Punkt 4: zeitlicher Anwendungsbereich

Aufgenommen werden sollte zudem eine klarstellende Passage zur Vorlage von geeignete Daten nach Genehmigungserteilung: Wird auf Grundlage des § 6 WindBG eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer oder mehrerer WEA erteilt, steht es der Betreiberin im späteren Verlauf frei, die festgelegten Minderungsmaßnahmen gem. §§ 15, 16 BImSchG durch Vorlage von geeigneten Daten zu ihren Gunsten ändern zu lassen. Hierfür gelten die allgemeinen Rechtsgrundsätze.

 

 

[1] BWE (2023): Stellungnahme zum Kabinettsbeschluss des Entwurfs eines § 6 Windenergieflächenbedarfsgesetzes – LINK.

[2] Da es sich bei den Vorhabenträgerinnen, Antragstellerinnen etc. um juristische Personen handelt, wird das Femininum verwendet.  

[3] Zwecks Rechtsklarheit und -sicherheit sollte über die Aufnahme der Nebenanlagen im Vollzugsleitfaden darüber hinaus auch eine entsprechende Gesetzesänderung in § 6 WindBG vorgenommen werden. Dies wird der BWE an geeigneter Stelle nochmal anbringen.

[4] Falls dies nicht umgesetzt wird, könnte der Zeitpunkt, ab wann ein Windenergiegebiet als „ausgewiesen“ gilt, hilfsweise auch auf den späteren Zeitpunkt der Beschlussfassung im Gremium (Gemeinderat/Regionalversammlung), also der formellen Planreife, festgelegt werden.

[5] Vgl. hierzu Monika Agatz (2023): Windenergiehandbuch – LINK.

[6] Vgl. OVG Schleswig-Holstein – 5 KN 53/21 –, OVG Lüneburg – 12 KN 101/20 –: Regionalpläne Wind wurden insgesamt für unwirksam erklärt

[7] Nach dem Wortlaut in § 6 fällt die artenschutzrechtliche Prüfung eigentlich weg, daher besteht hier ein gewisser Widerspruch, der deutlicher zu adressieren bzw. aufzulösen ist.

[8] Dies klingt zwar im Wortlaut von § 6 WindBG und im Leitfaden auf S. 7 schon an: „Sind Daten vorhanden, hat die Behörde auf dieser Grundlage zu prüfen, ob durch das Vorhaben Zugriffsverbote nach § 44 Absatz 1 BNatSchG verwirklicht würden.“ sollte im Leitfaden aber klar hervorgehoben werden.

[9] bzw. auch die weiteren vorhandenen und geeigneten Daten.

 

[11] Im umgekehrten Fall (Feststellung eine Risikoerhöhung durch freiwillig vorgelegte HPA) ist dies für den erweiterten Prüfbereich vorgesehen, vgl. Leitfaden Punkt 3.2.2.2.

[12] Eine pauschale Abschaltvorgabe wird vorsorglich angeordnet und sollte Unsicherheiten bzgl. des Tötungsrisikos hinreichend beseitigen, dies ist nachgewiesenermaßen bei der pauschalen Abschaltvorgabe aus den RENEBAT-Studien der Fall. Ein Monitoring sollte dann auch nur freiwillig sein.

[13] Vgl. BWE (2023): Stellungnahme zum Kabinettsbeschluss des Entwurfs eines § 6 WindBG, S. 7 f. – LINK.

[14] Behr, O. (Hrsg.) (2015). Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen (RENEBAT II). – Umwelt und Raum Bd. 7, 368 S., Institut für Umweltplanung, Hannover, DOI – LINK.

[15] Brinkmann, Robert (Hg.) (2011): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen. Ergebnisse eines Forschungsvorhabens. Deutschland. 1. Aufl. Göttingen: Cuvillier (Umwelt und Raum, Band 4).

[16] Die Abschaltvorgabe sollte darüber hinaus zwecks Bundeseinheitlichkeit verpflichtend in Anlage 1 Abschnitt 2 zu § 45b Absatz 1 bis 5 BNatSchG aufgenommen werden. Hier sind schon Festlegungen zu anerkannten Schutzmaßnahmen anderer geschützter Arten getroffen worden. So ist ferner auch klargestellt, dass die pauschale Abschaltregelung für Fledermäuse auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 6 WindBG gilt.