Für die Umsetzung der international und national festgelegten klimapolitischen Ziele kommt dem Ausbau von Onshore-Windenergieanlagen (folgend: WEA) eine tragende Rolle zu. Eine fortschreitende Entwicklung in Wissenschaft und Technik ermöglicht es hierbei nicht nur, die Entwicklung der Windenergieanlagen effizienter voranzutreiben, sondern kann gleichzeitig auch eine sinnvolle Ergänzung für den Artenschutz bedeuten, indem die biologische Vielfalt bewahrt wird
indem die biologische Vielfalt bewahrt wird.

Letzteres ist mit Blick auf das sogenannte artenschutzrechtliche Tötungsverbot mittlerweile geradezu „conditio sine qua non“, dass eine Genehmigung erteilt werden kann. Die vorhersehbaren Konflikte zwischen WEA und Artenschutz sind daher immer mehr zu einem „Bremsklotz“ der Energiewende geworden. Entspannung sollen nun neue, technische Konfliktvermeidungsmaßnahmen in Gestalt von Vogeldetektionssystemen verbunden mit einer automatisierten Abschaltung bringen.

Computergesteuerte Algorithmen

Die verschiedenen Vogelerkennungssysteme (insbesondere kamera- oder radarbasiert) registrieren Flugobjekte, deren Bewegungsrichtung und die Entfernung zur WEA. Durch computergesteuerte Algorithmen kann mit unterschiedlichem Feinheitsgrad bestimmt werden, ob und um welche naturschutzrechtlich relevante Vogelgattung es sich handelt. Sofern ein Mindestabstand zur Anlage unterschritten wird, können sodann die Schutzmaßnahmen in Form von akustischen Signalen zur Vergrämung oder einer Betriebsregulierung der WEA erfolgen. Abhängig von Abstand und Fluggeschwindigkeit des Vogels sowie von der Erfassungsreichweite des Detektionssystems kann dadurch die Kollisionswahrscheinlichkeit des Vogels mit der Anlage gesenkt bzw. komplett ausgeschlossen werden.

Da der Einsatz technischer Detektionssysteme aber vergleichsweise „Neuland“ darstellt, gibt es in der Rechtsprechung und in den Praxisvorgaben für Genehmigungsbehörden kaum konkrete Aussagen über deren genehmigungsrechtliche Anwendbarkeit. Die aktuelle Entwicklung zeigt aber, dass wenn die Systeme technisch ausgereift sind, grundsätzlich eine
Eignung besteht, um artenschutzrechtliche Konflikte zu minimieren. Dabei stellen sie aktuell noch keinen Ersatz, wohl aber eine Ergänzung zu den etablierten Schutzmaßnahmen zur Vermeidung und Minderung dar.

 Trotz des (noch) fehlenden empirischen Beweises zur Wirksamkeit, können Vogelerfassungssysteme dabei rechtlich durchaus zulässig sein. Hierfür ist laut Rechtsprechung ein „gewisses“ Maß an fachwissenschaftlichen Erkenntnissen zur generellen und zur konkreten Verwendung am Standort erforderlich. Überdies muss bei bestehenden Restunsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit ein taugliches Schutzkonzept vorliegen.

Tendenz: positiv

Es liegen zwar positive Fallstudien zur generellen Wirksamkeit der Vogelerkennungssysteme von mehreren Herstellern vor, diese besitzen aber zum Teil nur begrenzte Aussagekraft, da sie nicht immer unabhängig oder wissenschaftlich begleitet wurden. Darüber hinaus erkennt aber das Bundesamt für Naturschutz an, dass die Korrelation von „Maßnahme“
und „Wirkung“ bei radar- und kamerabasierten Systemen zur Steuerung von WEA-Abschaltungen bei Vogelkollisionen positiv ist. Überträgt man die Erkenntnisse aus den bisherigen Einsätzen, lässt sich eine generelle Eignung – zumindest aktuell – als Ergänzung zu dem etablierten Maß- nahmenkatalog durchaus attestieren. Daneben sei auch perspektivisch
denkbar, dass die Zuverlässigkeit und die Leistungsfähigkeit der Systeme so gesteigert werden, dass sie die Kollisionsrisiken wirksam und nachweislich noch weiter vermindern können.

Im konkreten Einzelfall sind die technischen Detektionssysteme zudem dann für den jeweiligen Standort geeignet, wenn vor Ort jedenfalls auch diejenigen (gefährdeten) Vogelarten bestimmt werden können. Hierfür wird die Eignung aufgrund der mannigfaltigen naturräumlichen und standörtlichen Situationen je nach Einzelfall durch die Behörde begutachtet und bewertet. Dabei sind im Rahmen des Genehmigungsprozesses unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, der jeweiligen Betroffenheit windenergiesensibler Arten und deren Frequentierung des Raumes sowie der Lage der zu überwachenden WEA verschiedene Fallkonstellationen für die Detektionssysteme denkbar. Beispielsweise können Brutstätten zu nah an einer WEA liegen, so dass Schwierigkeiten bei der exakten Ermittlung entstehen. Liegen – wie aktuell – keine anerkannten Maßstäbe und Methoden für die fachliche Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahmen vor, obliegt es (gerade im Rahmen ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative) den Behörden deren Wirksamkeit zu bewerten.

Methoden und Maßstäbe fehlen noch

Das Fehlen von festgelegten Methoden und Maßstäben birgt dabei naturgemäß aktuell noch Schwierigkeiten, und der Mangel eines gesetzlichen Rahmens muss durch „kreative“ Ansätze zum Wirksamkeitsnachweis ausgeglichen werden. So kann beispielsweise durch eine Vorführung der Wirksamkeit der Erkennung die Genehmigungsbehörde von der Wirksamkeit im Einzelfall überzeugt werden, auch eine auf Monitoringergebnisse gestützte, gestaffelte Inbetriebnahme ist insoweit denkbar.

Rechtlich unerheblich ist, ob es beim Einsatz der Detektionssysteme zu „Fehlalarmen“ kommt. Solche „Überwarnungen“ stellen zwar einen u.U. erheblichen betriebswirtschaftlichen Nachteil, jedoch kein Genehmigungshindernis dar.

Sofern bei den Behörden noch Unsicherheiten hinsichtlich der Geeignetheit bestehen sollten, können diese mit einem „ausreichenden Schutzkonzept“ ausgeräumt werden. Der Einsatz des Erfassungssystems wird trotz der vorhandenen Restunsicherheiten dann als geeignet angesehen, wenn das Erfassungssystem mit flankierenden Schutzmaßnahmen wie Überprüfung durch Fachpersonal oder begleitendes Monitoring kombiniert wird. Ob hingegen eine sogenannte „Humanüberwachung“ aufgrund ihrer diversen
Unsicherheitsfaktoren (mangelnde Vorbildung oder zu langsame Reaktion) eine geeignete Überwachungsmaßnahme darstellt, ist in der Rechtsprechung umstritten. Es dürfte hier jeweils ein erheblicher Begründungs- und Nachweisaufwand erforderlich sein. Wichtig ist: Hinsichtlich dieser bedarfsgerechten Schutzmaßnahmen genügt es, wenn im Rahmen einer positiven Prognose die Vermeidung von Kollisionen durch die Maßnahme ausreichend gefördert wird. Eines vollumfänglichen Kollisionsschutzes („Nullrisiko“) bedarf es – wie im gesamten Artenschutzrecht – hingegen nicht.

Abschließend lässt sich festhalten, dass einzelne Systemarten (vor allem radar- und kamerabasierte) trotz der Umsetzungsprobleme (hohe Kosten und teilweise hoher zeitlicher Vorlauf) bereits jetzt schon taugliche Vermeidungsmaßnahmen zur Senkung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle darstellen. Auch wenn der Einsatz der Vogeldetektion ohne weitere Schutzmaßnahmen noch Zukunftsmusik ist, stellen die technischen Detektionssysteme eine sinnvolle Ergänzung zum bereits etablierten Maßnahmenkatalog dar. Zwar ist deren Einsatz im Einzelfall noch stark abhängig vom Willen der Genehmigungsbehörden und den vorherrschenden naturräumlichen und standörtlichen Gegebenheiten. Jedoch darf mit Blick auf den schnell fortschreitenden Stand der Technik erwartungsvoll die weitere Entwicklung der technischen Detektionssysteme verfolgt werden.