Sogenannte Offshore-Windparks (OWP) sind Windkraftanlagen, die im Küstenvorfeld der Meere errichtet werden. In Europa sind diese insbesondere in der Nordsee sowie der Irische See bis Nordfrankreich zu finden. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Zahl der OWP in Europa bis 2030 um das 40-fache steigen wird, wobei die meisten in der südlichen Nordsee errichtet werden.

Diese Sedimente sind weltweit bedeutende Kohlendioxid-Speichergebiete und leisten über den Kohlenstoffkreislauf einen wichtigen Beitrag zur Klimaregulierung. „Daher ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie sich OWP auf die Sedimente wie die der Nordsee auswirken und ob sie die Kohlenstoffvorräte erhöhen oder verringern“, sagt Knut Heinatz, der in einem Projekt während seines Masterstudiums am Fachbereich Biologie der Universität Hamburg Offshore-Windparks erforscht hat.

Erste Studien zeigen, dass OWPs die physikalischen Eigenschaften des Sediments sowie die Tier- und Pflanzenwelt in ihrer unmittelbaren Umgebung beeinflussen und so möglicherweise die natürlichen Kohlenstoffvorräte verändern. So wird beispielsweise durch die Turbinenfundamente, in welche die Windräder verankert werden, künstliches Hartsubstrat (z.B. Beton und Stahl) in den sonst eher weichen Boden eingebracht und damit eine neue Art von Lebensraum geschaffen.

Berechnungen für die südliche Nordsee

„Es ist bekannt, dass Offshore-Windparks in ihrer Betriebsphase Kohlenstoff in den umliegenden Sedimenten erhöhen während ihr Bau und Abbau Kohlenstoff freisetzen kann“, sagt Maike Scheffold, Postdoktorandin am Fachbereich Biologie der Universität Hamburg im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt „APOC“ (Anthropogenic impacts on particulate organic carbon cycling in the North Sea). „Wir haben nun untersucht, ob die Sedimente von OWPs insgesamt mehr Kohlenstoff binden als sie freisetzen und den Kohlenstofffluss zum Sediment über den gesamten Lebenszyklus – also der Bau-, Betriebs- und Stilllegungsphase - von OWPs in der südlichen Nordsee errechnet.“

Dafür haben die Forschenden Berechnungen bestehender Studien verglichen, hochskaliert und zusammengeführt um den Netto-Kohlenstofffluss durch die Ansiedlung von Organismen an den Fundamenten von Windkraftanlagen und den Kohlenstoffverlust durch sedimentverändernde Aktivitäten während des Baus und der Stilllegung zu quantifizieren. In der Untersuchung, die in der Fachzeitschrift „Frontiers in Marine Science“ veröffentlicht wurde, haben die Forschenden OWPs mit einer Fläche von 12.010 km² sowie 6.434 Windkraftanlagen eingerechnet.

Weitere Studien notwendig

Die Ergebnisse zeigen, dass in den oberen zehn Zentimetern des Sediments der OWPs in der südlichen Nordsee zusätzlich etwa 481.000 Tonnen Kohlendioxid durch Miesmuscheln und Flohkrebse gebunden werden. Dagegen beträgt die absolute Freisetzung von Kohlenstoff während sedimentverändernder Aktivitäten nur etwa 100.000 Tonnen. „Interessanterweise zeigen unsere Berechnungen, dass die Intensität der Kohlenstofffreisetzung in den gestörten Bereichen etwa 44-mal höher ist als die der Kohlenstoffbindung im gesamten Bereich der OWPs“, sagt Heinatz. „Da die gestörten Bereiche mit 60 km² jedoch nur etwa 0,50 Prozent der Gesamtfläche der OWPs ausmachen, wird in absoluten Zahlen etwa fünfmal mehr Kohlenstoff im Sediment der OWP gebunden als freigesetzt.“

Allerdings geben die Forschenden zu bedenken, dass diese Schätzungen aufgrund der begrenzten Datenverfügbarkeit nur Größenordnungen darstellen. Weitere Forschungsarbeiten, insbesondere fortschrittlichere Folgenabschätzungen von Bau- und Stilllegungsprozessen, müssen erstellt werden, um das Verständnis der Auswirkungen von OWPs auf sedimentären Kohlenstoff zu verbessern.

PM: Uni Hamburg