Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien wurde die „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ (PKNS) als Prozess unter breiter Einbindung von Stakeholderinnen und Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft angelegt, um Ansätze für das Strommarktdesign in einem weitgehend klimaneutralen Stromsystem zu entwickeln. In einem gemeinsamen Prozess werden Lösungsoptionen identifiziert, anhand von Kriterien bewertet und zielgerichtet konkrete Maßnahmen für die mittel- und langfristige Ausgestaltung aufgezeigt.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, einen Anteil von 80 % Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in 2030 zu erreichen. Ein System, das bislang auf Kernkraftwerken und Kohleverstromung basierte, muss sich vollständig auf Erneuerbare Energien umstellen. Hinzu kommt, dass der Stromverbrauch massiv ansteigen wird, da die Dekarbonisierung in anderen Sektoren ebenfalls mit grünem Strom erfolgen wird, wie beispielsweise über Wärmepumpen und Elektroautos. Dafür ist ein ganz neues, flexibles und interagierendes Stromsystem notwendig. Auf dem Weg zur Klimaneutralität ergeben sich daraus grundsätzliche Fragen, wie das zukünftige Stromsystem genau aussehen wird und wie das dafür geeignete Strommarktdesign ausgestaltet sein sollte:
- Wie kann die Finanzierung der EE dauerhaft sichergestellt werden, um die EE-Ausbauziele zu erreichen?
- Welche Rolle spielen Flexibilitätsoptionen im zukünftigen Stromsystem? Wie muss der regulatorische Rahmen gestalten sein, damit sie systemoptimal eingesetzt werden?
- Wie kann ein ausreichender Zubau und Betrieb von steuerbarer Leistung sichergestellt werden, um die Versorgungssicherheit weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten, in den Zeiten, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?
- Wie können Investitions- und Betriebsentscheidungen von Anlagen sowie Verbrauchern und Verbraucherinnen durch lokale Preissignale so angereizt werden, dass die Aufgaben rund um den rasanten EE-Zubau, den Anstieg des Stromverbrauchs und die begrenzten Netzkapazitäten gut bewältigt werden?
Diese Fragen sind durch vielfältige Wechselwirkungen geprägt und betreffen alle Beteiligten des Strommarktes aus den Bereichen Investition, Erzeugung, Handel, Transport und Verteilung bis hin zum Verbrauch. Die Plattform soll in einem partizipativen Prozess mögliche Ausgestaltungsoptionen des Strommarktdesigns ergebnisoffen diskutieren und die verschiedenen Perspektiven effektiv nutzen und einbinden.
Wie werden die Vorschläge der PKNS erarbeitet?
Die PKNS bringt Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen, um Lösungen für das Strommarktdesign der Zukunft zu finden |
Zusammensetzung der Plattform:
Die PKNS ist eine breit angelegte Plattform, an der verschiedene Interessenverbände aus den Bereichen Energiewirtschaft, Verbraucherinnen und Verbraucher, Industrie sowie Zivilgesellschaft mitwirken. Zudem ist die Politik durch Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Koalitionsfraktionen sowie auch der Länder vertreten. Auch die relevanten Ressorts der Bundesregierung und die Bundesbehörden sind vertreten. Ergänzt und begleitet wird die Plattform durch Vertreterinnen und Vertreter wissenschaftlicher Institutionen.
Struktur der Plattform:
Das Herz der Plattform bildet das Plenum, in dem alle Stakeholdergruppen vertreten sind. Für die Diskussion der vier richtungsweisenden Fragestellungen der PKNS soll jeweils eine thematische Arbeitsgruppe (AG) gebildet werden, die sich aus den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der PKNS zusammensetzt. Eine Steuerungsgruppe, bestehend aus Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen, begleitet und steuert den Prozess auf politischer Ebene. Organisiert wird die PKNS durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als Geschäftsstelle. Die dena unterstützt das BMWK bei der organisatorischen Umsetzung der PKNS. Darüber hinaus erfolgt eine wissenschaftlich-fachliche Unterstützung durch ein breit aufgestelltes Konsortium, bestehend aus Guidehouse, Consentec, Fraunhofer ISI, Neon, Öko-Institut sowie r2b.
Arbeitsweise der Plattform:
Die PKNS ist eine Plattform für den kontinuierlichen und ergebnisorientierten Austausch über das zukünftige Strommarktdesign. Im Rahmen eines offenen Prozesses wird die Debatte thematisch fokussiert und sachorientiert geführt. Der Prozess wird flexibel gestaltet, um aktuelle Entwicklungen berücksichtigen zu können. Die PKNS lebt von der Interaktion der verschiedenen Stakeholderinnen und Stakeholdern und dem Austausch verschiedener Perspektiven. Die Begleitung durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Experten und Expertinnen wird das fachlich hohe Niveau des Austausches unterstützen.
Neben den Sitzungen des Plenums zu übergreifenden Fragestellungen kommen die AGs zu ihren jeweiligen Themenschwerpunkten und nach Bedarf auch AG-übergreifend zusammen. Wechselwirkungen zwischen den Themenclustern sind inhärent und werden im Prozess entsprechend berücksichtigt.
Die Inhalte und Ergebnisse der Diskussionen werden seitens BMWK auf dieser Webseite veröffentlicht. Darüber hinaus soll nach jetzigen Planungen ein erster Bericht zum Stand der Diskussionen und bereits erzielten Ergebnissen im Sommer 2023 vorgelegt werden, ein weiterer Bericht soll im Winter 2023/24 folgen.
Welche Themen bearbeitet die PKNS?
Die PKNS stellt vier Handlungsfelder in den Mittelpunkt: Erneuerbare Energien, Flexibilität, gesicherte Leistung und Lokale Signale |
Die PKNS greift die wichtigsten Fragestellungen zur Ausgestaltung des zukünftigen, weitgehend klimaneutralen Stromsystems und Strommarktdesigns.
AG 1: Sicherung der Finanzierung von Erneuerbaren Energien (EE)
Die AG „Finanzierung EE“ beschäftigt sich mit der Frage, wie Anreize für den ausreichenden Zubau und den systemdienlichen Betrieb von EE-Anlagen in einem klimaneutralen Stromsystem sichergestellt werden können. Dabei liegt der Fokus der Diskussion auf dem Zeitraum nach vollständiger Umsetzung des Kohleausstiegs, in dem der Ausbau der EE möglichst marktgetrieben erfolgen soll. Die zentrale Fragestellung hierbei wird sein, inwiefern der Energy-Only-Markt oder ein anderes Marktdesign die nötigen Investitionsanreize für EE auch zukünftig setzen kann.
AG 2: Ausbau und Einbindung von Flexibilitätsoptionen
Die AG „Flexibilitätsoptionen“ befasst sich mit der Frage, wie Flexibilitätsoptionen für den Ausgleich der Systembilanz genutzt und in das Stromsystem integriert werden können und welche Hürden und Barrieren dafür aus dem Weg geräumt werden müssen. Der Fokus liegt dabei auf nachfrageseitigen Flexibilitätsoptionen inklusive Speichern in den Sektoren Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung sowie Haushalte.
AG 3: Finanzierung von steuerbaren Kapazitäten zur Residuallastdeckung
Die AG „Finanzierung von steuerbaren Kapazitäten“ beschäftigt sich mit der Frage, wie die bedarfsgerechte Versorgung von Stromverbraucherinnen und -verbraucher auch in Zeiten hoher Residuallast aufrechterhalten werden kann. Das heißt, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Zeiten, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint und die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien somit nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken.
AG 4: Lokale Signale
In der AG „Lokale Signale“ wird es um regionale und örtliche Preissignale gehen. In dem neuen Stromsystem müssen erneuerbare Energien über weite Strecken transportiert und ins Übertragungs- und Verteilnetz integriert werden. Der Netzausbau hat dafür oberste Priorität. Gleichwohl muss darüber diskutiert werden, ob und wie es in einem weitgehend auf erneuerbaren Energien basierenden Stromsystem auch lokale Preissignale geben muss, die eine bessere regionale Steuerung der Lasten und der Erzeugung unterstützen und das Netz besser im Markt abbilden. Ein vollständig engpassfreier Netzausbau wird nicht möglich sein und wäre auch nicht effizient; dennoch sollten Abregelungen von erneuerbarem Strom möglichst selten vorkommen. Lokale Signale können instrumentell unterschiedlich abgebildet werden, wie z.B. über die Netzentgeltsystematik, Mechanismen für den netzdienlichen Einsatz von Flexibilität, in Fördersystemen, im Redispatch oder im Strommarkt. Die Arbeitsgruppe soll sich sowohl mit Signalen auf Ebene des Übertragungsnetzes wie auch des Verteilnetzes beschäftigen und alle Optionen ergebnisoffen diskutieren.
Was passiert mit den Ergebnissen der PKNS?
Die Ergebnisse der PKNS sind eine wichtige Grundlage für politische Weichenstellungen in Deutschland und Europa. |
Die in der PKNS entwickelten Vorschläge und Optionen zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns sind eine wichtige Grundlage für die Ausarbeitung konkreter Anpassungen des Ordnungsrahmens für den Strommarkt.
Aufgrund der geographischen Lage und Größe Deutschlands ist es wichtig, dass die Folgen von möglichen Anpassungen auf den europäischen Strombinnenmarkt im Blick zu behalten. Mit Luxemburg teilt sich Deutschland sogar eine Preiszone, daher ist Luxemburg auch als Teilnehmer der PKNS eingeladen.
Zur aktuell laufenden Diskussion zu Anpassungen des Strommarktdesigns auf europäischer Ebene. Eine eventuelle grundlegendere Reform des europäischen Strombinnenmarktes benötigt eine vertiefte Analyse. Dazu könnte die Plattform bei Bedarf wichtige Beiträge liefern.
Weiterführende Informationen
Zur laufenden Strommarktdiskussion auf europäischer Ebene hat Deutschland zusammen mit sechs Mitgliedsstaaten ein Positionspapier veröffentlicht.
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