Ziel des Vorhabens ist es, herauszufinden, wie sich Wasserstoff mittels unterschiedlicher Membranen aus Erdgas-Wasserstoff-Gemischen wieder abtrennen lässt. Die örtliche Power-to-Gas-Anlage der Firma ENERTRAG liefert dazu mit Windstrom erzeugten, grünen Wasserstoff. Dieser wird für die vorgesehenen Untersuchungen über die vorhandene Einspeiseanlage mit einem Anteil von bis zu 20 Volumenprozent dem Erdgas aus dem ONTRAS-Netz beigemischt.
„Nach Corona-bedingten Verzögerungen von lediglich sechs Monaten beim Aufbau der Pilotanlage, starten wir nun mit den ursprünglich für Anfang 2021 geplanten Testreihen. Wir freuen uns sehr, dass wir nun mit dem Herzstück des Projekts beginnen können“, so Projektleiter Udo Lubenau von der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH (DBI). In den kommenden Wochen werden die Testreihen mit verschiedenen Membrantypen zur Gasabtrennung vorbereitet und eine abschließende vor-Ort-Prüfung durch den TÜV vorgenommen. Ab August 2021 beginnen dann die eigentlichen Testreihen.
Die Pilotanlage ist ein Gemeinschaftsprojekt der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, ONTRAS Gastransport GmbH (ONTRAS), des Forschungsinstituts RICE der französischen GRTgaz S.A. (GRTgaz), der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Gas mbH (MITNETZ), und des Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) sowie dem assoziierten Partner ENERTRAG AG (ENERTRAG). Untersucht wird, welche Membranen sich am besten für eine Wiedergewinnung des Wasserstoffs eignen, welche Mengen sich aus dem Gasstrom abtrennen lassen und welchen Reinheitsgrad dieser Wasserstoff erreicht. Die Erkenntnisse dieses Forschungsvorhabens sind von entscheidender Bedeutung für die Konfiguration einer künftigen Wasserstoffwirtschaft, in der Wasserstoff und Methan gemeinsam transportiert werden sollen. Für reine Wasserstoff- und Methananwendungen ist es entscheidend, dass Gasgemische dank Membrantechnik künftig getrennt werden können, da einzelne Gasanwendungen nicht jede Wasserstoff-Beimischung zulassen. Die Prenzlauer Pilotanlage unterzieht somit erstmals eine für die Zukunft angestrebte Gasinfrastruktur einem Praxis-Tauglichkeitstest.
„Die Ergebnisse unseres Gemeinschaftsprojekts sind ein wichtiger Beitrag, die Entwicklung der künftigen Wasserstoff-Infrastruktur entscheidend zu beeinflussen. Unsere Intention ist es, dass neben einem Europäischen Hydrogen Backbone als Bindeglied zwischen Erzeugern, Speichern, Verbrauchszentren und Importpunkten auch regionale Mischnetze entstehen können, die mit einer Pipeline Wasserstoff- und Erdgaskunden gleichermaßen versorgen“, sagt Ralph Bahke, ONTRAS-Geschäftsführer.
Frank Gröschl, Leiter Technologie- und Innovationsmanagement des DVGW, ergänzt: „Das Gasnetz mit einer Gesamtlänge von rund 500.000 Kilometern wird mittelfristig in der Lage sein, klimaneutralen Wasserstoff in großem Umfang zu transportieren und zu verteilen. Das technische Regelwerk des DVGW wird bereits angepasst und bis zum Jahr 2026 zu 100 Prozent H2-ready sein. Bei einer Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz wird die Membrantechnologie insbesondere für solche Anwendungen relevant, die eine bestimmte Gasbeschaffenheit benötigen.“
„Wasserstoff wird in Zukunft nationale Grenzen überschreiten. Unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ein Schlüssel zum Erfolg“, betont Pierre Blouet, Direktor von RICE (GRTgaz-Forschungszentrum). Er fügt hinzu: „Ich freue mich sehr über die Möglichkeit für RICE, im Rahmen dieser Partnerschaft seine Beziehungen zu anderen europäischen Netzbetreibern auszubauen. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam die vielen Hürden für den Erfolg einer europäischen, grünen Wasserstoffwirtschaft überwinden, um die Reduzierung der CO2-Emissionen zu beschleunigen.“
Der ENERTRAG-Vorstandsvorsitzende Jörg Müller setzt auf das Potenzial dieses Praxistests:
„Bisher verhindern technische Regularien, dass wir mehr als zwei Prozent grünen Wasserstoff aus unserem Hybridkraftwerk ins Gasnetz einspeisen. Wir sind zuversichtlich, dass die Tests der Membrantechnik erfolgreich verlaufen und es im Anschluss zu einer Anpassung der bestehenden Vorschriften kommt. Dies käme einer Revolution für Transport und Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gleich, denn so könnte mindestens die zehnfache Menge eingespeist werden.“