Herr Kauling, können Sie sich erinnern, wann Sie zum ersten Mal Augmented Reality genutzt haben?

Stefan Kauling: Im Frühjahr 2018, als ich mit einem Kollegen an einem anderen Projekt arbeitete: Gemeinsam entwickelten wir eine Testanwendung zur Bepflanzung, mit der Nutzer an jeder gewünschten Stelle virtuell Bäume, Gewächse und Blumen setzen konnten. In diesem Moment hat es für mich „Klick“ gemacht, da ich als gelernter Landschaftsgärtner die Problematik kenne, wenn man versucht, Laien einen 2D-Plan zu erklären. Mit diesem Tool konnte man einfach sagen: Schau es dir an, so sieht es dann mal aus.

 

AR ist eine relativ neue Technik. Welchen Nutzen hat sie für die Bürgerbeteiligung beim Bau von Windrädern?

Die neue Art der Bürgerbeteiligung kann mithilfe von AR in vier Worten beschrieben werden: Sie ist schneller, weil zum Beispiel jeder Bewohner innerhalb weniger Minuten das Windrad durch den Bildschirm des Tablets betrachten kann. Sie ist personalisierter, weil man das Gerät im eigenen Garten oder Wohnzimmer nutzen kann. Sie ist anschaulicher, weil man durch das Smartphone oder Tablet aus verschiedenen Perspektiven sehen kann. Und zuletzt kann die Bürgerbeteiligung glaubwürdiger werden, da die Visualisierung im Hier und Jetzt stattfindet.

 

Wie kann man sich die Visualisierung mit dem LandPlan-Tool „Passage“ in der Praxis vorstellen?

Die Umsetzung ist simpel: In der Projektverwaltung wird ein neues Projekt durch das Festlegen des Projektmittelpunkts in einer Karte bestimmt. Dann wählt man den gewünschten Windradtyp aus, wobei wir immer die aktuelle Palette an 3D-Modellen aller Hersteller zur Verfügung haben. Für das Platzieren stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: zum Beispiel durch Klicken auf die Karte, das Eintragen von Koordinaten oder das Einsetzen mit einer beliebigen GIS-Software über einen internetgestützten Geo-Dienst. Danach kann der User Visualisierungen an jedem beliebigen Ort erstellen und auch als fertige Visualisierungen zur späteren Verwendung speichern.

 

Welchen Vorteil sehen Sie in Ihrem Tool gegenüber anderen Visualisierungsmethoden für Windräder?

Neben der schnellen und mühelosen Erstellung von AR-Visualisierungen sowie der direkten Verbindung mit den räumlichen GIS-Daten bietet die Passage auch einen vollständigen Digitalen Zwilling des Projekts und des Projektgebietes. Dieser wird für jedes Projekts automatisch auf Grundlage der vorhandenen GIS-Gebietsdaten erstellt. Der Digitale Zwilling ist eine virtuelle 3D-Welt, die direkt nach der Erstellung des Projekts am PC zugänglich ist. Hierbei kann der Anwender prüfen, ob beispielsweise an bestimmten Standorten eine Sichtverbindung zu den geplanten Windenergieanlagen besteht und ob es überhaupt sinnvoll wäre, vor Ort eine AR-Visualisierung zu erstellen. Auch die Einladung von anderen Personen in die virtuelle Welt ist möglich, um gemeinsam unterschiedlichste Aspekte des Projektes zu betrachten (Schattenwurf, Nachtbefeuerung, Zuwegung etc.).

 

Wie kann man sicherstellen, dass AR-Modelle realistisch und präzise sind, um den tatsächlichen Zustand des Windparks zu veranschaulichen?

Unsere Kunden wie Projektierer oder Denkmalschutzbehörden fragen regelmäßig, ob die AR-Ansicht eines Windparks auch der Realität entspricht. Unsere Antwort darauf ist einfach: an muss es selbst erleben, denn sehen bedeutet glauben! Daher empfehlen wir unseren Kunden, ein Testprojekt eines vorhandenen Windparks zu erstellen und die AR-Ansicht mit den tatsächlichen Anlagen vor Ort zu vergleichen. Diese Methode ist so simpel wie praktikabel und hat bisher stets Erfolg gehabt.

 

Ist das Projekt auch im Ausland nutzbar?

Die Passage ist ab Ende dieses Jahres global nutzbar. 

 

Dieser Beitrag erschien erstmalig im BWE Jahrbuch 23/24.

 


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