Die Umstellung auf das Laden von Elektrofahrzeugen an Wind- oder Photovoltaikanlagen hat weitreichende Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Kunden, die ihre Elektrofahrzeuge auf diese Weise laden, beziehen ihren Strom direkt aus erneuerbaren Quellen anstelle des herkömmlichen Stromnetzes. Diese direkte Verbindung resultiert nicht nur in einer Einsparung von etwa 40 % der üblichen Strombezugskosten, sondern reduziert auch administrative Aufwände und Umlagen und Abgaben, die bei Strombezug aus dem Netz der öffentlichen Versorgung beaufschlagt werden, fallen weitestgehend weg (bei EE-Anlagen > 2 MW fallen lediglich derzeit 0,205 Cent/kWh Stromsteuer an). Für die Betreiber von Wind- und Solarparks ergeben sich ebenfalls erhebliche Vorteile. Die direkte Stromabgabe an Endverbraucher kann potenziell höhere Einnahmen generieren als die Einspeisung ins Netz. Dies führt zu einer Steigerung der Erträge und unterstützt die Wirtschaftlichkeit von erneuerbaren Energieprojekten.

Die Effizienz der Energiegewinnung und -nutzung ist ein oft diskutiertes Thema in diesem Kontext. Die Frage, wie viele Umdrehungen ein Windrad benötigt, um ein Elektroauto aufzuladen, wird überraschend effizient beantwortet: Bei optimalen Bedingungen genügen etwa fünf Umdrehungen oder 25 Sekunden, um genügend Energie für eine Ladung zu erzeugen.

Im Hinblick auf eine energiewirtschaftliche Betrachtung und die Zukunftsfähigkeit dieses innovativen Ansatzes ist es wichtig, die aktuellen Herausforderungen in der Energiewelt zu berücksichtigen. Der Netzausbau in Deutschland verläuft nur langsam, wobei von den geplanten notwendigen etwa 11.500 km erst ca. 1.500 km in Betrieb und weitere ca. 1.200 km im Bau befindlich sind. Insgesamt sind noch ca. 9.000 km vor bzw. im Genehmigungsverfahren. Diese Verzögerungen könnten zu Netzengpässen führen und die Integration erneuerbarer Energien sowie den Ausbau der E-Mobilität behindern.

Die rasant zunehmende Entwicklung von E-Mobilität und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien schafft die Notwendigkeit, innovative Lösungen für die Energieversorgung zu finden. Durch die direkte Kombination von Ladestationen und EE-Anlagen kann ein Beitrag zur Lösung von Netzengpässen geleistet und gleichzeitig den Betreibern von EE-Anlagen ein Alternativangebot zum Verkauf von erneuerbarem Strom, insbesondere in Niedrigpreisphasen gemacht werden.

Eine wichtige Perspektive für die Zukunft liegt in der Tatsache, dass die Energiewirtschaft vor der Herausforderung einer oft deutlichen Überproduktion von erneuerbarem Strom steht. Derzeit beträgt die Erzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien bereits 140 GW, und bis 2030 sollen weitere 330 GW hinzukommen. Es ist jedoch zu beachten, dass bisher nur etwa 230 GW Gesamterzeugungskapazität ausgereicht haben, um den Bedarf zu allen Zeiten zu decken.

Vor diesem Hintergrund wird die Zukunft der Energielandschaft von Branchenexperten weniger durch die Erhöhung der Erzeugung von elektrischer Arbeit aus erneuerbaren Energien vorangetrieben. Stattdessen wird der Fokus auf dem Angebot von Flexibilität liegen. Nur durch die Schaffung von flexiblen Lösungen kann die überproduzierte Grünstrommenge optimal genutzt werden, was letztendlich zu einer treibhausgasfreien Energieversorgung führt. Diese strategische Ausrichtung spiegelt eine ganzheitliche Sichtweise auf die Herausforderungen und Chancen der Energiewende wider.

Bei der Auswahl von Standorten von Wind- und PV-Parks, die sich für eine Kombination mit E-Ladeparks eignen, sollten folgende Kriterien berücksichtigt bzw. Fragen geklärt werden:

  1. In der Regel liefern Windparks stets ausreichend Leistung zum Betrieb von Schnellladesäulen. Dennoch sollte die Parkleistung nicht unter 1 MW liegen.
  2. Der Standort liegt an einem verkehrsgünstigen Punkt mit hohem Potenzial für öffentliche Ladekunden, z.B. in der Nähe einer Autobahnabfahrt, einer gut frequentierten Bundesstraße, einem Bahnhof, Einkaufszentrum oder Gewerbepark, etc.
  3. Ermöglicht der bestehende Vermarktungsweg auch Eigenverbrauch? In der Regel erlaubt der Direktvermarkter beim Betrieb der Anlage im Marktprämienmodell bis zu 30% Eigenverbrauch ohne, dass der bestehende Vertrag maßgeblich angepasst werden muss. Besonders attraktiv ist die Vermarktung von Strom als Ladestrom für Parks, die aus der EEG-Förderung gelaufen sind.
  4. Die Ladepunkte sollten als öffentliche oder zumindest halb-öffentliche Ladepunkte allen E-Mobilisten zugänglich sein. Nur dann können öffentliche Fördermittel eingeworben und Treibhausgasquoten (THG) generiert werden, was die Wirtschaftlichkeit weiterhin steigert.
  5. Klärung von Wegerechten und Dienstbarkeiten für die Flächen, Anfahrts- und Kabelwege. Außerdem sollte ausreichend Platz für Rangier- und Parkflächen vorhanden sein.
  6. Idealerweise werden die Ladesäulen direkt am Trafo/Umspannwerk angeschlossen, um kurze Wegstrecken zu ermöglichen. Gibt es dort keine geeigneten Flächen (s.o.), muss ggf. ein zusätzliches Kabel gelegt werden. Hierbei sind Wegstrecken und Trassenlängen zu berücksichtigen. Zudem ist auf ausreichend freie Kapazität für Betriebsstrom zu achten, da ggf. temporär Netzstrom zur Pufferung eingesetzt werden muss.

Die Erfüllung dieser Kriterien ermöglicht nicht nur eine nachhaltige Energieerzeugung, sondern auch eine wirtschaftlich optimale Einbindung eines E-Ladeparks. An guten Standorten amortisieren sich die zusätzlichen Investitionskosten für einen Ladepark bereits in 3 bis 4 Jahren.

Die Kombination von E-Lade- und Windparks verdeutlicht wieder einmal, wie innovative Ideen und unternehmerischer Mut dazu beitragen können, eine nachhaltige Zukunft zu fördern. Das Laden direkt an Wind- oder Solarparks ist nicht nur eine technische Neuerung; es symbolisiert einen Wandel in der Art und Weise, wie nachhaltiger Strom erzeugt und genutzt werden kann. Es zeigt auf, dass die Zukunft der Energieversorgung und Mobilität nicht nur grün, sondern auch effizient, wirtschaftlich und im Einklang mit dem Klimaschutz sein kann.

 

Über den Autor

Dr.-Ing. Oliver von Quast ist Co-Gründer und Geschäftsführer der DirectCharge GmbH aus Berlin und war davor mehr als 18 Jahre als Manager in der Bau- und Energiewirtschaft u.a. für Projekt& Business Development und M&A tätig. Außerdem hat er mehrere Startups gegründet und betätigt sich auch als Business Angel.

 


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