In der aktuellen anwaltlichen Beratungspraxis zeigt sich mit Blick auf die Planung und Umsetzung eines Windenergievorhabens insbesondere in Norddeutschland das „Phänomen“, dass die Standortgemeinden bereits beim Erstgespräch über das geplante Vorhaben den Projektentwicklern einen Forderungskatalog vorlegen, der aus Sicht der Gemeinde zwingend zu berücksichtigen sein soll und im Vorfeld einer möglichen Bauleitpla-nung bereits verwirklicht werden soll. Häufig wird die Erfüllung der auf-gestellten Forderungen zur Voraussetzung dafür gemacht, dass zwischen dem Projektentwickler und der Standortgemeinde ein städtebaulicher Vertrag geschlossen wird, welcher die Grundlage für die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens sein soll. Dabei fällt bei einigen Standortgemein-den auf, dass manche Forderungen entweder durch den Projektent-wickler nicht erfüllt werden können oder schlicht aufgrund rechtlicher Grenzen bereits von vornherein nicht umsetzbar sind.

Rechtliche Grenzen für städtebaulichen Vertrag

Der rechtliche Maßstab für die Übernahme einzelner Forderungen in einen städtebaulichen Vertrag findet sich in § 11 Abs. 1 BauGB. Danach müssen die Verträge städtebaulicher Natur sein, d. h., sie müssen sich auf Einzelheiten des Städtebaus beziehen, also auf die bauliche oder sonstige Nutzung der Grundstücke der Gemeinde. Die Grenze eines städtebaulichen Vertrages findet sich in § 11 Abs. 2 BauGB. So heißt es dort: „Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte.“

Aus dem Wortlaut des §§ 11 Abs. 2 BGB ergeben sich somit die Anforderun-gen des sogenannten Angemessenheitsgebots und des Kopplungsverbotes.

Die Angemessenheit der vertraglich vereinbarten Leistungen beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-gerichts im Einzelfall unter Berücksichtigung des Vertragszwecks und der wirtschaftlichen Betrachtung des Gesamtvorgangs (BVerwG, Urt.
v. 10.8.2011, 9 C 6.10). Entscheidend ist nach Auffassung des Bundesver-waltungsgerichts, dass damit der Vertragspartner vor der überlegenen Position der Gemeinde geschützt werden soll.

Hintergrund des Koppelungsverbotes ist, dass grundsätzlich nur das mit-einander verknüpft werden darf, was in einem sachlichen Zusammenhang steht. D. h., dass eine Vereinbarung zwischen einer vom Investor zu er-bringenden Leistung unzulässig ist, wenn der Investor auch ohne sie einen Anspruch auf Gegenleistung hätte (BVerwG, Urt. v. 6.7.1973, IV C 22.72).

 


Umsetzung in der Praxis

Eine immer wiederkehrende Forderung ist (bereits jetzt) die nach einem Ausschluss des Repowerings. Die Gemeinden, die eine solche Forderung aufstellen, verkennen allerdings, dass diese Forderung einen klaren Verstoß gegen das Koppelungsverbot bedeuten dürfte. In diesem Zu-sammenhang muss man sich nämlich die Frage stellen, ob eine sach-liche Verknüpfung zwischen der angestrebten Bauleitplanung und dem Ausschluss des Repowerings zulässig und möglich ist. Dies lässt sich in der Regel nicht pauschal beantworten, sondern kommt maßgeblich auf die Vorgaben seitens der Regionalplanung an. Soweit die Regionalplanung Vorrang- und/ oder Eignungsgebiete für die Windenergienutzung fest-legt, können in diesen Gebieten jederzeit Windenergieanlagen errichtet werden. Berücksichtigt man nunmehr das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB, dann sind die Standortgemeinden verpflichtet, ihre Bauleitplanung an die übergeordnete Regionalplanung anzupassen. Es wäre daher ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot vorhanden, wenn die Gemeinden in den regionalplanerisch festgelegten Vorrang- und/oder Eignungsgebieten das Reporterin ausschließen würden. Das be-deutet, dass die Koppelung der beabsichtigten Bauleitplanung an den Ausschluss des Repowerings unzulässig wäre.

Zudem sind wohl auch Forderungen, welche auf den Sitz der Betreiber-gesellschaft abstellen, mit Blick auf das Koppelungsverbot unzulässig. So findet sich häufig in den Katalogen die Forderung, dass zwingende Voraussetzung für das Vorhaben sei, dass die Betreibergesellschaft ihren Sitz in die Standortgemeinde verlegt. Der Hintergrund dieser Forderung ist klar: Durch den Sitz der Betreibergesellschaft im Gemeindegebiet schafft sich die Gemeinde eine zusätzliche Einnahmequelle in Form der Gewerbesteuer. Allerdings muss auch hier klar festgestellt werden, dass es am unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Bauleitplanung fehlt. Insoweit muss auf die vom OVG Greifswald festgelegten Maßstäbe zum Koppelungsverbot zurückgegriffen werden. Für die Sitzverlegung in das Gemeindegebiet und der angestrebten Bauleitplanung fehlt es an einer konkret realen unmittelbaren Zurechnung, sodass diese Forderung im Widerspruch zum Koppelungsverbot steht.

Fazit

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich die Projektentwickler immer häufiger mit sogenannten Forderungskatalogen im Vorfeld einer kommunalen Bauleitplanung konfrontiert sehen. Hierbei muss aus der Perspektive der Projektentwickler jedoch immer wachsam agiert werden, weil nicht jeder von der Standortgemeinde aufgestellte Forderung ihre Berechtigung hat bzw. auf einer rechtlich zulässigen Grundlage basiert. Insoweit empfiehlt es sich in all jenen Fällen, in denen Forderungskatalo-ge zum Einsatz kommen, dass man die aufgestellten Forderungen frühzei-tig überprüft und bestenfalls den Dialog mit der Standortgemeinde sucht und wechselseitige Interessen größtmöglich abbildet. Keinesfalls sollten aus unserer Sicht Forderungen blind übernommen werden, weil dies möglicherweise ernsthafte rechtliche Folgen haben könnte, speziell wenn es um Fragen der finanziellen Beteiligung der Gemeinde geht. Insoweit bleibt es dabei: Achtsamkeit geht vor Schnelligkeit.


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