Trotz Leistung kein Geld?

Eine gern verwendete Eingangsformel lautet: „Schon bei den alten Römern hieß es …“. In diesem Fall „do ut des“, was wörtlich übersetzt bedeutet: „Ich gebe, damit Du gibst“. Im juristischen Sinn wird damit das Gegenseitigkeitsverhältnis von Austauschverhältnissen beschrieben: Der eine Vertragspartner leistet, damit auch der andere leistet. Ein hehrer Grundsatz, der, heruntergebrochen auf das Verhältnis von Anlagenbetrei-ber und Netzbetreiber bedeutet, dass der Anlagenbetreiber Strom liefert, und der Netzbetreiber im Gegenzug Geld zahlt – die finanzielle Förderung nach dem EEG. Doch dieser Grundsatz wird im Fall von zahlreichen Pflicht­ verstößen, die ein Anlagenbetreiber begehen kann, durchbrochen: So kann es geschehen, dass der Anlagenbetreiber Strom „bester Qualität“ leistet, aber dennoch, beispielsweise weil er einen formalen Fehler begangen oder eine Frist versäumt hat, kein Geld erhält.

Zentralnorm des § 52 EEG 2023

Die Fehler befinden sich im gesamten EEG 2023, besonders viele sind jedoch in der Zentralnorm des § 52 EEG gebündelt. Diese Norm gab es bereits in den Fassungen des EEG 2017 und 2021, sie wurde allerdings im Rahmen des EEG 2023 nochmals erheblich verschärft in Gestalt einer „Umkehr des Zahlungsflusses“: Bisher setzte § 52 EEG an die Förderung an (also dem Zahlungsfluss vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber) und kürzte diese. Nun gibt es aber immer mehr Anlagen, die ohne Förderung Strom produzieren und verkaufen – insbesondere PPA­Projekte. Diese „entgingen“ der bisherigen Fassung des § 52 EEG. Um auch diese Anlagen zu sanktionieren, hat der Gesetzgeber nunmehr eine förderunabhängige Zahlungspflicht vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber statuiert. Frei nach dem Motto: „Euch kriege ich auch noch…“

Ausgehend von § 52 EEG 2023 lassen sich die Fehler thematisch gruppie-ren. Sie betreffen insbesondere Meldepflichten gegenüber dem Register, gegenüber dem Netzbetreiber, bei den technischen Vorgaben zum Netzanschluss und bei der Direktvermarktung.

Meldepflichten gegenüber dem Register

Ausweislich § 6 der Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV) sind die zur Registrierung der Anlage „erforderlichen Daten“ zu melden. Was „erforderliche Daten“ sind, ist in der Anlage zur MaStRV definiert, hierzu zählen beispielsweise der Genehmigungsstand oder das Inbetriebnahme-datum einer Anlage. Der Begriff der „erforderlichen Daten“ findet sich wieder in § 36 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2023 betreffend Gebote im Ausschreibungs-verfahren für WEA an Land. Danach müssen die Anlagen mit den „erforder-lichen Daten“ vier Wochen vor dem Gebotstermin als genehmigt an das Register gemeldet worden sei. Was ist, wenn dies nicht erfolgt ist?
„Bestenfalls“ merkt die BNetzA dies bei der Gebotsprüfung und schließt das Gebot aus: Schon dies ist misslich, sollte dem Anlagenbetreiber dadurch ein Zuschlag mit einem womöglich lukrativen Gebotswert entgehen.
Es geht aber noch schlimmer: Angenommen, ein Zuschlag wird erteilt, obwohl die „erforderlichen Daten“ nicht oder nicht fristgerecht vier Wochen vor dem Gebotstermin gemeldet wurden. Dann könnte der Zuschlag rechtswidrig sein und nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden – schlimmstenfalls, wenn die Anlage bereits in Betrieb genommen ist. Also: Dem Register ist die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, um später die Anforderungen des EEG an die Ausschreibungsteilnahme zu erfüllen.

Meldepflichten gegenüber dem Netzbetreiber

Auch der Netzbetreiber ist durch den Anlagenbetreiber – in dessen ureigenstem Interesse – mit Informationen zu versorgen. So knüpft die Vorschrift des § 36h Abs. 3 EEG 2023 (also eine „verstreute“ Falle, die nicht in der Zentralnorm des § 52 EEG steht!) den Zahlungsanspruch des WEA­Betreibers an die rechtzeitige Mitteilung des Gütefaktors, also des Faktors, der die „Güte“ des Standortes misst. Der Zahlungsanspruch besteht erst, sobald der Anlagenbetreiber gegenüber dem Netzbetreiber den Gütefaktor nachgewiesen hat. Und ab dem 65., 125. und 185. auf die Inbetriebnahme der Anlagen folgenden Monat erst, sobald der Anlagen-betreiber gegenüber dem Netzbetreiber den nach Absatz 2 angepassten Gütefaktor nachgewiesen hat. Der Anlagenbetreiber erleidet demnach einen Vergütungsverlust für den Zeitraum, in dem der Nachweis des Gütefaktors fehlt. Auch ein zeitverzögert nachgelieferter Gütefaktor hilft nicht – das Geld ist endgültig abzuschreiben. Daher sollten die vorgenann-ten Fristen im Kalender jeden Betriebsführers minutiös notiert werden.

Technische Vorgaben zum Netzanschluss

Das EEG sieht vor, dass der Anlagenbetreiber diversen anderen Personen Zugriff auf seine WEA einräumen muss: Zum einen dem Netzbetreiber, der gem. § 9 EEG 2023 die Ist­Einspeisung abrufen und die Einspeiseleis-tung ferngesteuert regeln können muss. Verstößt der Anlagenbetreiber hiergegen, normiert § 52 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023 eine Zahlungspflicht des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber. Die Höhe der Zahlungspflicht beläuft sich auf 10 €/kW installierter Leistung der Anlage und Kalender-monat, in dem der Pflichtverstoß andauert, § 52 Abs. 2 EEG 2023. Das Gute im Schlechten: Der Verstoß ist zumindest teilweise heilbar. Die Zahlungspflicht verringert sich auf 2 €/kW installierter Leistung der Anlage und Kalendermonat, sobald die technischen Vorgaben eingehal-ten werden, die Verringerung wirkt zurück bis zum Beginn des Pflichtver-stoßes, § 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2023.

Zum anderen muss der Anlagenbetreiber gem. § 10b EEG 2023 dem Direktvermarkter Zugriff auf seine Anlage gewähren. Auch der Direkt­ vermarkter muss, wie der Netzbetreiber, die Möglichkeit haben, die Ist­Einspeisung abzurufen und die Einspeiseleistung ferngesteuert zu reduzieren. Im Fall der Zuwiderhandlung statuiert § 52 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2023 eine Zahlungspflicht in Höhe von wiederum 10 €/kW installierter Leistung der Anlage und Kalendermonat, in dem der Pflichtverstoß andauert, § 52 Abs. 2 EEG 2023. Auch hier besteht die oben beschriebene teilweise Heilungsmöglichkeit.

Tücken der Direktvermarktung

Auch die Direktvermarktung weist diverse Stolpersteine für den Anlagen-betreiber auf. Das EEG 2023 räumt Anlagenbetreibern in den §§ 21b und 21c die Möglichkeit ein, zwischen verschiedenen Veräußerungsformen zu wechseln: Der Anlagenbetreiber kann sich also entscheiden, seinen Strom eine Zeitlang im Wege der geförderten Direktvermarktung zur Inanspruch-nahme der Marktprämie zu veräußern und dann umsatteln, beispielsweise in die sonstige Direktvermarktung, sprich die ungeförderte Veräußerung am freien Markt. Aber: Ganz so frei ist der Anlagenbetreiber in dieser Entscheidung nicht, da er in ein Korsett von Wechselfristen eingebunden ist. Gem. § 21b Abs. 1 S. 2 EEG 2023 dürfen Anlagenbetreiber mit jeder Anlage nur zum ersten Kalendertag eines Monats zwischen den Veräuße-rungsformen wechseln. Überdies müssen Anlagenbetreiber gem. § 21c Abs. 1 S. 1 EEG 2023 dem Netzbetreiber vor Beginn des jeweils vorange-henden Kalendermonats mitteilen, wenn sie zwischen den Veräußerungs-formen wechseln. Hält der Anlagenbetreiber dieses Wechselverfahren nicht ein, normiert § 52 Abs. 1 Nr. 9 EEG 2023 eine Zahlungspflicht in Höhe von 10 € pro kW installierter Leistung der Anlage und Kalendermonat des Verstoßes zusätzlich für den folgenden Kalendermonat, § 52 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2023. Achtung: Dieser Sanktionstatbestand erfährt traurige Relevanz in Zeiten hoher Börsenpreise, in denen sich viele Anlagenbetreiber entschieden haben, in die sonstige Direktvermarktung zu wechseln. Hier geschieht es öfter, dass das Fristensystem „übersehen“ wird. Rat zur Praxis ist es daher, den Direktvermarktungsvertrag sorgfältig zu prüfen: Darin sollte geregelt sein, dass sich der Direktvermarkter – und nicht der Anlagenbetreiber – verpflichtet, das Regime der Wechselmodalitäten und ­fristen einzuhalten und zu koordinieren. Dies hat zwei Vorteile: Zum einen dürfte der Direktvermarkter hierin routinierter sein als mancher Anlagenbetreiber, sodass die Fehlerhäufigkeit vermutlich geringer ist. Zum anderen – böse gesprochen – hat der Anlagenbetreiber dann zumindest Schadensersatzansprüche gegenüber dem Direktvermarkter, wenn diesem doch ein Fehler unterlaufen ist und der Anlagenbetreiber daher finanzielle Verluste erlitten hat. Um auch das Insolvenzrisiko des Direktvermarkters abzufedern, empfiehlt es sich, den Anspruch gegen den Direktvermarkter durch eine Bürgschaft einer Bank oder eines Versicherungsinstituts absichern zu lassen.

Die gute Nachricht zum Schluss

Auch wenn das EEG 2023 an manchen Stellen schärfer ist als seine Vorgängerfassungen – Stichwort Umkehrungen des Zahlungsflusses im Rahmen von § 52 EEG 2023 – sieht es an anderer Stelle Erleichterungen vor: So enthielt noch das EEG 2021 in § 27a das Verbot der Eigenversor-gung für Anlagen, deren anzulegender Wert durch Ausschreibungen ermittelt worden ist. Dieses Verbot war zum einen misslich, da es dem Anlagenbetreiber schlicht verwehrt war, den Strom sinnvoll auch für sich selbst zu nutzen, beispielsweise im Wege des Vor­Ort­Verbrauchs. Zum anderen produzierte das Verbot überdies absurde Ergebnisse: So konnte im schlimmsten Fall das Aufladen des Handys an der eigenen WEA zum Vergütungsverlust führen. Die Regelung des § 27a EEG wurde nunmehr zum 1. Januar 2023 aufgehoben. Aber dennoch ist Vorsicht geboten: Pflichtverstöße gegen das Eigenversorgungsverbot werden bei Bestands-anlagen weiterhin sanktioniert. Strafzahlungen richten sich insofern nicht nach dem neuen Sanktionsregime, sondern nach den bisher gültigen Regelungen.

Fazit

Angesichts der – nur beispielhaft und nicht abschließend – aufgezeigten Fallstricke des EEG ist jeder Anlagenbetreiber gut beraten, sich mit dem gesetzlichen Regelungswerk auseinander zu setzen und im Zweifel Rechtsrat einzuholen. Besser, das sprichwörtliche Kind fällt erst gar nicht in den Brunnen! 


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