Neue Definition „Bürgerenergiegesellschaft“ nach § 3 Nr. 15 EEG

Im Rahmen der EEG-Novellierung wurde der Begriff „Bürgerenergiegesellschaft“ nach § 3 Nr. 15 EEG 2023 neu definiert. Nunmehr werden klarstellend auch Genossenschaften ausdrücklich in die Definition von Bürgerenergiegesellschaften aufgenommen. Die Voraussetzungen für Bürgerenergiegesellschaften des § 3 Nr. 15 a - d EEG 2023 wurden außerdem wie folgt geändert:

Personenanzahl

Die in § 3 Nr. 15 a EEG 2023 genannte Personenanzahl „zehn“ wird durch die Angabe „50“ ersetzt. Somit müssen ab dem Jahr 2023 mindestens 50 natürliche Personen stimmberechtigte Mitglieder oder stimmberechtigte An-teilseigner sein.

Stimmrechte bei natürlichen Personen

Nach § 3 Nr. 15 b 2021 mussten 51 Prozent der Stimmrechte bei natürlichen Personen liegen, die seit mindestens einem Jahr vor Gebotsabgabe ihren Wohnsitz (nach § 21 oder § 22 Bundesmeldegesetz) in der kreisfreien Stadt oder dem Landkreis gemeldet haben. Ab 2023 müssen nun gemäß § 3 Nr. 15 b EEG 2023 mindestens 75 Prozent der Stimmrechte bei natürlichen Personen liegen, die mit einer Wohnung in Postleitzahlgebieten gemeldet sind, die sich im Umkreis von 50 km um die Turmmitte der betreffenden Windenergieanlagen ganz oder teilweise befinden. Als Wohnung soll hierfür nicht mehr allein die Hauptwohnung des Mitglieds oder Anteilseigners der Bürgerenergiegesellschaft entscheidend sein, sondern jede nach dem Bundesmeldegesetz gemeldete Wohnung ausreichen. Die bisherige Regelung des Nachweiszeitraums wird aus der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 15 b EEG 2023 ausgenommen und im neu eingeführten § 22 b EEG 2023 geregelt (siehe unter 2.4). 

Stimmrechte bei nicht natürlichen Personen

Mit der Neueinfügung des § 3 Nr. 15 c EEG 2023 legt das EEG 2023 Anforderungen für Stimmrechte fest, die nicht bei natürlichen Personen liegen. Stimmrechte, die nicht bei natürlichen Personen liegen, dürfen ausschließlich bei Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder bei kommunalen Gebietskörperschaften sowie deren rechtskräftigen Zusammenschlüssen liegen.

Beschränkung der Anteile eines Mitglieds

Die Anforderungen des § 3 Nr. 15 c EEG 2021 werden unverändert in den neuen § 3 Nr. 15 d EEG 2023 übernommen. Damit darf weiterhin kein Mitglied oder Anteilseigner der Bürgerenergiegesellschaft mehr als zehn Prozent der Stimmrechte an der Gesellschaft halten.

Tatsächliche Einflussnahme und Zusammenschlüsse

In § 3 Nr. 15 d EEG 2023 wird nun ausdrücklich festgelegt, dass die Mehrheit der Stimmrechte die tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gesellschaft und die Mitwirkung an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung verbunden sein muss. Diese Anforderung findet ihre Grundlage in einer Entscheidung des BGH vom Februar 2020 (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – EnVR 101/18).
Beim Zusammenschluss von mehreren juristischen Personen oder Personengesellschaften zu einer Gesellschaft ist es weiterhin ausreichend, wenn jedes der Mitglieder der Gesellschaft die Voraussetzungen nach § 3 Nr. 15 a bis d EEG 2023 erfüllt. Liegt eine Gesellschaft zu 100 Prozent in der Hand einer anderen Gesellschaft, reicht es aus, wenn die Eigner*in die Anforderungen aus § 15 EEG 2023 erfüllt.

Ausschreibungsfreiheit für Bürgerenergiegesellschaften nach § 22

Wenn eine Gesellschaft alle in § 15 Nummer 3 EEG 2023 genannten Voraussetzungen erfüllt, sind von ihr in Betreib genommene Anlagen grundsätzlich von dem Erfordernis der Teilnahme an Ausschreibungen ausgenommen. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 EEG 2023 gilt dies bei Windenergieanlagen bis zu einer installierten Leistung von 18 MW.

Mitteilung an die Bundesnetzagentur (BNetzA)

Nach § 22 b Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023 ist für die Ausnahme von dem Erfordernis eines wirksamen Zuschlags erforderlich, dass der Bundesnetzagentur (BNetzA) mitgeteilt wurde, dass die Windenergieanlage einer Bürgerenergiegesellschaft gehört. Diese Mitteilung muss spätestens drei Wochen nach der Genehmigung nach dem Bundes-Im-missionsschutzgesetz (BImSchG) unter Angabe der Registernummer zugegangen sein (§ 22 b Abs. 1 Nr. 2 EEG 2023).

Sperrfirst für Mitglieder (juristische Personen) für Zeitraum vor der Mitteilung an die BNetzA 

Nach § 22 b Abs. 1 Nr. 3 EEG 2023 gilt außerdem eine „Sperrfrist“: Die Bürgerenergiegesellschaft sowie ihre stimm-berechtigten Mitglieder oder Anteilseigner, die juristische Personen des Privatrechts sind, und die mit ihnen verbundenen Unternehmen dürfen in den vorangegangenen drei Jahren keine weiteren Windenergieanlagen an Land in Betrieb genommen haben. Diese zeitliche Einschränkung gilt für die Bürgerenergiegesellschaft und deren stimmberechtigte Mitglieder oder Anteilseigner, die juristische Personen des Privatrechts sind. Nicht gemeint sind damit die natürlichen Personen, die an der Bürgerenergiegesellschaft und zugleich auch an anderen Bürgerenergiegesellschaften beteiligt sind oder selbst Windenergieanlagen in Betrieb genommen haben. 

Veröffentlichung durch die BNetzA

Nach § 22 b Abs. 3 EEG 2023 veröffentlicht die Bundesnetzagentur die Registernummern der Anlagen, für die eine Mitteilung nach Abs. 1 Nr. 1 abgegeben wurde.

Nachweise und Rechtsfolge bei Versäumnis

Mit § 22 b Abs. 4 EEG 2023 wird geregelt, für welche Zeiträume die Anforderungen nachzuweisen sind. Die Erfüllung der Bedingungen für Bürgerenergiegesellschaften sind dem Netzbetreiber zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme und danach alle fünf Jahre nachzuweisen. Beim erstmaligen Nachweis muss der Zeitraum von 12 Monaten vor der ersten Meldung mit abgedeckt sein, beziehungsweise mindestens der Zeitraum des Bestehens der Bürgerenergiegesellschaft, sofern dieser kürzer als 12 Monate ist. Bei allen weiteren Nachweisführungen jeweils für die zwölf Monate, die dem Zeitpunkt der Nachweisführung vorangegangen sind. Zudem reicht für den erstmaligen Nach-weis eine Eigenerklärung aus, doch auf Verlangen des Netzbetreibers sind Nachweise vorzulegen.
Wird der Nachweis nicht spätestens zwei Monate nach Ablauf der Fristen nach Satz 1 erbracht, entfällt der ge-samte Vergütungsanspruch. Zuvor wurde als Sanktion lediglich die Förderung auf den jeweiligen Gebotswert re-duziert. Dies ist nun aufgrund dessen, dass Bürgerenergiegesellschaften nicht mehr an der Ausschreibung teilneh-men, nicht mehr möglich.

Sperrfirst für Mitglieder (juristische Personen) für Zeitraum nach der Mitteilung an die BNetzA 

Spiegelbildlich zur Sperrfrist für den Zeitraum vor der Mitteilung an die BNetzA (2.2) dürfen nach § 22 b Abs. 5 EEG 2023 Bürgerenergiegesellschaften und deren stimmberechtigte Mitglieder oder Anteilseigner, die juristische Personen des Privatrechts sind, für drei Jahre ab der Mitteilung an die BNetzA nach Abs. 1 Nr. 1 keine EEG-Förderung nach dem EEG 2023 für weitere Anlagen derselben Technologie und desselben Segments erhalten. Eine Teilnahme an Ausschreibungen ist in diesem Zeitraum nicht zulässig.

Zusammenrechnung

Zur Ermittlung der Anlagengröße von höchstens 18 MW installierter Leistung findet im Rahmen der Beurteilung der Ausnahme vom Zuschlagserfordernis für Bürgerenergiegesellschaften nun § 24 EEG 2023 Anwendung. Hierfür wurde § 24 Abs. 2 EEG 2021 auf Bürgerwindgesellschaften und auf Windenergieanlagen erweitert. Demnach wer-den die Anlagen mit allen Anlagen, die innerhalb der letzten 24 Monate innerhalb eines 2km-Radius in Betrieb genommen wurden, zusammengerechnet. Auch wenn der Wortlaut nicht eindeutig ist, ist vom Gesetzgeber wohl nur die Zusammenrechnung von Anlagen derselben Technologie intendiert. Dem Wortlaut nach bezieht sich aber die Zusammenrechnung nicht nur auf Windenergieanlagen, die von Bürgerenergiegesellschaften in Betrieb genommen wurden, sondern auf sämtliche in den letzten 24 Monate innerhalb eines 2km-Radius in Betrieb genommene Anlagen.

Länderöffnungsklausel

Mit § 22 b Abs. 6 EEG 2023 wird die Länderöffnungsklausel verankert. Die Länder können weitergehende Bestim-mungen zur Steigerung der Akzeptanz erlassen, wenn § 80 a nicht beeinträchtigt ist. Dies hat der BWE stets abge-lehnt und sich immer für eine bundeseinheitliche Handhabung eingesetzt.

Vergütung für Bürgerenergiegesellschaften

Da es im EEG 2023 keine Sonderregelungen zur Vergütung für Bürgerenergiegesellschaften gibt, gilt der unverän-dert gebliebene § 46 Abs. 1 EEG 2023. Demnach wird der anzulegende Wert nach 36h Abs. 1 EEG 2023 bestimmt, wobei als Zuschlagswert der Durchschnitt der Gebotswerte des jeweils höchsten noch bezuschlagten Gebots der Gebotstermine für Windenergie an Land im Vorvorjahr anzusetzen ist.

Ansprechpartnerin
Christina Hasse
Fachreferentin Planung und Projektierung c.hasse@wind-energie.de