Wer seine Windenergieanlage auch nach dem Ende der Vergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterbetreiben möchte, muss genau kalkulieren, ob das wirtschaftlich Sinn ergibt. Infos zum Weiterbetrieb sowie eine Auflistung sämtlicher Unterlagen, die für die Weiterbetriebsüberprüfung notwendig sind, haben wir Ihnen im ersten BetreiberBrief vom Dezember 2019 oder online auf wind-energie.de zusammengestellt. Liegen alle Unterlagen vor, kann das Gutachten für den Weiterbetrieb beauftragt werden.

Dabei wird auch die Betriebs- und Standsicherheit der Windenergieanlage bewertet. Hierzu hat der Arbeitskreis Weiterbetrieb des BWE das Papier „Grundsätze für die Durchführung einer Bewertung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen (BPW)“ (siehe unten) erarbeitet, das bereits in zweiter Auflage erschienen ist.

Die Mitglieder des bereits im Juli 2011 gebildeten Arbeitskreises Weiterbetrieb sind technische Sachverständige, Betreiber, Hersteller, Betriebsführer und Juristen. Sie tragen aus verschiedenen Blickwinkeln technische Erfahrungswerte und Probleme aus der Praxis zusammen und bearbeiten die auftretenden Fragestellungen. Ziel des Arbeitskreises ist es, die Voraussetzungen für einen sicheren und erfolgreichen Anlagen-Weiterbetrieb im Sinne der nachhaltigen Nutzung der Windenergie zu schaffen.

Voraussetzungen für den sicheren Weiterbetrieb schaffen

Ziel der BPW ist es, Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb der Windenergieanlage zu schaffen. Im Rahmen der vorgegebenen Umfänge soll eine technische Aussage darüber getroffen werden, ob die Windenergieanlage als Gesamtanlage unter den gegenwärtigen und zukünftigen Einflüssen des Betriebs noch die Aspekte der Standsicherheit und Betriebsfestigkeit erfüllt und/oder ob Inspektionen oder konkrete Maßnahmen abgeleitet werden müssen, um einen sicheren Weiterbetrieb der Windenergieanlage zu gewährleisten.

Mit den BWE-Grundsätzen werden die Mindestanforderungen an die Prüfung und Bewertung festgelegt und erläutert. So sollen im angemessenen Umfang der aktuelle Zustand der Windenergieanlage und eine Weiterbetriebsdauer ermittelt werden können. Das Vorgehen ist angelehnt an den Anforderungen der aktuell gültigen Normung.

Betreiber müssen rechtzeitig aktiv werden

Die BPW liegt in der Verantwortung des Betreibers und ist durch diesen rechtzeitig – vor dem Erreichen der zeitlich definierten Entwurfslebensdauer – zu veranlassen. Der Betreiber hat die notwendigen Voraussetzungen zur Durchführung dieser Prüfung zu erfüllen.

Maßgeblich für die Beurteilung des Weiterbetriebs sind alle standsicherheitsrelevanten Bauteile der Windenergieanlage, insbesondere lastabtragende Komponenten, die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen, Anlagensteuerung, Bremssysteme etc. Um die Weiterbetriebsdauer bestimmen zu können, muss die Windenergieanlage und insbesondere ihre Tragstruktur analysiert werden. Die BPW unterteilt sich in einen analytischen und einen praktischen Teil:

  • Im analytischen Teil wird beurteilt, ob sich auf Grundlage der vorhandenen Unterlagen eine Weiterbetriebsdauer der Gesamtanlage ermitteln lässt.
  • Im praktischen Teil wird geprüft, ob der technische Zustand der Gesamtanlage den Weiterbetrieb ermöglicht.

Die praktische und analytische Prüfung beziehen sich auf alle standsicherheitsrelevanten Komponenten und relevanten lastabtragenden Bauteile:

  • Tragstruktur (Turm und Gründung),
  • Verbindungselemente (Schrauben, Ankerbolzen, Spannglieder etc.),
  • Tragende Elemente der Gondel (Grundrahmen, Maschinenträger, Achszapfen etc.),
  • Triebstrang (Welle, Wellenverbindungselemente etc.),
  • Nabe,
  • Rotorblatt,
  • Brems- beziehungsweise Anlagensicherheitssysteme.

Die Weiterbetriebsdauer kann von unterschiedlichen Faktoren abhängen, die in die Berechnung, Inspektion und Bewertung einfließen. Hierzu zählen etwa Standortbedingungen, Betriebs- und Stillstandszeiten, Produktionswerte oder Zustand, Auslegung, Entwurf und Konstruktion der Anlage. Grundsätzlich gilt: Je mehr Informationen und Dokumente der Betreiber über seine Anlage zur Verfügung stellen kann, desto besser für die Weiterbetriebsprüfung.

Nicht bei der Qualität der Gutachten sparen

Stefan Grothe, Fachreferent Technik beim BWE, empfiehlt: „Auch wenn der Kostendruck für Betreiber beim Weiterbetrieb groß ist, sollten sie keinesfalls am Gutachten sparen.“

Mangelhafte Gutachten oder Gefälligkeitsgutachten könnten Probleme mit sich bringen, insbesondere, da es sich hier um sicherheitsrelevante Beurteilungen handle. Da es derzeit in der Branche noch an Standards fehle, sei zudem die Spannweite bei der Bewertung in den Gutachten sehr groß.

Im Mitgliederbereich auf der BWE-Homepage finden Sie eine Liste der vom BWE-Sachverständigenbeirat anerkannten Mitglieder mit der Berechtigung zur Bewertung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen an Land. Die dort benannten Unternehmen erklären im Rahmen ihrer Selbstverpflichtung die Einhaltung der BPW-Richtlinie des BWE und versichern, die genannte Dienstleistung aus fachlicher und organisatorischer Sicht als Generalunternehmer anzubieten.


Weitere Informationen:


Alle wichtigen Informationen zum Thema erhalten Sie im BWE-Papier „Grundsätze für die Durchführung einer Bewertung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen (BPW)“