Um kostengünstigen grünen Wasserstoff herstellen zu können, benötigen Industrie- und Energieunternehmen effiziente Elektrolyseure im großen Maßstab. Technologien wie die Druckalkali- oder Hochtemperatur-Elektrolyse werden bereits heute im industriellen Umfeld installiert. Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Anionenaustauschmembran-Technologie (AEM).

Die AEM-Elektrolyse vereint die jeweiligen technischen Vorteile der Polymer Exchange Membrane (PEM) Elektrolyse und der alkalischen Elektrolyse (AEL). Eine hohe Leistungsdichte, Flexibilität und eine hohe Gasreinheit sind Eigenschaften, welche die AEM- mit der PEM-Technologie gemeinsam hat. Darüber hinaus zeichnet sich die AEM-Technologie durch ihre günstigen und unkritischen Materialen aus – ähnlich wie bei der AEL-Technologie. Damit hat die AEM-Elektrolyse das Potenzial, sowohl bei ihren Betriebs- als auch Investitionskosten neue Maßstäbe im Elektrolysemarkt zu setzen.

Diese Vorteile will nun auch das Fraunhofer IFAM näher betrachten. Gemeinsam mit dem  Wasserstoffunternehmen Sunfire und den kanadischen Partnern Ionomr Innovations, der National Research Council of Canada (NRC), sowie der Simon Fraser University und der Universität von Alberta startete das Unternehmen das Förderprojekt „Integrate“([1]). Ziel der Partner ist es, einen AEM-Elektrolyseur im oberen zweistelligen kW-Bereich zu entwickeln und dessen technische Machbarkeit unter industrierelevanten Bedingungen zu validieren.

Am Standort in Dresden wird Sunfire dazu einen Teststand mit einer Elektrolyse-Zelle bereitstellen, um die Leistung des AEM-Stacks zu messen.

Sunfire-CTO Christian von Olshausen:

„Mit dem Projekt ‚Integrate‘ signalisieren wir unsere Innovationskraft und Vorreiterrolle im global wachsenden Elektrolysemarkt. Wir sind stolz, mit hochkarätigen Technologie- und Forschungspartnern zu kooperieren und unsere deutsch-kanadische Zusammenarbeit stärken zu können.“

Sowohl Sunfire als auch das Fraunhofer IFAM verfügen über eine ausgeprägte und langjährige Expertise auf dem Gebiet der Elektrolyse. Während Sunfire als Elektrolyseur-Hersteller seine Hauptkompetenz in der Elektrolysetechnik und Systemintegration hat, konzentriert sich das Fraunhofer IFAM als außeruniversitäre Einrichtung auf die angewandte Forschung und beschäftigt sich mit der Entwicklung und Qualifizierung von Materialien für alkalische Stacks.

Im Projekt „Integrate“ designt und optimiert das Institut langzeitstabile, hochleistungsfähige nicht-Platingruppen Metall-Katalysatoren für den Einsatz in verdünnter alkalischer Umgebung. Außerdem werden poröse Transportschichten (PTL) optimiert. Nachdem so vielversprechende Katalysatoren und eine PTL identifiziert worden sind, wird das Fraunhofer IFAM Elektroden herstellen, die bei Sunfire in einer industriellen Testumgebung getestet werden. Anhand der Ergebnisse wird der Teststand entsprechend modifiziert, um für einen langfristigen AEM-Betrieb einsatzfähig zu sein.

Clemens Kubeil, als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Wasserstofftechnologie verantwortlich für das Projekt am Institut, ergänzt:

„Der Produktionsprozess am Fraunhofer IFAM wird wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Elektroden der erforderlichen Größe liefern, so dass für ein Upscaling auf industriellen Maßstab kein Verfahren von Grund auf neu entwickelt werden muss.“

Bill Haberlin, CEO von Ionomr Innovations, sagt:

"Die alkalischen Aemion+®-Membranen von Ionomr, die im Projekt eingesetzt werden, sind langlebig, ultrastabil und maximieren die Leistung ohne die herkömmlichen teuren Komponenten für die Wasserelektrolyse – wie Iridium, Platin und Titan. Sie ersetzen diese durch weniger teure Materialien, wie die vom Fraunhofer IFAM entwickelten. Unsere Aemion+®-Membranen ermöglichen eine längere Lebensdauer in hochgradig basischen Umgebungen, wurden mit Blick auf industrielle Anwendungen entwickelt und sind im kommerziellen Maßstab verfügbar. Sie enthalten keine Perfluorsulfonsäure (PFSA), die aufgrund von Umweltbedenken immer weniger eingesetzt wird."

Staatlich gefördert wird das Vorhaben seit dem 1. Oktober 2022 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre. Hergen Wolf, Director Product Management bei Sunfire, betont:

„Die AEM-Technologie ist bisher nur im einstelligen kW-Bereich verfügbar und somit nicht für großskalige Wasserstoffprojekte in der Industrie nutzbar. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir die Voraussetzungen schaffen, um diese vielversprechende Technologie aus dem Labor in die industrielle Anwendung zu überführen.“

Mit seiner effizienten Hochtemperatur-Elektrolyse verhalf Sunfire bereits in der Vergangenheit einer jungen und innovativen Technologie zum Durchbruch. Während sich die technische Entwicklung zur Unternehmensgründung 2010 noch am Anfang befand, installiert sie Sunfire heute im Multi-Megawatt-Maßstab in der Industrie. Darüber hinaus bedient das Unternehmen erfolgreich zahlreiche Kunden mit seiner robusten Druckalkali-Technologie, um den immensen Bedarf an grünem Wasserstoff decken zu können.

Das Fraunhofer IFAM beschäftigt sich seit fast 30 Jahren mit der Entwicklung und Erprobung neuartiger Werkstoffe auf der Basis von gesinterten Metallpulvern und beschichteten zellularen Metallstrukturen sowie mit der Entwicklung der zugehörigen Fertigungstechnologien. Im Hinblick auf wasserstoffbezogene Technologien wurden große Anstrengungen unternommen, um neue Materialien für die Wasserstofferzeugung mittels AEL und AEMEL zu entwickeln. Das Institut konnte sein langjähriges Know-how bereits in mehreren nationalen und internationalen Projekten einsetzen, deren Fokus auf Funktionsmaterialien und Prototypentests im Bereich neuartiger Energiematerialien für AEL und AEMEL lag.

 

Quelle: Fraunhofer IFAM