Beim Klimaschutz und beim Ausbau Erneuerbarer Energien hat sich seit Amtsantritt der schwarz-grünen Landesregierung genau vor einem Jahr einiges bewegt.
„Es scheint ein Ruck durch Nordrhein-Westfalen zu gehen“,
lautet die Zwischenbilanz von Reiner Priggen, bis Anfang Mai dieses Jahres Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW).
Priggen verweist auf die Initiativen aus den zurückliegenden Wochen. Dazu zählt unter anderem der Entwurf des Landesentwicklungsplans, die Novelle der Landesbauordnung, die Abschaffung des umstrittenen und höchst überflüssigen 1.000-Meter-Mindestabstandes zu Siedlungsgebieten für Windenergieanlagen oder das erste Klimaschutzpaket mit 68 Maßnahmen.
„Mit diesem Gesetzespaket macht die Landesregierung deutlich, dass es ihr wie im Koalitionsvertrag vereinbart Ernst mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien ist.“
Das zeigt sich derzeit vor allem beim Ausbau der Solarenergie: Im ersten Halbjahr (Stichtag: 26. Juni*) sind nach einer vorläufigen Auswertung der Meldungen im Marktstammdatenregister landesweit 93.767 neue Solaranlagen mit einer installierten Leistung von 874 Megawatt in Betrieb gegangen. Im Vergleich zum Vorjahreszeit bedeutet das - infolge des anhaltenden Booms bei den Balkonmodulen - mehr als eine Verdreifachung der Anlagenzahl (1. Halbjahr 2022: 27.106) und eine Steigerung um den Faktor 2,5 bei der Solarleistung (1. Halbjahr 2022: 349 MW). Damit rangiert NRW beim Solarausbau im Bundesländervergleich hinter Bayern auf Platz 2.
Bei der Windenergie fallen die Ausbauzahlen in den ersten sechs Monaten (Stichtag: 26. Juni*) bescheidener aus: Bis Mitte dieses Jahres verzeichnete NRW einen (vorläufigen) Brutto-Zubau von 44 neuen Anlagen mit zusammen 200 MW Leistung. Im ersten Halbjahr des Vorjahres waren 47 Windenergieanlagen mit 187 MW Leistung neu ans Netz gegangen. Mit dem aktuellen Zubau gehört NRW nach Schleswig-Holstein und Niedersachsen wie gehabt zu den drei Bundesländern mit dem größten Zubau im Windsektor.
Für den weiteren Ausbau in NRW gibt es durchaus große Hoffnungen: Allein im ersten Halbjahr wurden 131 Windkraftwerke mit zusammen 646 MW Leistung genehmigt worden - kein anderes Bundesland kann höhere Genehmigungszahlen in diesem Zeitraum vorweisen.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es heutzutage typischerweise zwei Jahre dauert, bis genehmigte Anlagen in Betrieb gehen. Das ergab eine aktuelle Analyse der Fachagentur Windenergie an Land. Zu den Gründen für die langen Umsetzungszeiträume zählen unter anderem derzeitige Lieferengpässe bei Windenergieanlagen und Komponenten wie auch gestiegene Bau- und Errichtungsdauern. Deshalb wird sich der jüngste Anstieg der Genehmigungszahlen wohl erst ab 2025 im Zubau von mehr Windenergieanlagen in NRW bemerkbar machen.
Nachholbedarf gibt es nach einem Jahr schwarz-grüner Regierungsverantwortung vor allem bei der Bioenergie, der Wasserkraft und der Tiefengeothermie.
Hans-Josef Vogel, seit 4. Mai Nachfolger von Reiner Priggen an der Spitze des LEE NRW:
„Diese Energieerzeugungsformen ergänzen Wind- und Solar hervorragend und dürfen nicht hinten runterfallen. Wir müssen schneller werden bei der Digitalisierung von Genehmigungsverfahren für Projekte bei den Erneuerbaren Energien.“
Die gestiegenen Genehmigungszahlen bewertet Vogel als „durchaus erfreulich.“ Der LEE NRW-Vorsitzende drängt aber auf „viel mehr Tempo“ bei den Genehmigungen für neue Windenergieanlagen:
„Vor allem die Kommunen müssen von Seiten der Landesregierung schnell über die neuen Möglichkeiten beim Windkraftausbau aufgeklärt werden. Denn gerade die lokale Wertschöpfung und Beteiligungsmodelle eröffnen viele Chancen für die Kommunen.“
Nicht nur aus Klimaschutzgründen ist für den LEE NRW der zeitnahe Bau von mehr Windenergieanlagen ein absolutes Muss:
„Schon jetzt erleben wir bei Neuansiedlungen von Unternehmen eine Norddrift, da dort preiswerter Ökostrom zur Verfügung steht“,
so der LEE NRW-Vorsitzende Vogel. Für Nordrhein-Westfalen ist ein dynamischer Windenergieausbau „mitentscheidend dafür, ob unser Bundesland weiterhin das Industrie- und Energieland Nummer eins bleibt.“
*Angesichts der gesetzlichen vierwöchigen Meldefrist sind sämtliche Werte bis Ende Juli als vorläufig zu betrachten!