Wie unterscheidet sich der Verkaufsprozess hinsichtlich eines baureifen Projekts von dem eines Bestandsparks?

Dominik Hanus: Der Prüfungsumfang bei einem baureifen Projekt ist in der Regel höher als bei einem Bestandspark. Das liegt daran, dass in der Regel noch Projektentwicklungsrisiken bestehen – insbesondere aus genehmigungsrechtlicher Sicht. So kann z. B. noch offen sein, ob die Genehmigung möglicherweise angegriffen wird. Es bestehen darüber hinaus Vergütungsrisiken, wenn zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlung und des -abschlusses noch kein Zuschlag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens erteilt worden ist. Es muss somit eine Lösung gefunden werden, wenn aus diesem Grund der Kaufpreis bei Vertragsschluss noch nicht abschließend festgelegt werden kann. Hierfür wird meist eine variable Kaufpreisregelung vorgesehen. Außerdem bestehen noch Baurisiken, die, soweit möglich, vorab ermittelt bzw. sachgerecht verteilt werden müssen.

Gibt es weitere Herausforderungen?

Dominik Hanus: Im Rahmen eines Verkaufsprozesses für ein baureifes Projekt wird es in der Regel einen erhöhten Verhandlungsbedarf geben. Gerade die ausstehende Realisierung, also das Errichten des Parks, bedarf natürlich noch einer vertraglichen Abbildung. In der Regel wird daher noch zusätzlich zum Kaufvertrag ein Bauvertrag verhandelt, also ein Generalunternehmer- oder Generalübernehmer-Vertrag, in dem die Bauleistungen festgelegt werden. Im Rahmen eines Verkaufsprozesses bei einem Bestandspark entfällt dieses Erfordernis.

Heute wird fast gegen jedes Projekt geklagt. Was muss man da berücksichtigen?

Dominik Hanus: Wenn tatsächlich die Genehmigung noch nicht bestandskräftig ist und noch angegriffen werden kann oder sogar bereits angegriffen worden ist, dann muss man für diese Fälle, soweit möglich, vertragliche Lösungen finden. In der Regel wird man zunächst die bereits bestehenden Einwendungen Dritter im Detail prüfen und die Erfolgsaussichten bewerten. Gegebenenfalls ergibt sich hieraus bereits, dass eine der Parteien – Verkäufer oder Käufer – das verbleibende Risiko übernimmt. Wenn jedoch das Risiko besteht, dass diese Dritteinwendungen erfolgreich sind, wird der Käufer in der Regel eine abschließende Klärung abwarten wollen. Das kann lange dauern. Dem Verkäufer verbleibt natürlich die Möglichkeit, bei Erteilung der sofortigen Vollziehung auch schon während eines solchen Verfahrens den Park zu errichten. Aber die Konsequenzen, wenn dann dieser Klage stattgegeben wird, sind natürlich erheblich.

Gibt es bei Bestandsanlagen auch irgendwas, worauf man besonders achten muss?

Dominik Hanus: Sind die Bestandsanlagen bereits über mehrere Jahre in Betrieb, kann man sich natürlich eine Reihe von Prüfungsthemen sparen, wenn z. B. die Gewährleistungsfristen bei Bau- und Lieferverträgen schon abgelaufen sind. Diese Verträge haben dann im Rahmen des Verkaufsprozesses kaum noch Relevanz. Zudem wird die Genehmigung in der Regel schon bestandskräftig sein. Insofern ist der Prüfungsumfang geringer als bei einem baureifen Projekt. Da geht es aus Sicht des Käufers vielmehr um die Frage, ob der Park rechtlich so gestaltet ist, dass sichergestellt ist, dass der Park bis zum Ende der Förderung auch betrieben werden kann. Wesentliches Thema dabei: Halten die Nutzungsverträge auch über die Laufzeit?

Wo treten denn die häufigsten Fehler bei den Nutzungsverträgen auf?

Dominik Hanus: Einer der wesentlichen Schwerpunkte der Prüfung der Nutzungsverträge ist die Einhaltung der Schriftform gemäß § 550 BGB. Hierbei geht es um das Risiko der ordentlichen Kündbarkeit der Nutzungsverträge. Aus dieser Prüfung ergibt sich meist der größte Gesprächsbedarf unter den Beteiligten, wie etwaige Risiken zu bewerten sind. Weitere Prüfungspunkte sind u. a., ob die Nutzungsverträge wirksam zustande gekommen sind, also ob insbesondere das Angebot zum Abschluss des Vertrags rechtzeitig angenommen wurde, und ob noch Widerrufsrechte bestehen.

Was ist im Verkaufsprozess vorzuziehen: Exklusivverhandlung oder Bieterverfahren?

Dominik Hanus: Aus Sicht des Verkäufers ist das Bieterverfahren deutlich vorteilhafter, weil er natürlich eine Vergleichs- und Auswahlmöglichkeit unter mehreren Angeboten hat. Er kann sich, wenn es mit dem einen Bieter möglicherweise nicht weitergeht, weil man sich über bestimmte Punkte nicht einigt, auf einen anderen Bieter fokussieren. Insofern führt diese Konkurrenzsituation beim Bieter zu einer besseren Verhandlungsposition.

Da werden wahrscheinlich bessere Preise erzielt für den Verkäufer.

Dominik Hanus: Das ist genau der Punkt. Natürlich stehen die Kaufinteressenten unter Druck, dass sie den Zuschlag für den Park nicht bekommen, wenn ein anderer Bieter einen besseren Preis bietet. Andererseits ist der Aufwand für ein solches Bieterverfahren mit zwei, drei Bietern erheblich. Die Vertragsverhandlungen werden parallel mit mehreren Bietern geführt. Auch der Datenraum wird von mehreren Bietern geprüft, sodass auch in der Regel von mehreren Bietern eine Menge Fragen gestellt werden, die der Verkäufer mit dem bestehenden Team zeitnah beantworten muss. Der Aufwand ist somit beträchtlich, sodass der Verkäufer vorab prüfen muss, ob er diesen Aufwand betreiben möchte und kann. Zudem sind auch nicht alle Kaufinteressenten bereit, sich einem Bieterverfahren zu stellen, weil sie für einen solchen Transaktionsprozess nicht unerhebliche Kosten aufwenden müssen und am Ende vielleicht leer ausgehen.

Wer ist da am längeren Hebel?

Dominik Hanus: Wir haben ganz klar einen Verkäufermarkt, weil die Projekte knapper geworden sind, zumindest was baureife Projekte angeht. Trotzdem wird der Verkäufer gerade bei kleineren Projekten häufig eher Exklusivverhandlungen durchführen, um den Aufwand zu begrenzen. Auch bei Exklusivverhandlungen wird man ja vorab ein eingeschränktes Bieterverfahren durchführen, indem man vorher Interessenten anspricht, daraus einen kleineren Kreis auswählt und sich erste Angebote geben lässt, um danach zumindest auf Basis des Preisvergleichs eine Vorauswahl zu treffen. Dann öffnet man dem ausgewählten Interessenten den Datenraum und führt die Vertragsverhandlungen durch. Wenn es zum Schluss mit diesem Interessenten doch noch scheitert, muss man das Verfahren mit einem anderen Interessenten neu aufrollen.

Das Interview führte Nicole Weinhold im Auftrag des BWE. Es erschien zunächst in der Fachzeitschrift „Erneuerbare Energien“.

Unser Experte:
Dominik Hanus ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Müller-Wrede & Partner Rechtsanwälte. Seine Schwerpunkte sind u. a. das Recht der Erneuerbaren Energien, M&A, allgemeines Gesellschaftsrecht, Restrukturierungen sowie die Gestaltung und Begleitung von Kooperationen und Joint Ventures. Darüber hinaus berät Herr Hanus im Zivilvertragsrecht, insbesondere im Rahmen der Gestaltung und Verhandlung von Generalübernehmer-/-unternehmerverträgen, Nutzungsverträgen sowie Herstellerliefer- und Wartungsverträgen.


Weiterführende Information:


Grundsätze Weiterbetrieb 04.2017 V6.3_final.pdf
Im Sinne einer nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien und vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit streben die Betreiber als Mitinitiatoren der ...