Sehen Sie bei den Gemeinden einen Wandel im Denken rund um das Thema Energiewende?

Wir sehen den großen Wandel eher in den Vorgaben der Politik: Wir hatten erst die Laufzeitenverlängerung für Atomkraftwerke, ein Jahr später den völligen Atomausstieg, dann schnell wechselnde Rahmenbedingungen in EEG, EnWG und anderen Gesetzen, schwierige Rechtsprechung zur Windkraftplanung und so weiter. Die Kommunen stellen sich dem, aber mehr Stetigkeit bei den Vorgaben wäre gut. Verlässliche, dauerhaft planbare Richtlinien sind so gut wie gar nicht vorhanden.

Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Stetigkeit bei Zielen und Vorgaben. Und gerade aus schleswig-holsteinischer Perspektive eine Berücksichtigung der Interessenlagen derjenigen Bundesländer, die beim Ausbau erneuerbare Energien vorangegangen sind. Das betrifft zum Beispiel die Frage der Netzentgelte, aber auch der weiteren Ausbaumöglichkeiten für Windkraft und andere Rahmenbedingungen im EEG. Und natürlich den Ausbau der bundesweiten Stromnetze.

Schleswig-Holstein ist da ja gut voran gegangen…

Und die anderen Länder kommen nicht so richtig hinterher.

Ist die Energiewende für Städte und Gemeinden eigentlich finanzierbar?

Gerade bei Gebäuden sind die Investitionen in die Energieeffizienz sehr hoch und nur mit Zuschüssen leistbar. Andererseits gibt es auch Investitionen zum Beispiel bei der Straßenbeleuchtung, die sich durch Einsparungen beim Verbrauch rechnen. Wichtig ist, dass bei den Gemeinden vor Ort nicht nur Belastungen zum Beispiel durch die Windkraft entstehen, sondern dass eine mögliche Beteiligung von Kommunen an EEG-Anlagen und Gewerbesteuererträge der Gemeinschaft zugutekommen. Wir haben hier in Schleswig-Holstein gerade mit Bürgerwindparks in Teilen des Landes sehr gute Erfahrungen gemacht.

Also ist die regionale Wertschöpfung durch die Windenergie wichtig?

Sie ist entscheidend für die Akzeptanz von Windparks. Wir haben hier in Schleswig-Holstein gerade mit Bürgerwindparks in Teilen des Landes sehr gute Erfahrungen gemacht. Es gibt auch bei den örtlichen und regionalen EEG-Unternehmen - sei es jetzt Biogas oder  Windkraft – viele, die sich darüber hinaus unternehmerisch betätigen, zum Beispiel beim Breitbandausbau. Und auch davon profitieren die Menschen in der Region. Wir machen die Erfahrung in vielen Landesteilen, dass sich gerade die kleinen EEG-Unternehmer über das Thema hinaus unternehmerisch engagieren und dadurch die Infrastruktur in der Region stärken.

Aber es geht ja immer stark um Akzeptanz. Kann die Bevölkerung das überhaupt herleiten, woher nun die bessere Infrastruktur kommt?

Das alleine wird nicht genügen, sondern die Akzeptanz ist dort höher, wo sich die Menschen selbst engagieren und von Bürgerwindparks unmittelbar finanziell profitieren. In diesen Bereichen haben wir die stärkste Akzeptanz der Windkraft, das heißt die Menschen selbst sind EEG-Unternehmer und erleben nicht, dass irgendwelche Investoren von weit außerhalb dort die Landschaft verändern, sondern die Menschen machen die Energiewende zu ihrem eigenen Projekt.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es die Regelung, dass man einen gewissen Anteil an seinem Projekt für Bürger anbieten muss. Wäre das auch etwas für Schleswig-Holstein?

Wir halten das Gesetz, nachdem Bürger und Gemeinden die Chance einer Beteiligung haben, für eine sehr gute Idee. Allerdings sollte einmal abgewartet werden, wie die Rechtsprechung dort ausfällt. Es gibt dort ja laufende Gerichtsverfahren.

Wie beurteilen Sie den Wert eines neuen Landesverbands Erneuerbare Energien in Schleswig-Holstein?

Die Branche bündelt wie in anderen Bundesländern bereits geschehen die Kräfte. Das ist angesichts komplexer werdender Themen und steigender Widerstände zum Beispiel gegen die Windkraft sinnvoll. Es wird sicher Ansätze der Zusammenarbeit auch mit dem Gemeindetag geben. 

Das Interview führte Nicole Weinhold, Chefredakteurin ERNEUERBARE ENERGIEN.