Sie bauen bei GP Joule eine Stromdirektvermarktung auf und bieten sie ab 2023 auch an. Das erfolgt in dem Moment, in dem der Staat hohe Erlöse aus Windparks abzuschöpfen beginnt. Lassen sich die PPA, die zunehmend attraktiven Stromlieferverträge, so noch finanzieren?

Fabian Sösemann: Ein Projekt mit einem PPA wird sich weiterhin finanzieren lassen. Künftig müssen die Investoren oder Projektierer beim Aushandeln von PPA mit dem umgehen, was der Rechtsrahmen in Bezug auf die Strompreisbremse vorgibt. Entsprechend lässt sich ein Projekt oder eine Anlage strukturieren und auch finanzieren.

Ein Problem haben die Anlagen, die bereits jetzt in der Planung sind. Wer in einer Ausschreibung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz schon einen Zuschlag erhalten hat, sieht sich aktuell nicht nur den gestiegenen Finanzierungskosten der letzten Monate gegenüber, sondern auch höheren Baukosten. Anders als in den letzten Jahren kann das Projekt diese Kostensteigerungen aber nicht mehr aufgrund der Mehrerlöse aus einem PPA vollständig ausgleichen, weil nun oberhalb des anzulegenden Wertes in Höhe des Ausschreibungszuschlags der Erlös abgeschöpft wird. Bei Anlagen, die kurz vor dem Finanzierungsabschluss standen, konnten die gestiegenen Kosten durch zusätzliche kurz laufende PPA´s – Stichwort Fixpreisabsicherungen – gut kompensiert werden. Dieses Potential entfällt zumindest zum Teil durch die Abschöpfungen.

Bei Finanzierungslaufzeiten von 20 Jahren sah der Finanzierungsplan bisher eine höhere Tilgung in den Anfangsjahren vor. Solch ein Projekt-Finanzstrukturkonzept unterscheidet sich vom Annuitäten-Hauskredit, der einen gleichbleibenden Kapitaldienst in regelmäßigen Raten vorsieht. Nun müssen diese Projektierer mit den Banken neu verhandeln.

Fakt ist doch auch, dass viele Projekte auch mit einer Kappung ihrer Erlöse noch Erlöswerte von effektiv vielleicht sogar dem Doppelten des Ausschreibungszuschlags erreichen, also des im EEG so genannten anzulegenden Wertes. Reicht das nicht?!

Fabian Sösemann: Ganz klar haben Bestandsanlagen im Sommer hohe Beträge erwirtschaftet. Und die mir bekannten Betreiber haben auch kein Problem damit, von diesen hohen Erlösen etwas abzugeben. Das Problem ist der neu eingeführte Mechanismus, der an Komplexität kaum zu überbieten ist und daher viel Unsicherheit in den Markt bringt. Das wird zu Marktverwerfungen führen. Würde der Staat wie bei der Mineralölindustrie die Gewinne einfach besteuern, würde sich der Anreiz zu investieren noch erhöhen.

Finanzierungsangebote werden immer flexibler, aber auch abhängig vom Direktvermarkter. Inwiefern können Direktvermarkter und Finanzierer zusammenspielen?

Fabian Sösemann: Ja, die Angebote werden flexibler, das müssen sie aber auch. Infolge der stark gestiegenen Monatsmarktwerte des Windstroms bietet das Marktumfeld – trotz Abschöpfung – die Chance für neue Finanzierungsstrukturen abseits der üblichen 20-Jahre-EEG-Finanzierung bei Windpark-Neubauten. Eine Abstimmung zwischen Anlagenbetreibern, der Bank und dem Direktvermarkter wird so enorm wichtig. Natürlich mussten Anlagenbetreiber immer schon mit den Banken sprechen, um den Fremdkapitalgebern eine gute Strukturierung des Tilgungsplans zu ermöglichen. In Zukunft werden Banken und Direktvermarkter aber auch immer mehr über unterschiedliche Produkte der Stromvermarktung sprechen. Die kurzlaufenden konventionellen Direktvermarktungsverträge unter dem Marktprämienmodell, die mit dem anzulegendem Wert aus der EEG-Ausschreibung vergütet sind, werden zum Auslaufmodell.

Die Stromdirektvermarkter können hierbei künftig aber nicht nur Abnehmer des Stromes durch ein PPA sein. Sie können mit einem so genannten Sleeved PPA auch die Direktlieferung zwischen Stromerzeuger und einem größeren Abnehmer herstellen. Dann ist das Strom verbrauchende Unternehmen selbst Vertragspartner des Anlagenbetreibers. Hier können Banken auf für sie sehr interessante längerfristige, bis zu zehnjährige Verträge setzen. Auch ein garantierter Mindestpreis ist denkbar. Dann wird bei Tiefpreisen der Strom beispielsweise an einen Elektrolyseur geliefert. 

All diese Modelle, wegen derer sich die Vorgespräche zur Finanzierung zwischen Banken und Direktvermarktern lohnen, sind nicht nur für die bisher für PPA besonders geeigneten neuen Solarparks als Alternative zur EEG-Vergütung sinnvoll.

Wie können sich Finanzierer und Projektierer in so einem angespannten Markt entgegenkommen? Bieten alle Finanzierer dieselben Finanzprodukte an?

Fabian Sösemann: Es geht nun darum, den Strommarkt mitsamt der Finanzierung neu zu denken. Die Projektierer und die Banken verabschieden sich gerade allmählich vom All-inclusive-Risikodämpfungsmodell des EEG. Stattdessen muss eine breitere Marktsicht mit einzukalkulierenden Risiken eingenommen werden. Hier sind die Banken ganz unterschiedlich aufgestellt. Einige sehen noch immer alles außerhalb des EEG als mit hohen Risiken behaftet an. Andere schauen genau hin, analysieren eine Risikostruktur. Den Finanzierern können die Projektierungsunternehmen vor allem durch Erklären der Investorensicht und der Chancen entgegenkommen. Und grundsätzlich gilt ja immer: Als Projektierer entwirft man ein Geschäftsmodell. Die Banken wiederum sind ein guter Partner, es zu challengen, wie wir sagen: es auf Schwachstellen abzuklopfen und rechnerischen Stresstests auszusetzen.

Reicht es, sich bei Neuprojekten nur auf die Banken zu konzentrieren – oder sind ­andere Finanzierungsmodelle inzwischen genauso hilfreich?

Fabian Sösemann: Andere Optionen als die bankengestützte Fremdkapitalfinanzierung sind durchaus sehr interessant, aber die Bank wird immer die solide Säule in der Finanzierung sein. Denn Banken sind als professionelle Akteure mit zwei Jahrzehnten Erfahrung im Markt wichtige Begleiter. Wir prüfen aber natürlich auch, ob Projekte eine Beteiligung der Menschen vor Ort als Stakeholder, also Anteilseigner, zulassen oder eine Schwarmfinanzierung. Allerdings bietet der Finanzierermarkt auch schon neue Begleiter wie den Dienstleister Pexapark oder Think RE an: Das sind Expertinnen und Experten mit starkem persönlichen Bankenhintergrund, die im Markt sogenannte Hedging-Geschäfte organisieren. Hier gibt es viele Ideen im Markt.

Welche Finanzierungskosten sind aktuell akzeptabel?

Fabian Sösemann: Weiterhin sollten sich Vorhabenträger am Zinssatz der staatlichen Kreditbank KfW orientieren. Ansonsten kommt es wie gesagt zunehmend auf die gute Strukturierung der Darlehen an, die mindestens genauso wichtig ist. Eine harte Grenze für sinnvolle Finanzierungskosten sehe ich daher heute nicht mehr.

Dieser Artikel wurde zuerst in der Fachzeitschrift Erneuerbare Energien veröffentlicht


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