Woher stammt die Idee des gebündelten Einkaufes von Windenergieanlagen?

Jens Godau: Seit 2010 organisieren wir Einkaufsgemeinschaften für Windenergieanlagen und bilden die Verbindung zwischen weltweit agierenden Anlagenherstellern und lokalen Projekten in Deutschland. Den Startpunkt der Einkaufsgemeinschaft bildete der Zusammenschluss von Wind-Pionieren aus Schleswig-Holstein – daher auch der Name „Schleswig-Holstein Wind GmbH“. Diese Kooperation wurde fortlaufend ausgebaut, um die Verhandlungsposition und Kompetenz in der Einkaufsgemeinschaft weiterzuentwickeln. Damit werden neben wirtschaftlichen Vorteilen, auch rechtliche Themen und technische Vertragsaspekte bestmöglich in die Vertragswerke eingearbeitet. Die Einkaufsgemeinschaft ist seit dem Start ein kooperativer Ansatz und daher so erfolgreich.

Warum kooperiert die Einkaufsgemeinschaft mit WindPlan?

Jens Godau: Der Zusammenschluss mit der WindPlan Witthohn + Frauen GmbH & Co. KG war die konsequente Weiterentwicklung der Einkaufsgemeinschaft. Darüber konnte weiteres Verhandlungs-Knowhow gebündelt und die teilnehmende Anzahl an Windenergieanlagen in der Einkaufsgemeinschaft weiter gesteigert werden. Insgesamt verhandeln wir aktuell für mehr als 200 Windenergieanlagen in über 60 Projekten.

Welche Vorteile bietet der gebündelte Einkauf von Windkraftanlagen?

Jens Godau: Durch das gebündelte und professionelle Auftreten gegenüber den WEA-Herstellern wird die Verhandlungsposition gestärkt und bestmögliche Konditionen ausgehandelt. Für die teilnehmenden Projekte werden Vertragsinhalte, Konditionen sowie Liefer- und Leistungsbedingungen transparent aufbereitet und vergleichbar. Unterschriftsreife Werkliefer- und Wartungsverträge werden über die bestehenden Rahmenverträge abrufbar und reduzieren damit zeitintensive individuelle Verhandlungen. Zusätzlich werden zu technischen und rechtlichen Spezialthemen (Schall, Insolvenz, technische Ausstattung, Transport und weiteres), weitere Experten gebündelt einbezogen. Darüber hinaus unterstützen wir auch bei der Klärung aller in der Projektabwicklung entstehenden Themen und Probleme mit dem WEA-Hersteller.

Können in der Einkaufsgemeinschaft überhaupt individuelle Projektthemen berücksichtigt werden?

Jens Godau: Über die Rahmenverträge zwischen der Schleswig-Holstein Wind GmbH und den WEA-Herstellern wird der vertragliche Rahmen definiert und die dazugehörigen Konditionen fixiert. Projektspezifische Abweichungen sind speziell bei den kleineren Projekten unumgänglich und können jederzeit eingearbeitet werden. Auch dieses begleiten wir im Sinne des Projektes. Durch die Einkaufsgemeinschaft werden Rahmenverträge für derzeit vier WEA-Hersteller bereitgestellt, aus denen jedes Projekt individuell abrufen kann. Diese Flexibilität könnte ansonsten von einzelnen, insbesondere kleineren Projekten nur schwerlich realisiert werden, da es in der Tiefe kaum möglich wäre mit mehreren WEA-Herstellern gleichzeitig zu verhandeln. Das individuelle Wind-Projekt kann sich für das Vertragswerk des Herstellers mit den besten Rahmenbedingungen, Konditionen und projektspezifischen Lösungen entscheiden.

Haben sich die Verhandlungen mit den WEA-Herstellern in den letzten 10 Jahren verändert?

Jens Godau: Die Verhandlungen haben sich grundlegend geändert. Stand zunächst vor 10 Jahren im Wesentlichen der preisliche Vorteil im Vordergrund, so ist dies heutzutage deutlich vielfältiger. Neben dem preislichen Vorteil sind die vertraglichen Bedingungen und die technischen Vertragsanlagen in den Fokus gerückt. Seit der Corona-Krise und dem Ukraine-Konflikt geht es außerdem darum, überhaupt Anlagen fristgerecht für sein Projekt zu bekommen. Die derzeit explodierenden Rohstoffpreise und begrenzten Transportkapazitäten verändern quasi wöchentlich die mit den WEA-Herstellern zu verhandelnden Vertragsaspekte und Konditionen. Das macht die aktuellen Verhandlungen mit den WEA-Herstellern aus unserer Sicht so komplex und schwierig wie noch nie.

Wie wird die zukünftige Entwicklung im Bereich des WEA-Einkaufs eingeschätzt?

Jens Godau: Wir gehen fest davon aus, dass kleine Projekte zukünftig in Deutschland ohne eine Bündelung kaum mehr von jedem WEA-Hersteller bedient werden. Die WEA-Hersteller versuchen zusätzlich den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses möglichst weit nach hinten zu schieben. Das heißt, dass Vertragswerke und Konditionen erst nach Genehmigungserhalt und Erhalt des Zuschlages gemäß EEG vom WEA-Hersteller bereitgestellt werden. Dann existiert aber faktisch keine Verhandlungsposition mehr. Dies lässt sich nur noch durch Rahmenverträge realisieren, da dann die vertraglichen Bedingungen und Konditionen fixiert sind und die Projekte kurzfristig aus diesen Rahmenverträgen abrufen können. Die Unsicherheiten auf den Weltmärkten sind aktuell enorm und die mit den WEA-Herstellern abzustimmenden Themen extrem vielfältig. Dies geht weit über rechtliche Themen hinaus. Unsere Einschätzung ist, dass die Bedeutung des gebündelten WEA-Einkaufes weiter steigen wird.


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