Die Windindustrie in Deutschland zählte Ende 2016 insgesamt 160.200 Arbeitsplätze, davon 133.000 im Onshore- und 27.200 im Offshore-Bereich. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht, der Anfang 2017 von führenden Wirtschaftsforschungsinstituten für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erstellt wurde. Mit einem Plus von gut 10 Prozent gegenüber 2015 waren damit so viele Menschen in der Windbranche beschäftigt wie nie zuvor.
Durch das starke Installationsjahr 2016 stieg die Zahl der im Bereich der Offshore-Installation Beschäftigten sogar um fast 25 Prozent oder knapp 5.000 Beschäftigte. Insgesamt entfällt inzwischen fast jeder zweite Arbeitsplatz im Bereich der Erneuerbaren Energien auf die Windkraft. Zum Vergleich: Die Luft- und Raumfahrt kommt hierzulande auf etwa 100.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze.
Insgesamt entfällt inzwischen fast jeder zweite Arbeitsplatz im Bereich der Erneuerbaren Energien auf die Windkraft.
Dabei steigt der Anteil der Stellen in Wartung und Betrieb der Anlagen weiter an. An Land legte der Wert um zwei Prozentpunkte auf 26 Prozent zu. In der Offshore-Windbranche ist die Quote mit 39 Prozent konstant hoch.
Laut einer Studie im Auftrag der Verbände der Windenergiebranche vom März 2016 verteilen sich die Beschäftigungseffekte dabei auf das gesamte Bundesgebiet. Das gilt auch für Bundesländer, die selbst nur wenige Anlagen installiert haben. Die Endfertigung der Anlagen erfolgt zwar überwiegend im Norden, die Zulieferindustrie hat sich aber überall angesiedelt, schwerpunktmäßig in Nordrhein-Westfalen (18.490 Beschäftigte im Jahr 2015), Bayern (11.820) und Baden-Württemberg (9.490). Nordrhein-Westfalen ist dabei die Nummer zwei nach Niedersachsen (32.300). Dies führte zuletzt dazu, dass die Landesregierung in Düsseldorf trotz anfänglicher Vorbehalte gegen einen weiteren Zubau an Windkraft eine Bundesratsinitiative zugunsten von Onshore-Wind organisierte.
Ausschreibungssystem kostet Arbeitsplätze
2017 trübte sich laut der Gewerkschaft IG Metall die Beschäftigungslage bundesweit jedoch ein und die Aussichten wurden schlechter. Schuld sei in erster Linie der Wechsel des Fördersystems hin zu Ausschreibungen. Eine Befragung von Betriebsräten aus 38 Unternehmen bundesweit mit 24.000 Mitarbeitern habe ergeben, dass mehr als 40 Prozent von einer negativen Marktentwicklung insbesondere für die Hersteller ausgehen. In knapp einem Viertel der Unternehmen erwarten die Betriebsräte einen Beschäftigungsabbau.
„Die Situation in der Windindustrie spitzt sich zu – schneller und deutlicher, als wir es befürchtet hatten", sagt Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste. „War vor einem Jahr von Entlassungen und Standortschließungen noch keine Rede, sind davon jetzt zahlreiche Unternehmen sowohl aus dem Onshore- als auch dem Offshore-Bereich betroffen.“Bis zu2.000 Jobs seien 2017 verlorengegangen.
So hat der Anlagenhersteller Senvion seine norddeutschen Standorte in Husum und Trampe sowie die Rotorblatttochter Powerblades in Bremerhaven geschlossen. Der Rotorblatthersteller Carbon Rotec musste im Oktober Insolvenz anmelden. Die Produktion von Offshore-Windrädern der Firma Adwen in Bremerhaven stellt der neue Eigentümer Siemens Gamesa ein. Der Konzern wird sich von bis zu 6.000 seiner weltweit 27.000 Mitarbeiter trennen. Auch Nordex kündigte an, bis zu 500 Arbeitsplätze zu streichen.
Besonders betroffen war 2017 die Offshore-Windkraft, für die die Bundesregierung ihr Ausbauziel von ursprünglich 25.000 auf 15.000 MW gesenkt hat. Im sogenannten Cuxhavener Appell forderten die Branche, die IG Metall und die Bundesländer im September im Schulterschluss ein Anheben des Ziels auf mindestens 20.000 MW. Das sei nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes geboten, auch zur Sicherung der Arbeitsplätze.
Branchenverbände und Politik hoffen nun, den Abbau von Arbeitsplätzen besonders bei den Herstellern mit der Anhebung des geplanten Ausbaus der Windenergie an Land und auf See abzufangen.