Welche Fälle des Repowerings werden erfasst?

§ 16b Abs. 2 des Bundes-­Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) enthält eine Definition von Repoweringvorhaben, denen letztlich die Verfahrens­vereinfachungen der Vorschrift zugutekommen sollen. Bei einem Repowering im Sinne eines vollständigen Austauschs der Anlage findet § 16b BImSchG nur Anwendung, wenn die neue Anlage innerhalb von 24 Monaten nach dem Rückbau der Bestandsanlage errichtet wird und der Abstand zwischen Bestandsanlage und neuer Anlage höchstens das zweifache der Gesamthöhe der neuen Anlage beträgt. Es geht damit letztlich nur um standortgleiches bzw. standortnahes Repowering, das ferner den genannten zeitlichen Zusammenhang zwischen Abbau der Altanlage und Errichtung der Neuanlage voraussetzt. Ein bestimmtes Verhältnis der Anzahl von Alt­ und Neuanlagen oder der Anlagengrößen zueinander fordert das Gesetz hingegen nicht.

Zu beachten ist ferner, dass es sich bei § 16b BImSchG um einen Unter­fall der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung handelt. Die Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens setzt aber voraus, dass Inhaber der Altgenehmigung und Antragsteller des Repowerings personenidentisch sind. Hier muss also nötigenfalls recht­zeitig vor Erteilung der Änderungsgenehmigung ein Betreiberwechsel hinsichtlich der Altanlagen durchgeführt werden, damit § 16b BImSchG anwendbar ist.

Grundsatz: Vergleichsbetrachtung zwischen Alt­ und Neuvorhaben Gemäß § 16b Abs. 1 BImSchG werden im Rahmen eines Änderungs­genehmigungsverfahrens für ein Repowering auf Antrag des Vorhaben­trägers nur Anforderungen geprüft, soweit durch das Repowering im Verhältnis zum gegenwärtigen Zustand unter Berücksichtigung der aus­ zutauschenden Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden und diese für die Prüfung nach § 6 erheblich sein können. Dies läuft auf eine Vergleichsbetrachtung zwischen der Situation vor und nach Durch­führung des Repowerings hinaus, von einigen auch als „Delta­Prüfung“ bezeichnet. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Vorhabenträger aus­drücklich eine Repowering­Genehmigung nach § 16b BImSchG beantragt.

Anwendung auf Schallfragen

§ 16b Abs. 3 BImSchG konkretisiert die Grundaussage des Absatzes 1, wo­nach die Genehmigung eines Repoweringvorhabens nicht versagt werden darf, wenn dieses Vorhaben zwar nicht alle Immissionsrichtwerte der TA Lärm einhält, wenn aber der Immissionsbeitrag der Repoweringanlage nied­riger ist als der Immissionsbeitrag der durch sie ersetzten WEA, und wenn die Repoweringanlage dem Stand der Technik entspricht. Eine schalltechni­sche Verbesserung durch das Repowering ist damit regelmäßig zuzulassen, auch wenn sich im Ergebnis immer noch eine Richtwertüberschreitung er­geben sollte. Wirklich neu ist dieser Ansatz nicht, da auch die in Nr. 3.2.2 TA Lärm enthaltene Sonderfallprüfung bereits ein solches Vorgehen ermöglich­te. Der Vorteil des § 16b BImSchG liegt aber darin, dass nunmehr Klarheit herrscht und sich der Vorhabenträger gegenüber der Genehmigungsbehör­de ausdrücklich auf diese Vorschrift berufen kann. Voraussetzung ist dabei aber, dass die Repowering­WEA dem Stand der Technik entspricht, sodass sie z. B. nicht ton­ oder impulshaltig sein darf.

Vereinfachungen für die artenschutzrechtliche Prüfung?

§ 16b Abs. 4 S. 2 BImSchG besagt, dass Auswirkungen der zu ersetzenden Bestandsanlage bei der artenschutzrechtlichen Prüfung als „Vorbelastung“ berücksichtigt werden müssen. Gemeint ist hiermit trotz des missglück­ten Wortlauts nicht etwa die Vorbelastung, wie sie z. B. im Rahmen einer schalltechnischen Prüfung zu verstehen ist – es geht vielmehr dar­um, dass eine ursprünglich bestehende Vorbelastung durch das Repowe­ring wegfällt. Darauf weist auch die Gesetzesbegründung des zuständigen Ausschusses des Bundestages hin. Demgemäß ist zu prüfen, ob durch die Änderungen im Rahmen des Repowerings die Belastungen für die vor Ort auftretenden Arten sinken oder steigen. Eine Verringerung der Anlagenzahl und größere Anlagenhöhen führen laut Gesetzesbegründung regelmäßig zu geringeren artenschutzrechtlichen Problemen. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die in § 16b Abs. 1 BImSchG enthaltene Vergleichsbetrachtung auch im Rahmen der artenschutzrecht­lichen Prüfung Gültigkeit beansprucht.
Dies ergibt sich ebenfalls aus der Gesetzesbegründung, denn diese legt dar, welche Gesichtspunkte im Rahmen der durchzuführenden arten­schutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen sind. Hingewiesen wird u. a. auf die Veränderung des Abstandes zwischen Neuanlage und geschützter Art im Verhältnis zum Abstand der Bestandsanlage zur geschützten Art sowie auf die individuelle Flughöhe, die bei vielen Vogelarten aufgrund der erhöhten Rotordurchgangshöhe am Mast ein geringeres Kollisionsrisi­ko zur Folge haben wird.
Ergänzend verweist die Ausschussbegründung auch auf die Möglichkeit, eine artenschutzrechtliche Ausnahme erteilt zu bekommen, falls durch das Repowering doch eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos entstehen sollte. Leider spiegeln sich diese Ausführungen aber in keiner Weise im Gesetzeswortlaut wider, sodass abzuwarten bleibt, wie die Pra­xis und letztlich die Gerichte hiermit umgehen werden. Angesichts der im Zusammenhang mit artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen für WEA offenen Rechtsfragen ist eher davon abzuraten, den Weg über die artenschutzrechtliche Ausnahme zu gehen, wenn es sich – z. B. mit der Durchführung von Schutzmaßnahmen – vermeiden lässt.

Von § 16b BImSchG unberührte Punkte

In § 16b Abs. 5 BImSchG wird ausgeführt, dass die Prüfung anderer öffent­lich­rechtlicher Vorschriften, insbesondere des Raumordnungs­, Baupla­nungs­ und Bauordnungsrechts, unberührt bleibt. Damit ermöglicht § 16b BImSchG leider kein vereinfachtes Repowering außerhalb von Konzentra­tionszonen bzw. Vorranggebieten mit Regelausschlusswirkung. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung dieses heiße Eisen mög­licherweise anpackt und eine Änderung des § 16b BImSchG initiiert.

Schlussfolgerung

Auch wenn der Gesetzgeber die Genehmigung von Repoweringvorhaben mit Schaffung des § 16b BImSchG vereinfachen wollte, bleibt festzuhal­ten, dass die Vorschrift leider unter ihren Möglichkeiten bleibt. Es liegt nunmehr in der Hand des Antragstellers, selbst zu entscheiden, ob er den Weg über § 16b BImSchG geht oder einen immissionsschutzrechtlichen Neugenehmigungsantrag nach § 4 BImSchG stellt. In diesem Zusammenhang wird auch darüber diskutiert, ob sich der Vorschrift des § 16b BImSchG allgemeine Grundsätze entnehmen lassen, die dazu führen, dass bestimmte Vereinfachungen bei der Genehmigung von Repowe­ringvorhaben dem Vorhabenträger auch im Rahmen eines Neugeneh­migungsverfahrens zugutekommen. Es wird insoweit auch entscheidend von der Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Genehmigungsbehörde abhängen, ob Genehmigungsverfahren für Repoweringprojekte in Zu­kunft schlanker und schneller abgeschlossen werden können.

Dieser Beitrag wurde erstmals im BetreiberBrief 4/2021 veröffentlicht.


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