Die Stromerzeugung aus Wind und Sonnenenergie unterliegt starken Schwankungen und richtet sich nicht nach dem Strombedarf der Verbraucher. Um das Netz nicht zu überlasten, müssen Netzbetreiber immer häufiger eingreifen und die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen herunterfahren oder ganz abschalten – denn das zeitweise Zu- und Abschalten von konventionellen Erzeugern ist mit hohen Kosten verbunden.

 

Dezentral, flexibel und nachhaltig

Microgrids sind kleine, geografisch eingegrenzte Stromnetze, in denen Strom aus meist erneuerbaren Energiequellen erzeugt, lokal verteilt und verbraucht wird. Energiespeicher machen es gleichzeitig möglich, überschüssigen Strom verbrauchernah zwischenzuspeichern und damit das übergeordnete öffentliche Netz zu entlasten. Durch die örtliche Nähe zwischen Erzeugern und Verbrauchern werden zudem Verluste durch die Stromübertragung minimiert und so eine noch effizientere Nutzung des erzeugten Stroms gewährleistet. Außerdem machen Microgrids die Verbraucher autonom und unabhängig vom öffentlichen Netz.

Im Unterschied zu Smart Grids können Microgrids sowohl netzgebunden als auch netzunabhängig betrieben werden. Im netzunabhängigen „Insel-Betrieb“ gewährleisten Microgrids die Stromversorgung für eine bestimmte Zeit autark. Im netzgebundenen Modus kann der Erzeuger Überschüsse beispielsweise zur Spitzenlastabdeckung in ein Verbundnetz einspeisen und bei einem größeren Bedarf kann Strom aus diesem bezogen werden.

Smarte Netzkomponenten und Steuerungen sorgen dafür, dass die Energiebilanz im Microgrid ausgeglichen und die Netzfrequenz stabil bleibt. Im Falle eines Stromausfalls des Verbundnetzes wird das Microgrid abgekoppelt und stellt so die Stromversorgung der angebundenen Verbraucher für eine bestimmte Zeit sicher.

Zuverlässiges Energiemanagement

Die Herausforderungen für Betreiber von Microgrids liegen im Erhalt der Netzstabilität, dem Management des bidirektionalen Stromflusses und der Vielzahl von Daten, die verarbeitet werden müssen. Hierfür sind Automatisierungslösungen für ein erfolgreiches und sicheres Energiemanagement notwendig. Netzmessungs- und Schutzsysteme stellen eine zuverlässige Messung, Überwachung und Synchronisation sicher. Durch die direkte Integration ins Automatisierungssystem wird die Kommunikation mit externen Geräten überflüssig. Netzinformationen wie Frequenz, Netzqualität, Spannung, Strom und Leistung können in Echtzeit verarbeitet werden.

 

Offene Kommunikation

Steuerungssysteme müssen viele bestehende Normen und Standards erfüllen und flexibel erweiterbar sein. International erforderliche Fernwirkprotokolle der Energietechnik sollten als Software-Lösung ohne Aufwand installiert und konfiguriert werden können. Das ermöglicht die Kommunikation und der Datenaustausch mit Systemen verschiedener Hersteller. Ergänzend zu den Anforderungen an Wirk- und Blindleistungsregelung gemäß VDE-Richtlinie sollten auch die übergeordneten Funktionalitäten wie Primärreglung, Clustering und Priorisierung gewährleistet sein.

Integrierte Sicherheit

Mit der zunehmenden Komplexität von Stromnetzen erhöht sich auch deren Anfälligkeit für Cyberangriffe oder Fehlkonfigurationen. Um sich bestmöglich gegen Produktionsausfälle zu schützen, ist ein mehrstufiges IT-Sicherheitskonzept empfehlenswert. Automatisierungslösungen können umfangreiche Sicherheitsfunktionen „ready-to-use“ bereitstellen. Abhörsichere Datenübertragung durch verschlüsselte Netzwerkverbindungen, eine flexibel konfigurierbare, authentifizierte Zugriffskontrolle, ein gehärtetes Betriebssystem mit detaillierter Protokollierung sämtlicher Zugriffe sowie Backup- und Recovery-Mechanismen sind wünschenswert.

Dieser Beitrag erschien im BWE-BetreiberBrief 3/2024.

 

Über den Autor

Stephan Unger ist Head Of Corporate Communications bei der Bachmann electronic GmbH. Er ist Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik und Marketingspezialist, der eine eigene Agentur für strategisches Marketing betrieben hat. Er verfügt über die Zertifizierung für Offshore-Einsätze und begleitet Bachmann-Crews zu Service-Einsätzen bei Offshore-Windparks, wo er neben den Service-Tätigkeiten unter anderem Film- und Fotomaterial erstellt.

 


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