Halbjahreszahlen Windenergie an Land: Historisch niedriger Zubau trotz sehr guter Wachstumsperspektiven – Genehmigungsstau dringend auflösen
Der Zubaurückgang der Windenergie an Land in Deutschland zeigt sich im ersten Halbjahr 2019 deutlich. Die von der Deutschen WindGuard im Auftrag von BWE und VDMA Power Systems erhobenen Zahlen ergeben für die ersten sechs Monate 2019 einen Bruttozubau von 287 MW bzw. 86 Anlagen. Dies entspricht einem Rückgang um 82 Prozent im Vergleich zum bereits schwachen Vorjahreszeitraum. Zieht man den Rückbau von Windenergieanlagen ab, ergibt sich ein Nettozubau von lediglich 231 MW bzw. 35 Anlagen - dies ist der schlechteste Wert seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000. Die Zahlen bleiben zudem deutlich hinter der im EEG vorgesehenen jährlichen Ausbaumenge zurück.
„Die Bundesregierung spricht einerseits von der Erreichung ambitionierter Ausbau- und Klimaschutzziele für die Jahre 2030 und 2050, andererseits fehlt hierfür die Perspektive. Das Delta zwischen Anspruch und Wirklichkeit nimmt zu. Genehmigungsstau und Klageflut belasten die Branche und führen zur Unterzeichnung der aktuellen Ausschreibungen. Die derzeitige Schwäche des deutschen Markts liegt nicht an den Unternehmen der Branche, die kosteneffiziente und hochinnovative Produktneuheiten auf den Markt bringen, sondern an politischen Rahmenbedingungen im Bund sowie in einzelnen Ländern. Wir befinden uns mitten in einer Talsohle. Diese müssen wir dringend verlassen“, kommentiert Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie.
Prognose für 2019 auf ca. 1.500 MW korrigiert
In den Jahren 2014 bis 2017 lag der jährliche Zubau bei durchschnittlich 4.600 MW. Für 2019 rechnen BWE und VDMA Power Systems aufgrund von Fehlern im Ausschreibungsdesign und Genehmigungsstau mit einem Zubauvolumen von rund 1.500 MW, wobei auch diese Prognose mit Risiken behaftet ist. Damit korrigieren die Verbände ihre Prognose aus dem Januar nach unten.
„Es ist hart für die Branche, jetzt die Prognose kappen zu müssen, denn wir sehen ja, dass mehr Erneuerbare Energie gebraucht wird. Immer mehr Industrie-Unternehmen wollen klimaneutral produzieren. Wärme und Verkehr brauchen zusätzlich erneuerbaren Strom. Es wird zum Standortfaktor, Stromnachfrage nach Erneuerbaren Energien decken zu können. Noch besteht die Möglichkeit, durch politisches Umsteuern die Trendwende zu schaffen und für die Jahre ab 2020 wieder eine Perspektive zu eröffnen. Wir schließen uns deshalb der Bitte an die Kanzlerin an, einen Windenergie-Gipfel zu organisieren, um neue Impulse zu setzen und wieder das Schrittmaß der industriellen Entwicklung zu bestimmen“, betont Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems.
„Ende des Jahres werden die EU-Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten übermittelt. Es muss jedem klar sein, dass diese vergleichbar mit Bewerbungen um Investitionen aus aller Welt sind. Hier können Investoren ablesen, wie ambitioniert und mit welcher Stabilität der Umbau des Energiesystems vorangeht. Die Feststellung, dass wir einen „Herbst der Entscheidungen“ vor uns haben ist also keineswegs aus der Luft gegriffen“, führt Matthias Zelinger weiter aus.
Stockende Genehmigungen, zunehmende Klagen und Ende der EEG-Vergütungszeiträume verschärfen die Situation
Die kürzlich veröffentlichte Drehfunkfeuer. Angesichts der abnehmenden Bedeutung dieser Anlagen brauche es eine schnelle Lösung durch den Bundesverkehrsminister und die zuständigen Landesminister, machten die Branchenvertreter deutlich.
" target="_blank" class="external" title="https://www.wind-energie.de/glossar-liste/glossar/genehmigungsverfahren/" target="_blank" class="external" title="Vor der Errichtung eines Windparks bedarf es dessen Genehmigung. Diese erfolgt in der Regel nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Im Genehmigungsverfahren müssen sämtliche Standorteigenschaften berücksichtigt werden, außerdem werden eine Reihe von Gutachten erstellt.">Genehmigungsverfahren fest. Wir können es uns nicht erlauben, den Lastenträger des künftigen Energiesystems weiterhin in dieser Form auszubremsen. In seinem Aktionsplan zeigt der BWE sehr dezidierte Maßnahmen für schnelle administrative Regelung in Ländern und im Bund auf, die die Politik zügig aufgreifen sollte“, sagt Hermann Albers.
„Ab 2021 fallen Bestandsanlagen sukzessive aus der EEG-Fördersystematik. Hier sind flexible und praktikable Lösungen erforderlich, um Repowering und Weiterbetrieb zu gewährleisten. Bis 2025 geht es um 16.000 MW Windenergieleistung. Dies ist eine für die Energieversorgung unseres Landes relevante Größe. Mit Blick auf diese Bestandsanlagen, aber auch für den Neubau, müssen Eigenversorgungs- sowie Direktbelieferungsmöglichkeiten verbessert werden. Deshalb gehört die Reform von Abgaben und Umlagen im Energiesystem jetzt auf die Tagesordnung“, so Albers weiter.
Internationale und nationale CO2-Reduktionsbestreben schaffen mittelfristig hervorragende Perspektiven für Windenergie
Die Regierungskoalition hat eine Erhöhung des Erneuerbaren-Anteils an der Stromversorgung auf 65 Prozent bis 2030 zugesagt. Bis 2050 soll Deutschland weitgehende Treibhausgasneutralität erreichen. Dafür braucht es nach Berechnungen des Bundesverbands Erneuerbare Energie einen jährlichen Windenergiezubau an Land von 4.700 MW. Das Nachsteuern über Sonderausschreibungen im Zuge des Energiesammelgesetzes war richtig. Es fehlt aber weiterhin ein klares Mengengerüst für den Zubau der Windenergie bis 2030. Hier muss die Bundesregierung endlich liefern!
Gute Aussichten für die globale Windindustrie
Die Perspektive für die globale Windindustrie ist positiv. Für die Jahre 2019 – 2023 prognostiziert der Global Wind Energy Council für die Region Asien einen Zubau von Windenergie an Land von 145.000 MW, gefolgt von Europa sowie der Region Nord- und Südamerika mit jeweils 63.000 MW. Allein im Jahr 2019 wird für den Weltmarkt ein Zubau von rund 59.000 MW prognostiziert. „Mit nur noch 2,5 Prozent des Weltmarktvolumens droht Deutschland als Innovations- und Industriestandort den Anschluss zu verlieren. Die Windenergie ist weltweit eine der Schlüsseltechnologien für Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung. Sie gehört in den Mittelpunkt einer klaren industrie- und wirtschaftspolitischen Strategie für Deutschland. Nur so werden die Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im wachsenden Weltmarkt langfristig wettbewerbsfähig bleiben können“, sagt Matthias Zelinger.