Nicht selten wurde mit solchen künstlichen Nisthilfen versucht Vögel anzulocken, um Windenergieprojekte zu verhindern oder zu erschweren. Denn bereits bei der Planung von Windenergieanlagen ist man bemüht bestimmte Abstände zu Brutplätzen und Vogellebensräumen einzuhalten. Auch im konkreten Genehmigungsverfahren für ein Windenergieprojekt wird nochmals geprüft, ob die jeweiligen Abstandsvorgaben (aus Artenschutzleitfäden oder heute § 45b BNatSchG i.V.m. Anlage 1 zum BNatSchG) zu Brutplätzen von gefährdeten Vogelarten eingehalten werden. Sind die Abstände zu gering, kann dies sogar das Aus für ein Vorhaben oder einzelne Anlagenstandorte bedeuten.

Eigentlich gut für die Windenergienutzung geeignete Flächen werden durch das künstliche Anlocken von Tieren gesperrt und – für den nicht seltenen Fall, dass am Standort bereits Anlagen vorhanden sind und ein weiterer Zubau verhindert werden soll – wird, wenn der Anlockversuch erfolgreich ist – das angesiedelte Tier von den Gegnern der Windenergie sogar bewusst einer Gefährdung preisgegeben. Ein Vorgehen, bei dem sowohl der Artenschutz als auch der Klimaschutz nur verlieren kann. Insofern ist es nicht überraschend, dass dieses Thema immer wieder Gerichte aber auch den Gesetzgeber beschäftigt hat.

Erst jüngst hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 28.08.2023 – 7 A 1109/23) eine Rückbauverfügung für eine Nisthilfe für Weißstorche mangels erforderlicher Baugenehmigung bestätigt. Das gibt Anlass, die rechtlichen Rahmenbedingungen kurz zu umreißen.

Baurecht

Nisthilfen können genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen darstellen. Das gilt nicht für kleine Brutkästen, die an Bäumen befestigt werden, wohl aber kommt dies für größere, freistehende Nisthilfen für Großvögel in Betracht. Fehlt es an einer erforderlichen Baugenehmigung, kann die Bauordnungsbehörde den Rückbau verfügen (so auch im angeführten Fall aus Nordrhein-Westfalen für einen „Mast mit Kopfplatte“).

Baumaßnahmen – und dazu zählt die Errichtung von baulichen Anlagen (vgl. z.B. § 2 Abs. 13 NBauO) – bedürfen, wenn sie nicht genehmigungsfrei gestellt sind einer Baugenehmigung (vgl. z.B. § 59 NBauO, § 60 BauO NRW, § 59 Abs. 1 LBO SH). Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer baulichen Anlage sind nicht hoch. So werden bauliche Anlagen – je nach Bauordnung leicht abweichend – definiert als

„mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen“

(vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 NBauO, § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, § 2 Satz 1 LBO SH). Auch die Bauprodukte sind in den Bauordnungen der Länder definiert (vgl. z.B. § 2 Abs. 14 NBauO, § 2 Abs. 11 BauO NRW, § 2 Abs. 11 LBO SH); dazu zählen u.a. natürlicher oder künstlicher Stein, Sand, Zement, Kalk, Lehm, Holz, Stahl, Glas, Dämmstoffe usw. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass auch die relativ einfache Konstruktion einer Nisthilfe bestehend aus „Mast mit Kopfplatte“, die im Boden verankert ist, als bauliche Anlage einzuordnen ist. Anders kann das aber zu beurteilen sein, wenn die künstliche Nisthilfe lediglich in einem Baum befestigt ist; dann fehlt es in der Regel an der (künstlichen) Verbindung zum Erdboden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.10.2020 – OVG 11 S 72/20, für einen im Baumwipfel angebrachten (Nist-)Korb). Auf den Einzelfall kommt es also an.

Liegt dann eine Baumaßnahme/bauliche Anlage vor, so ist eine Baugenehmigung erforderlich, wenn die Baumaßnahme nach der jeweiligen Bauordnung nicht verfahrens- oder genehmigungsfreigestellt sind. In Nordrhein-Westfalen betreffend den „Mast mit Kopfplatte“ war das nicht der Fall. In Hessen hingegen sind Nisthilfen für Vögel bis zu einer Höhe von 10 m gem. § 63 HBO i.V.m. Nr. 13.15 der Anlage zu § 63 HBO genehmigungsfrei. Auch an dieser Stelle heißt es also, es kommt auf den Einzelfall an. Je nach Ausgestaltung der Nisthilfe und anwendbarer Bauordnung kann eine Genehmigungspflicht bestehen.

Wird eine Nisthilfe ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet, ist sie formell baurechtswidrig und die Bauordnungsbehörden können (auch auf Hinweis eines betroffenen Windparkprojektierers) einschreiten und bauaufsichtliche Maßnahmen bis hin zur Rückbauverfügung treffen (vgl. z.B. § 79 Abs. 1 NBauO, § 82 BauO NRW, § 80 LBO SH). Einen Anspruch auf Einschreiten hat der „betroffene“ Projektierer jedoch in der Regel mangels Verletzung eigener Rechte nicht.

Naturschutzrecht

Auch der Gesetzgeber hat das Problem, dass der Artenschutz zur Verhinderung von Windenergievorhaben durch das Errichten künstlicher Nisthilfen instrumentalisiert wird, erkannt und zum 29. Juli 2022 mit § 45b Abs. 7 BNatSchG eine Regelung getroffen, die dem Phänomen entgegenwirken soll und über die naturschutzrechtliche Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG auch durchgesetzt werden kann. Die Regelung lautet:

„Nisthilfen für kollisionsgefährdete Vogel- und Fledermausarten dürfen in einem Umkreis von 1.500 Metern um errichtete Windenergieanlagen sowie innerhalb von Gebieten, die in einem Raumordnungsplan oder in einem Flächennutzungsplan für die Windenergienutzung ausgewiesen sind, nicht angebracht werden.“

Die Regel knüpft an errichtete Windenergieanlagen und bestehende Gebietsausweisungen für die Windenergie an. Für in Aufstellung befindliche Gebietsausweisungen oder im Genehmigungsverfahren befindliche Anlagenstandorte greift die Regelung nicht – hier helfen aber ggfs. die bauordnungsrechtlichen Vorschriften weiter. Auch wird man aus dem Wortlaut („dürfen […] nicht angebracht werden“) wohl ableiten müssen, dass die Vorschrift in die Zukunft gerichtet ist, die Naturschutzbehörden also nicht unter Bezugnahme auf die Regelung befugt sind, ältere – vor Inkrafttreten der Norm errichtete – Nisthilfen entfernen zu lassen. Auch hier besteht für betroffene Projektierer mangels der Betroffenheit einer drittschützenden Norm aber kein Anspruch auf behördliches Einschreiten. Die Naturschutzbehörden sind aber gut beraten, wenn sie auf entsprechende Hinweise die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorgaben konsequent durchsetzen. Gleiches wird vice versa ja auch von den Anlagenbetreibern im Hinblick auf naturschutzrechtliche Regelungen beim Betrieb ihrer Anlagen erwartet.

Ferner kann man sich die Frage stellen, ob nicht derjenige, der entgegen den Vorgaben in § 45b Abs. 7 BNatSchG eine Nisthilfe für kollisionsgefährdete Vögel in unmittelbarer Nähe zu einer Windenergieanlage errichtet, dadurch selbst die Tiere einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko aussetzt uns somit gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstößt und sich ggfs. sogar der Verfolgung wegen Ordnungswidrigkeiten (§ 69 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) BNatSchG) oder Straftaten (§ 71a Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) aussetzt.

Fazit

Die Instrumentalisierung von Nisthilfen zur Verhinderung von Vorhaben der Windenergienutzung steht häufig im Konflikt mit baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben. Auf entsprechende Hinweise können die jeweiligen Behörden bei Verstößen gegen Bau- oder Naturschutzrecht einschreiten und den Rückbau verfügen.

Richtig eingesetzt, können Nisthilfen aber auch zur Realisierbarkeit eines Vorhabens beitragen; etwa wenn sie im Rahmen eines Schutzkonzeptes dazu beitragen gefährdete Tierarten aus dem Vorhabenbereich herauszuverlagern.

Fragen hierzu oder zu anderen Themen rund um die Zulassung von Windenergievorhaben beantworten Dr. Andreas Hinsch, Dr. Mahand Vogt und Benjamin Zietlow, Kanzlei BLANKE MEIER EVERS.

 


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