„Ein notwendiger ambitionierter Aufbruch sieht anders aus“

„Auch wenn sich im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der am 23.09.2020 durch das Bundeskabinett verabschiedet wurde, einige für die Branche positive Themen finden lassen, gibt es eine Reihe von Punkten, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland massiv gefährden würden, sollten sie so eins zu eins umgesetzt werden“, sagt Torsten Szielasko, Geschäftsführer von GAIA. So begrüßt Szielasko zum Beispiel den Vorschlag des Bundeskabinetts, künftig eine freiwillige Abgabe von bis zu 0,2 Cent/kWh an Kommunen zu geben, um die Akzeptanz von Windenergieanlagen zu erhöhen.

Laut Entwurf soll bis zum Jahr 2030 die installierte Leistung von Windenergie an Land auf 71 Gigawatt und von PV-Anlagen auf 100 Gigawatt gesteigert werden. „Das entspricht leider bei der Windenergie nur dem oberen Rand, bei der Photovoltaik leicht darüber, was im Klimaschutzprogramm 2030 geregelt wurde. Ein notwendiger ambitionierter Aufbruch sieht anderes aus“, sagt Torsten Szielasko.

Ab dem 01.01.2021 fallen alle Windenergie- und Photovoltaikanlagen, die bis einschließlich 31.12.2000 installiert wurden, aus der EEG-Förderung. Allein bei der Windenergie sind Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4000 Megawatt davon betroffen und bis Ende 2025 folgen jährlich weitere 2.300 bis 2.400 Megawattleistung. Zudem sind die Ausbauzahlen der Windenergie seit in Kraft treten des EEGs 2017 stark zurückgegangen. So wurden bis Ende Juni 2020 bundesweit nur 186 Windenergieanlagen mit einer Bruttoleistung von 587 Megawatt in Betrieb genommen.

„Weil aber in diesem Zeitraum auch Anlagen stillgelegt wurden, lag der Nettozubau bei 528 Megawatt. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, die bestehenden und in der Bevölkerung zumeist akzeptierten Anlagen möglichst lange zu betreiben“, sagt Szielasko und schlägt vor, mithilfe des notwendigen „Weiterbetriebgutachtens“ die weitere Laufzeit von Altanlagen festzustellen und eine garantierte Anschlussvergütung von beispielsweise 4,5 Cent/kWh an das Ergebnis des Gutachtens zu koppeln. Ein anderes Modell wäre, die durch den Strommarkt zu zahlende Vergütung mit einer „free floating“-Komponente zu ergänzen, welche die Differenz bis zu einen Betrag von 4,5 Cent/kWh ausgleicht.

Szielasko kritisiert den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums, dass alle Erneuerbare Energien-Neuanlagen über 100 Kilowatt künftig an den Zeiten keine EEG-Vergütung mehr erhalten sollen, an denen der Börsenstrompreis mindestens eine Stunde negativ ist. Aktuell gilt diese Regelung, wenn die Börsenstrompreise mehr als 6 Stunden negativ sind. „Mit der 6-Stunden-Regelung gab es von 2019 auf 2020 eine exponentielle Zunahme an Tagen ohne Vergütung. Mit dem neuen Vorschlag würden die Zeiten ohne EEG-Vergütung auf das Jahr gerechnet schätzungsweise von neun auf 12 Prozent zunehmen. Dieses unkalkulierbare Risiko trägt keine Bank mit, was die Finanzierung neuer Anlagen von normalen Planern und Betreibern erschweren würde.“ Hier sieht Szielasko die Gefahr, dass sich künftig nur noch große Energieversorger Erneuerbare Energien-Anlagen leisten könnten und, dass die Bürger-Energiewende nicht mehr stattfindet.