So darf sich bei Windenergieanlagen der Schallpegel in der Nachtzeit um maximal 4 Dezibel gegenüber dem bisher genehmigten Wert erhöhen. Dafür ist eine Zulassungsfiktion vorgesehen: Eine beantragte Abweichung gilt demnach nach Ablauf eines Monats nach Eingang des Antrags als zugelassen, wenn der Antrag hinreichend bestimmt ist, sich die beantragte Abweichung auf Anforderungen an die Geräusche zur Nachtzeit beschränkt und natürlich eine Gasmangellage vorliegt. Zugelassene Abweichungen sollen zunächst bis zum 15. April 2023 befristet sein.
Der Bundestag hat am 29.09.2022 die 14. Änderung des BImSchG beschlossen. Unter anderem erlaubt nunmehr der neue § 31 j die behördliche Zulassung von Überschreitungen der nach der TA Lärm maßgeblichen Schallimmissionsrichtwerte bei Vorliegen einer Gasmangellage.
Überschreitungen der TA-Lärm-Richtwerte bei Gasmangellage
Genauer gesagt „soll“ die Behörde sogar auf Antrag des Betreibers eine solche Überschreitung zulassen. Allerdings unter recht sperrig formulierten Voraussetzungen, u.a. dann, solange und soweit diese Überschreitung „wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit“ erforderlich ist. Die Gesetzesbegründung stellt zwar klar, dass eine Gasmangellage mit Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas vorliegt. Ein Betreiber muss also diese Voraussetzung nicht etwa nachweisen, im Übrigen ist diese Alarmstufe bekanntermaßen längt ausgerufen. Ansonsten aber begnügt sich die Gesetzesbegründung mit der Klarstellung „Die Gewährung von Ausnahmen nach dieser Vorschrift soll weit angewandt werden. Welche Ausnahmen wann möglich sind hängt unter anderem von der tatsächlichen Ausprägung der Mangellage und dem Umfang der Emissionsänderung ab.“
Hier ist also eine Prüfung des Einzelfalls gefragt. Wenn aber die Voraussetzungen des § 31j BImSchG vorliegen, bedarf es sodann weder einer Anzeige nach § 15 BImSchG noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG. Es genügt, wenn der Betreiber einer Anlage bei der zuständigen Behörde die Zulassung der Überschreitung beantragt. Über die Zulassung soll schnell in einem vereinfachten Verfahren entschieden werden, so die Gesetzesbegründung.
Beschleunigte Öffentlichkeitsbeteiligung und vorzeitiger Baubeginn
Zudem gelten mit Vorliegen der ernsten und erheblichen Gasmangellage neue Vorschriften für die Öffentlichkeitsbeteiligung in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Sie dienen der Beschleunigung. So sind Antragsunterlagen nunmehr für eine Woche auszulegen, die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 BImSchG verkürzt sich auf eine Woche nach Auslegungsende. Und die Genehmigungsbehörde soll auf die Durchführung eines Erörterungstermins nach § 10 Absatz 6 BImSchG verzichten.
Ebenfalls der Beschleunigung dienen die neuen Sonderregelungen in § 31e BImSchG für eine Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nach § 8a BImSchG .
Das sind erhebliche Neuerungen, die der Gesetzgeber zwar auf zwei bzw. vier Jahre befristet hat. Sie treten aber gleich nach der Verkündung in Kraft. Antragsteller, die aus aus Gründen des Schallschutzes bislang nur eingeschränkt betreiben dürfen, sollten daher insbesondere umgehend prüfen, ob für sie die Zulassung der Überschreitung der TA-Lärm-Richtwerte im Falle der aktullen Gasmangellage relevant ist.