Biogasanlagen sollen auch nach dem Kabinettsentwurf weiterhin unter die Erlösabschöpfung fallen. Allerdings wurde der Sicherheitszuschlag von 6 ct/kWh auf 7,5 ct/kWh angehoben. Ob dies angesichts der besonderen Kostenstruktur von Biogasanlagen ausreichend ist, darf bezweifelt werden. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 01.12.2022 angesetzt. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen die Erlösabschöpfung im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens möglicherweise noch erfährt.

Formulierungshilfe der Bundesregierung bereitet parlamentarisches Verfahren vor

In den vergangenen Wochen kursierten verschiedene offizielle und inoffizielle Denkansätze zur Ausgestaltung von Strompreisbremse und Erlösabschöpfung, die für erhebliche Verunsicherung in der Branche sorgten. Nun hat die Bundesregierung am 22.11.2023 eine Formulierungshilfe für ein Strompreisbremsegesetz (StromPBG) in die Verbändeanhörung gegeben, die erstmals etwas Licht ins Dunkel bringt. Doch an vielen Stellen bleibt die Verunsicherung – und an inhaltlicher Kritik der Verbände mangelt es nicht (etwa hier). Der aktualisierte Zeitplan sieht derzeit einen Kabinettsbeschluss Ende der Woche vor. Die erste Lesung im Bundestag soll am 01.12.2022 stattfinden.

Berechnung der technologiespezifischen Erlösobergrenze

Neu im Vergleich zum Eckpunktepapier ist die Aufnahme einer De-Minimis-Regelung. Zur Vermeidung unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwands bleiben Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 1 MW von der Erlösabschöpfung verschont. Für EE-Anlagen findet allerdings insoweit eine Anlagenzusammenfassung nach § 24 EEG statt, so dass etwa mehrere BHKW einer Biogasanlage leistungsseitig zu addieren sind.

Im Übrigen orientiert sich die Formulierungshilfe an dem Anfang November bekannt gewordenen Eckpunktepapier und konkretisiert dieses weiter. So bleibt es etwa bei dem sog. „Treppenansatz“, der auf technologiespezifischen Erlösobergrenzen basiert. Für Erneuerbare Energien, die einen EEG-Förderanspruch geltend machen können, soll insoweit der jeweilige anzulegende Wert maßgeblich sein – unabhängig davon, ob sich die Anlagen in der geförderten oder in der sonstigen Direktvermarktung befinden. Für Anlagen ohne anzulegenden Wert (z.B. PPA-Neuanlagen oder ausgeförderte Anlagen) ist eine Erlösobergrenze von 10 ct/kWh vorgesehen.

Hinzu kommt jeweils ein Sicherheitszuschlag in Höhe von grundsätzlich 3 ct/kWh. Doch hier steckt der Teufel im Detail. Für Biogasanlagen etwa wird der Sicherheitszuschlag aufgrund ihrer besonderen Kostenstruktur auf 6 ct/kWh festgelegt. Bei Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen soll demgegenüber der Sicherheitszuschlag zusätzlich um 6 Prozent des energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes erhöht werden, um gestiegene Direktvermarktungskosten abzufedern. Gänzlich leer ausgehen sollen schließlich Anlagen, deren EEG-Förderung bereits ausgelaufen ist. Hier will die Bundesregierung den Sicherheitszuschlag komplett streichen.

Wahlrecht bei Ermittlung der Überschusserlöse

Kompliziert wird es auch bei der Berechnung der Überschusserlöse, von denen 90 % abgeschöpft werden. Im Grundsatz sollen hierfür die erzielbaren Spotmarkterlöse als Maßstab dienen. Der Überschusserlös entspricht demnach den für die jeweilige Strommenge erzielbaren Spotmarkterlösen abzüglich der technologiespezifischen Erlösobergrenze einschließlich Sicherheitszuschlag. Für Windenergieanlagen und Solaranlagen sollen bei dieser Berechnung nicht die Spotmarkterlöse, sondern die kalendermonatlichen Erlöse auf Basis des energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes zugrunde gelegt werden.

Ein nach dieser Formel berechneter Überschusserlös wird grundsätzlich unwiderleglich vermutet – unabhängig davon, welche Erlöse tatsächlich erzielt wurden. Allerdings gibt es davon zwei Ausnahmen. Zum einen wird der Überschusserlös um das Ergebnis aus Absicherungsgeschäften korrigiert (Terminvermarktung), sofern dort Preise unterhalb der aktuellen Spotmarktpreise langfristig gesichert werden. Verfahren und Umfang der Korrektur, die äußerst komplex und in zwei Anlagen zum StromPBG detailliert geregelt sind, hängen dabei davon ab, ob die Absicherungsgeschäfte vor oder nach dem 01.11.2022 abgeschlossen wurden.

Zum anderen wird Anlagenbetreibern für die Laufzeit eines vor dem 01.11.2022 abgeschlossenen, anlagenbezogenen Vermarktungsvertrages (z.B. Direktvermarktungsvertrag) die Option zugestanden, anstelle der Spotmarkterlöse oder der Monatsmarktwerte die tatsächlichen Erlöse zugrunde zu legen. In diesem Fall treffen den Anlagenbetreiber zusätzliche Meldepflichten. Zudem verringert sich der Sicherheitszuschlag hierbei auf 1 ct/kWh.

Zu beachten ist, dass es sich hierbei um eine einmalige Option handelt. Wird der Vertrag nach dem 01.11.2022 zugunsten eines neues Vertrages beendet, fällt der Anlagenbetreiber mit Laufzeitbeginn des neuen Vertrages auf die Berechnung nach Spotmarkterlösen bzw. Monatsmarktwerten zurück. Vor diesem Hintergrund dürfte bei einem geplanten Wechsel des Direktvermarkters künftig Vorsicht geboten sein. Neuanlagen mit Inbetriebnahme ab 01.11.2022 erhalten ebenfalls einmalig die Möglichkeit, die tatsächlichen Erlöse auf Grundlage des ersten abgeschlossenen Vermarktungsvertrages zu berücksichtigen.

Rückwirkung – und jede Menge Bürokratie

Wie bereits im Eckpunktepapier angelegt, soll die Erlösabschöpfung rückwirkend ab 01.09.2022 greifen und zunächst bis 30.06.2023 befristet sein. Allerdings ist eine Verlängerung durch Verordnung der Bundesregierung bis höchstens 31.12.2024 möglich.

Die ohnehin schon komplexen Regelungen werden flankiert von umfangreichen bürokratischen Anforderungen, die die Abwicklung der Erlösabschöpfung mit sich bringt. Die Zahlung des Abschöpfungsbetrages muss durch den Anlagenbetreiber an den Verteilnetzbetreiber erfolgen, wobei eine quartalsweise Abrechnung vorgesehen ist. Damit einher gehen umfangreiche Meldepflichten, die dem Anlagenbetreiber sowohl gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber wie auch gegenüber dem Netzbetreiber auferlegt werden.

Ob sich die Formulierungshilfe in allen Details im parlamentarischen Verfahren behaupten kann, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. In jedem Fall ist auch dann das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn das gesamte Gesetz darf erst nach beihilferechtlicher Genehmigung durch die EU-Kommission angewandt werden. Es bleibt also weiterhin spannend.