Technologiespezifische Erlösobergrenze statt 180 €-Deckel

Den aktuellen Überlegungen zufolge soll die Abschöpfung von Zufallsgewinnen über eine technologiespezifische Erlösobergrenze erfolgen. Das Eckpunktepapier spricht insoweit von einem sog. „Treppenansatz“. Zusätzliche Sicherheitszuschläge sollen dazu beitragen, unbillige Härten zu vermeiden. Anders als in der EU-Notfall-Verordnung (EU) 2022/1854 vorgesehen, soll es damit nach dem Willen der Regierung keine allgemeingültige Obergrenze von 180 € je MWh geben. Damit drängt sich die Frage auf, ob die vorgesehene technologiespezifische Umsetzung überhaupt europarechtskonform wäre.

Zur konkreten Höhe sowohl der technologiespezifischen Obergrenzen wie auch der Sicherheitszuschläge schweigt das Eckpunktepapier derzeit. Soweit aus der Presse bekannt, gingen die internen konzeptionellen Überlegungen zunächst von einem Sicherzeitszuschlag von 3 ct/kWh aus. Die technologiespezifische Obergrenze sollte bei geförderten EE-Anlagen dem anzulegenden Wert entsprechen. Hierzu scheint es jedoch regierungsintern bislang keine Einigung zu geben.

Von den Erlösen, die oberhalb der berechneten Abschöpfungsbeträge liegen, sollen 90 % abgeschöpft werden. Die restlichen 10 % sollen beim Erzeuger verbleiben, damit dieser einen Anreiz erhält, den Strom trotz Erlösabschöpfung möglichst gewinnbringend zu vermarkten. Betroffen hiervon sind – neben Kernenergie, Braunkohle, Mineralöl und Abfall – grundsätzlich alle Erneuerbaren Energien. Als Ausnahmen nennt das Eckpunktepapier lediglich Biomethan und „Sondergase“. Nach dem derzeitigem Kenntisstand wird man daher wohl davon ausgehen müssen, dass auch Biogasanlagen – trotz ihrer besonderen Kostenstruktur – von der Abschöpfung betroffen sind.

Die EU-Notfall-Verordnung eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, Anlagen mit einer installierten Leistung bis 1 MW von der Erlösabschöpfung auszunehmen. Hierzu verhält sich das Eckpunktepapier nicht, so dass zu vermuten steht, dass die Regierung von dieser De-Minimis-Regelung wie in der Vergangenheit schon oft keinen Gebrauch machen will.

Rückwirkung ja – aber nur ein bisschen?

Nach dem Willen der Regierung soll die Erlösabschöpfung (nach entsprechender operativer Vorbereitung) voraussichtlich ab März 2023 umgesetzt werden – dann allerdings rückwirkend zum 01.09.2022. Das ursprüngliche Konzept sah noch eine rückwirkende Abschöpfung ab 01.03.2022 für die Spotmarktvermarktung vor, was zu erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken geführt hatte. Davon rückt die Bundesregierung nun offenbar ab und nimmt eine weniger lange Rückwirkung in den Fokus. Ein verfassungsrechtliches Problem sieht sie hierbei nicht, da spätestens seit September die Erlösabschöpfung öffentlich diskutiert worden sei und sich daher kein Vertrauensschutz bei den Betreibern habe entwickeln können.

Ob diese Begründung auch für Terminmarktgeschäfte, die bereits vor September 2022 geschlossen wurden, tragfähig ist, darf allerdings bezweifelt werden. Entgegen der ursprünglichen Überlegung einer stufenweisen Einführung der Erlösabschöpfung sollen nun auch Geschäfte am Terminmarkt und Langfristverträge bei EE-Anlagen (sog. „Grüne PPAs“) in die rückwirkende Abschöpfung ab 01.09.2022 einbezogen werden.

Hinsichtlich der Abwicklung scheint es ebenfalls ein Umdenken gegeben zu haben. Während ursprünglich eine Einziehung über die Verteilnetzbetreiber – ähnlich einer „umgekehrten EEG-Umlage“ – angedacht war, setzt man nun offenbar auf eine Selbstveranlagung der Anlagenbetreiber. Auch hier sind jedoch noch viele Details offen.

Weiterer Zeitplan

Das Eckpunktepapier macht mit Blick auf die Abschöpfung von Zufallsgewinnen seinem Namen alle Ehre – es zeichnet sich bislang in der Tat nur ein ganz grober Rahmen ab, bei dem viele Fragen offenbleiben. Über die Details verhandeln die beteiligten Kreise derzeit intensiv hinter den Kulissen. Nach Planungen der Regierung soll ein darauf basierendes Strompreisbremsegesetz bereits am 18.11.2022 vom Kabinett beschlossen werden und schon wenige Tage später in das parlamentarische Verfahren gehen, so dass noch vor Weihnachen der Beschluss im Bundesrat erfolgen kann. Gern halten wir Sie hier über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.