Förderung der heimischen EE-Produktionskapazitäten über die gesamte Wertschöpfungskette

Europa befindet sich in einem zunehmenden Wettbewerb mit Drittstaaten um die Neuansiedlung bzw. den Verbleib von Industrieunternehmen und Produktionsstandorten. Dies betrifft auch den Erneuerbare-Energien-Sektor und führt dazu, dass weiterhin Abhängigkeiten von Auslandsmärkten bestehen bzw. sich diese zukünftig noch vergrößern könnten und die zum jetzigen Zeitpunkt noch funktionierende deutsche Windindustrie, ähnlich der Solarindustrie, dem Risiko ausgesetzt wird, im internationalen Wettbewerb zunehmend abgehängt zu werden. Zeitgleich haben die Onshore-Wind-Ausschreibungen in Deutschland (und weltweit) kaum wettbewerbsfördernden Charakter, sondern sind vor allem in der Ausgestaltung des zulässigen Höchstwerts selbst ein Hemmnis. Die daraus resultierenden (erfreulicherweise) niedrigen Stromgestehungskosten auf der einen Seite, führen auf der anderen Seite, seit Jahren zu sinkenden Margen in der Windindustrie. Die politischen Rahmenbedingungen der EU und der Bunderegierung sollten darauf ausgerichtet werden, dass die Resilienz der heimischen Erneuerbare-Energien-Branche, von der Produktion der Anlagenkomponenten über die Projekte (Energieinfrastruktur) bis hin zum Betrieb konsequent erhöht werden.

  • EEHH begrüßt die zuletzt angekündigte Industrieförderung für die PV-Modulproduktion in Deutschland durch das BMWK, um die heimische Produktion wiederzubeleben und die Abhängigkeit von Auslandsmärkten zu reduzieren.
  • Eine ähnliche Förderung ist auch für die deutsche Windindustrie notwendig, damit der Anschluss an die, insbesondere im Bereich F&E, stark subventionierte chinesische Windindustrie nicht verloren geht. Wir treten zudem dafür ein, dass die mit den Ausbauzielen für Onshore-Windenergie vereinbarten Regelungen zum zulässigen Höchstwert in den Ausschreibungen bei Kostenänderungen automatisch angepasst werden. Die Höchstpreise sollen daher gekoppelt werden an einen Industriepreisindex, um das realwirtschaftliche Geschehen zu berücksichtigen.
  • Da bei einem Ausschreibungsvolumen von 6 GW in 2023 und 10 GW ab 2024 kein signifikanter Wettbewerb für Onshore-Windparks zu erwarten ist, sollte das Ausschreibungsverfahren in seinen Teilnahmekonditionen stark vereinfacht werden. Pönalen bei Verzögerungen der Inbetriebnahme durch beklagte Genehmigungen beispielsweise sind hinderlich und sollten abgeschafft werden.
  • Bei Offshore-Windenergie muss durch eine Förderung von Hafen-, Fertigungs- und Zulieferinfrastruktur sichergestellt werden, dass ein signifikanter (Wert-)Anteil (z.B. > 40%) des Offshore-Zubaus bis 2030 in Deutschland von der Industrie im Inland geleistet werden kann.

 

Genehmigungen beschleunigen

Das Gelingen einer nachhaltigen Mobilitäts- und Wärmewende, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und damit einhergehend die Sicherung des starken Wirtschaftsstandortes Hamburg hängen wesentlich von einem zügigen und umfassenden Ausbau von Erneuerbaren Energien sowie dem Umbau und der Modernisierung der Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung ab. Auch bei insgesamt guten Bedingungen und Prozessen in Hamburg bedarf es derzeit oft mehrerer Jahre für Planung, Genehmigung und Umsetzung. Wir nehmen erfreut zur Kenntnis, dass die auf EU- und Bundesebene erfolgten Verbesserungen, beispielsweise die Notfallverordnung, das EEG, das Windenergie-an-Land-Gesetz oder das Solarpaket I, erste positive Wirkungen entfalten.

Auch in Hamburg müssen die genehmigenden Behörden, Bezirke und Träger öffentlicher Belange in die Lage versetzt werden, die künftig voraussichtlich signifikant steigenden Genehmigungsanfragen dauerhaft effizient und mit hoher (personeller) Kontinuität zu bearbeiten und gleichzeitig strategisch wichtige Themen wie beispielsweise die kommunale Wärmeplanung anzugehen. Auch für neuartige Verfahren und Anlagen, z.B. für die Wasserstoffwirtschaft, müssen Genehmigungen zügig und zielgerichtet bearbeitet werden, um die Umsetzung der Energiewende in Hamburg zu beschleunigen. EEHH unterstützt die folgenden vom Hamburger Energiewendebeirat verfassten Vorschläge an den Hamburger Senat, die schnelle Genehmigungsprozesse ermöglichen sollen:

  • Rechtliche „Vorfahrt“ für erneuerbare Energien, Verteilernetzausbau und Ladeinfrastruktur
  • Priorisierung von großen Energiewendeprojekten und Stakeholder-Einbindung vor dem Genehmigungsverfahren
  • Planungskoordinator: in für die Vereinheitlichung von Genehmigungsverfahren einberufen
  • Der Senat soll Planstellen erheblich aufstocken und eine Ermöglichungskultur in den Behörden weiterentwickeln für kommende neuartige Projekte.
  • Erweiterung der Befugnisse für Genehmigungsbehörden bei Vergabe von Gutachten
  • Zentrale Stelle („One Stop Shop“) als Ansprechpartner für Vorhabensträger und Vorabstimmung
  • Standardisierte Genehmigungsverfahren und weitgehende Digitalisierung

Der Hamburger Senat soll zudem die Grundlage für einen beschleunigten Ausbau der Wärmenetze (und auch der sonstigen Energieinfrastruktur) und eine beschleunigte Anschlussverdichtung schaffen. Dies muss gleichzeitig oder sogar vorlaufend mit der Umstellung von Erzeugungsanlagen und der Erschließung von Abwärmequellen erfolgen.

 

Eine Regulatorik für die Sektorenkopplung

Im Laufe einer Transformation wie der Energiewende werden stets neue Hindernisse auftauchen, denn Regulatorik, Prozesse und Verfahrensweisen müssen kontinuierlich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Die Sektorenkopplung ist von essenzieller Bedeutung für die Integration der fluktuierenden Erneuerbaren Energien und somit Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Das Verbundprojekt NEW 4.0 hat von 2016 bis 2020 demonstriert, dass wichtige Konzepte wie beispielsweise Batteriespeicher, Power-to-Heat oder Lastmanagement technisch möglich sind, digital effektiv gesteuert werden können und einen wichtigen Beitrag zur Systemstabilität und Resilienz leisten können. Viele Teilprojekte standen jedoch vor dem Problem, dass fehlende oder unpassende Regulatorik keinen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen. Die Weiterentwicklung der Regulatorik im Sinne der Sektorenkopplung ist überfällig und muss mit hoher Priorität von der Bundesregierung angegangen werden.

  • Die „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ erarbeitet derzeit Vorschläge für das Strommarktdesign der Zukunft, in dem sich Erzeuger und Speicher am Markt refinanzieren können. Die Vorschläge sind zeitnah umzusetzen, denn bereits heute zeigt sich der Mangel an Speichern und

(Last-)Flexibilität am deutschen Strommarkt.

  • Zu einer sinnvollen Regulatorik gehören auch zeitvariable Netzentgelte und (regionale) Entgeltkomponenten, die systemdienliches Verhalten anreizen.

 

Fachkräfte als Voraussetzung für die Energiewende

Hamburg ist bereits Windkrafthauptstadt Europas mit zahlreichen Akteuren, die in den Bereichen On- und Offshore aktiv sind. Die von EEHH veröffentlichte Solarpotenzialstudie hat gezeigt, dass Hamburg auch Solarstadt werden kann, wenn die Potenziale strategisch erschlossen und neue Solar-Akteure nach Hamburg gebracht werden. Hamburg zu einem Hotspot der Wasserstoffwirtschaft und zu einem Drehkreuz für Wasserstoffimporte zu entwickeln, ist ein weiteres strategisches Ziel, das die Zukunft des Industriestandorts sichern soll. Um diese Ziele umzusetzen, werden Fachkräfte auf allen Ebenen und in allen Sektoren benötigt. Der Mangel an Fachkräften ist ein derzeit viel diskutiertes Problem, dem sich Hamburg stellen muss, sonst könnte sich die Transformation der Energiesysteme massiv verzögern. Während unsere Unternehmen neue Wege gehen müssen, um als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, sind wesentliche Aspekte des Fachkräftemangels auf Landesebene politisch zu adressieren.

  • Strategien zur Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften, im In- und Ausland, müssen ein essenzieller Bestandteil der Hamburger Wirtschafts- und Klimapolitik werden und sind maßgebend für das Erreichen der Klimaziele.
  • Als Cluster ist es unsere Aufgabe, die verschiedenen Akteure und Initiativen zusammenzuführen, Bedarfe aufzunehmen und zu kommunizieren, sowie auch unsere Mitgliedsunternehmen – insbesondere KMU - beim Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu begleiten.
  • Dazu werden wir beispielsweise an Jobmessen partizipieren, Hochschulabsolventen überregional ansprechen und an der Entwicklung neuer Trainingsprogramme und Schulungen mitwirken.

 

Urheber des Positionspapers:

Förderverein des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg e.V.