Frau Höfken, der 3. Windbranchentag Rhein/Main/Saar findet in Anlehnung an die „For Future“-Bewegungen dieses Jahr unter dem Motto „Wind Energy for Future – Warum wir Teil der Lösung sind“ erstmalig in Mainz statt. Welche Reaktionen haben die streikenden Schüler im Umweltministerium und in der Landesregierung ausgelöst?

Ulrike Höfken: Mit unserem Klimaschutzgesetz haben wir in Rheinland-Pfalz bereits 2014 die Weichen für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik gestellt. Unser Ziel: Rheinland-Pfalz muss bis 2030 weitgehend klimaneutral sein.

Wir setzen uns mit Nachdruck auf allen bundespolitischen und europäischen Ebenen für die Beseitigung der Hemmnisse für Klimaschutz und Energiewende ein. Ein Baustein zur Zielerreichung im Land ist das Klimaschutzkonzept, das wir aktuell fortschreiben. In diesen Prozess haben wir die klimapolitische Jugend miteinbezogen – bei einer Klimaschutzkonferenz im Frühjahr und bei der Jahrestagung der Energieagentur konnten sie Vorschläge und Anregungen für mehr Klimaschutz einbringen. Aktuell läuft die Onlinebeteiligung zur Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts bis zum 27. September. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände zu intensiver Beteiligung unter www.machmit-klimaschutzkonzept-rlp.de auf. Die Vorschläge fließen in den politischen Abstimmungsprozess in der Landesregierung und im Landtag ein.

Am 22. November organisieren wir zudem ein Jugendklimaforum, von dem ich dann Vorschläge zur Weltklimakonferenz in Chile mitnehmen werde. Klar ist: Klimaschutz ist die Top-Herausforderung unserer Zeit. Die „For Future“-Bewegung hat den Handlungsbedarf und die politische Verantwortung deutlich gemacht und den Druck erhöht. Wir müssen auf allen Ebenen ambitionierter handeln, um unserer Jugend eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.

Die Halbjahreszahlen haben wachgerüttelt, Peter Altmaier lud zum Windkraftgipfel. Was sind Ihre Lösungsansätze für mehr Genehmigungen, mehr Flächenausweisung und letztendlich für das Erreichen des 65%-Erneuerbare-Energien-Ziels 2030?

Ulrike Höfken: Die Beseitigung der Hemmnisse auf Bundesebene ist dringlich und die länderspezifischen Gegebenheiten sind unterschiedlich.

Für Rheinland-Pfalz sehe ich aktuell nicht das Problem des Flächenengpasses. Vielmehr sind es bundespolitische Hemmnisse wie der Zubaudeckel im Erneuerbare-Energien-Gesetz, die immer noch fehlende Regionalisierung und massive Benachteiligung der Süd- Länder, die den Windenergieausbau dramatisch ausbremsen, und bei den bereits genehmigten Projekten z.B. anhängige Klagen.

In Rheinland-Pfalz wurden im ersten Halbjahr 2019 im bundesweiten Vergleich die meisten Windenergieanlagen in Betrieb genommen, 15 WEA mit insgesamt 49 MW installierter Leistung. Was sind die Gründe für diesen überdurchschnittlichen Zubau und wie planen Sie, diesen Trend fortzusetzen?

Ulrike Höfken: Leider ist das kein angemessener Ausbau, der dem Bedarf an kostengünstiger und umweltfreundlicher Energieerzeugung gerecht wird, sondern Ausdruck des bundesweiten Stillstands. Es ist sicher kein Trend, den wir fortsetzen wollen – im selben Zeitraum konnte 2013 das 4,3-fache und 2014 das 3,8-fache an Windkraftanlagen in unserem Land ausgebaut werden! Wir müssen schleunigst zu den ausbaustarken Jahren zurückkehren: Nur mit einer Energieversorgung, die vollständig auf umweltgerecht eingesetzten erneuerbaren Energien aufbaut, und mit einer Wärme- und Verkehrswende sowie einer klimaangepassten Landwirtschaft wird es uns gelingen, den Klimawandel aufzuhalten und unseren Wald, unsere seltenen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Die Klimaerwärmung ist in unserem Bundesland schon dramatisch spürbar: Etwa zwei bis drei Millionen Bäume sind den Auswirkungen 2018 und 2019 zum Opfer gefallen, die Grundwasserneubildung ist in den vergangenen 15 Jahren um etwa zwölf Prozent zurückgegangen und die Jahresdurchschnittstemperatur bereits um 1,6 Grad Celsius gestiegen.

 

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Vielen Dank für das Gespräch!