Was ändert die Streichung der übergangsweisen Weiterförderung für Ü20-Altanlagen, um das beihilferechtliche „No“ der EU zum Erneuerbare-Energien-Gesetz zu verhindern, fürs Repowering?

Julia Blom: Da die Weiterförderung im EEG 2021 nur für Anlagen vorgese-hen war, die nicht repoweringfähig sind, sind die Auswirkungen auf das Re-powering begrenzt. Inzwischen haben sich die Strompreise auch stabilisiert, so dass ein Weiterbetrieb oft möglich sein wird. Wollen sie eine ausgeför-derte Anlage weiter betreiben, benötigen sie einen Stromliefervertrag, ein sogenanntes PPA, das durch die Marktpreise bestimmt wird. Einen groben Orientierungswert bieten dafür die Futures an der Strombörse in Leipzig, also die Preise, die für Lieferungen in ein bis zwei Jahren gezahlt werden. Hiervon müssen sie aber Windstrom-Sicherheitsabschläge von bis zu einem Viertel für die Volatilität des wetterabhängigen Windenergieaufkommens in Kauf nehmen. Das Dienstleistungsunternehmen für die Direktvermarktung des Windstroms an den Strombörsen bekommt ebenfalls ein bisschen ab. Und die Erzeugungskosten sind bei älteren Anlagen wegen der geringeren Effizienz und der Abnutzung in der Regel höher als bei neuen WEA. Wir haben auf unserer Webseite übrigens ein Angebot für Betreiber: Damit kön-nen sie anhand ihrer bisherigen Kosten den Strompreis ermitteln, den sie im PPA mindestens für den auskömmlichen Weiterbetrieb benötigen. Wo es zulässig ist, bleibt aber das Repowering immer die bessere Alternative.

Wie schwer ist es aktuell, Repoweringprojekte in der Ausschreibung durchzusetzen?

Julia Blom: Im Moment haben wir durch die fast immer unterzeichneten Ausschreibungen in allen Projekten auskömmliche Erträge. Die Zuschläge in den Ausschreibungen bewegen sich mangels ausreichender Konkurrenz nahe der zulässigen Höchstgrenze von sechs Cent pro Kilowattstun-de immer den Zuschlag erhalten. Dies wird jetzt aber geändert. Leider nicht durch die dringend notwendige Ausweisung neuer Flächen, die den Ausbau beschleunigen und den Wettbewerb erhöhen würde, sondern durch die Verknappung der Ausschreibungsmengen.

Gibt es einen Mindestfaktor, wie sehr sich die Erzeugungskapazität durch den Austausch der kleineren Alt- gegen leistungsstärkere Neuanlagen erhöhen muss, damit es rentabel wird?

Julia Blom: Neueste Repoweringprojekte tauschen Altanlagen mit 1 bis 1,5 MW Nennleistung durch 5-MW-Anlagen aus – also mit dem Faktor drei bis fünf. Hinzu kommt, dass die Neuanlagen aus technischen Grün-den auf eine viel höhere Volllaststundenzahl kommen, also bei größerer Auslastung Strom erzeugen. Demnach ist die Rentabilität hier schnell ge-geben. Anders wird es vielleicht erst, wenn das Repowering der nächsten viel effizienteren Generation von Windturbinen ansteht. Aber: Durch den generellen Mangel an neu ausgewiesenen Flächen ist der Druck zu repowern enorm – weil wir Windenergieunternehmen ja nur eher wenige neue Windparks an ungenutzten Standorten verwirklichen können. Die finanziellen Forderungen der Betreiber der Bestandsanlagen sind deshalb entsprechend hoch. Wären sehr viel mehr Flächen auf dem Markt, würde der Markt diesen Preis vielleicht effizient regeln. So aber ist Repowering trotz günstiger Voraussetzungen nicht leicht zu kalkulieren.
Ist Repowering ein Treiber für Akzeptanz?

Julia Blom: Wir sehen schon, dass bestehende Flächen, an die die Anwoh-ner gewöhnt sind, weniger reflexhafte Ablehnung hervorrufen als Green-field-Entwicklungen. Dazu kommt der Aspekt des „Aufräumens der Land-schaft“. Dieser wird in den Gemeinden meist positiv bewertet, zumal die neuen Anlagen in der Regel auch weiter von der Wohnbebauung entfernt stehen als die alten. Und noch ein Aspekt: Wir haben aktuell ein Projekt in Niedersachsen in der Entwicklung. Da haben wir mit dem Altbetreiber, ei-ner klassischen Bürger-Gesellschaft, eine Kooperation für das Repowering-Projekt geschlossen. Den Bürgern war es sehr wichtig, dass das Projekt vor Ort bleibt, also weiter von den Bürgern aus der Region betrieben wird, und das haben wir hinbekommen. Anstelle der ursprünglichen Altanlagen-betreiber, die noch zu den Pionieren der Windkraft gehören, wird dort die nächste, jüngere Generation von Bürgern den neuen Park übernehmen. Und diese nutzen gerne unsere Expertise, um inzwischen viel komplexere Genehmigungsverfahren durchzuführen – mit heute 20 dicken Ordnern für den Papierkram eines Antrags statt wie damals vielleicht 20 Seiten. In einem solchen Bürger-Projekt können wir zwar nicht den sonst von uns angestrebten Deckungsbeitrag ausschöpfen. Aber der Zugewinn an Akzep-tanz beschleunigt das Vorhaben und macht es sicherer.

Bringt der neue § 16b BImschG die erhofften Erleichterungen für das Repowering?

Julia Blom: Um ganz ehrlich zu sein: Der große Wurf ist § 16b nicht. Das muss dringend überarbeitet werden. Immerhin soll wohl beim Artenschutzrecht die Vorbelastung durch den Bestandspark berücksichtigt werden, also dass sich durch ein Repowering die artenschutzrechtliche Lage für windkraftsensible Arten wie Uhu oder Rotmilan in der Regel verbessert: Die Zahl der Anlagen wird reduziert und der rotorfreie Luftraum über dem Boden vergrößert sich, was die Kollisionsgefahr mit den betroffenen Vögeln reduziert. Aber insgesamt ist die Regelung nicht wirklich klar und materiellrechtliche Dinge sollten auch in den entsprechenden Fachgesetzen geregelt werden, nicht im Verfahrensrecht. Wir werden sehen, ob und wie das in den Verfahren dann umgesetzt wird. 

Und was ist mit der Raumplanung?

Julia Blom: Planungsrechtlich wünschen wir uns schon eine leichte Privilegierung von Repoweringvorhaben. Starre Abstandsregelungen zu Häusern und Siedlungen im Sinne des Anwohnerschutzes werden der Si-tuation vor Ort oft nicht gerecht, da wünschen wir uns etwas mehr Flexibilität. Wenn ich ein akzeptiertes Bestandsgebiet habe, sollte es generell möglich sein, auch mit verringerten Siedlungsabständen zu planen. 

Die schützenden Normen in Bezug beispielsweise auf Schall, Schatten oder bedrängende Wirkungen gelten ja weiterhin.

In der traditionellen Windenergieregion Schleswig-Holstein lässt vieler-orts einzig Repowering größere Windparkprojekte zu. Nehmen die neuen Regionalpläne des Landes dies auf?
Julia Blom: Im Prinzip geht das in Schleswig-Holstein Beschlossene in die richtige Richtung, was wir als Branche durch den Bundesverband Wind-energie fordern: Nämlich neue Windparkeignungsflächen in relevantem Umfang auszuweisen – offiziell wie von uns gefordert auf zwei Prozent der Landesfläche. Dieses Ziel wird aber gleich wieder unterlaufen, indem für die Genehmigung ein Mindestabstand der drei- bis fünffachen Turbinen-gesamthöhe zu Gebäuden und Siedlungen gefordert wird. Bei modernen Anlagen von mehr als 200 Metern Gesamthöhe können die ausgewiese-nen Gebiete also gar nicht voll ausgenutzt werden. Die Vorranggebiete für Repowering sind von den Auswahlkriterien her nicht privilegiert. Sie dienen nur der Verschiebung von Anlagenstandorten, die nicht mehr ge-wollt sind. Und das ist etwa ein Drittel aller Anlagen in Schleswig-Holstein. Ein Großer Schub speziell für Repowering ist das nicht. Es gibt inzwischen ja auch mehr als 20 Klagen gegen den Regionalplan.

Das Interview führte Tilman Weber im Auftrag des BWE. Es erschien zu-nächst in der Fachzeitschrift „Erneuerbare Energien“ und wurde für den BetreiberBrief aktualisiert.


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