Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die Europäische Union und Deutschland ihre Ausbauziele für die Windenergie erheblich steigern. Doch schon die bisher festgelegten Ausbauziele werden nicht erreicht, weil die planerische Ausweisung von Flächen und die Genehmigung von Windenergieanlagen schon seit mehreren Jahren ins Stocken ge­raten sind. Der Windenergieausbau muss daher erheblich beschleunigt werden. Dazu sind vielfältige Rechtsänderungen erforderlich – und auch möglich. Auch wenn nicht alle aktuell diskutierten Ideen und Vorschlä­ge zielführend oder aufgrund europa­ und völkerrechtlicher Vorgaben umsetzbar sind, eröffnen sich dem Gesetzgeber dennoch zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Im Folgenden werden Leitplanken sowie aus­gewählte Optionen und Werkzeuge aufgezeigt, die der Gesetzgeber für die Verbesserung der Ausbausituation beachten sollte und nutzen kann.

1. Ein Gesamtkonzept ist notwendig

Um den Windenergieausbau zu beschleunigen, ist ein sachgerech­ter Rechtsrahmen essenziell. Er sollte auf einem Gesamtkonzept und abgestimmten Anpassungen fußen; eine bloße Umsetzung von Einzelmaßnahmen verspricht hingegen keinen Erfolg. Ein derartiges Gesamtkonzept muss alle relevanten Bereiche der Planung und Ge­nehmigung umfassen: von der Ausweisung von Flächen über das Ge­nehmigungsverfahren bis hin zu etwaigen Rechtsschutzverfahren. Für all diese Bereiche braucht es einen konsistenten rechtlichen Rahmen. 

2. Verbesserungen im bestehenden System vor Systemwechsel

Die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen muss nicht gänzlich neu gedacht werden. Bevor der Gesetzgeber zu einem grundlegenden Systemwechsel greift, sollte er zunächst alle Lösungs­optionen im bestehenden System ausreizen. Damit können ein Faden­riss und lange Umsetzungs­ und Anpassungszeiträume vermieden werden. Das derzeitige System bietet noch weitreichende Spielräume für Verbesserungen und kann auf einer langjährigen Übung und Erfahrung sowie Rechtsprechung aufbauen, die in vielen Bereichen Orientierung stiftet und damit Rechtssicherheit vermittelt. Gerade mit Blick auf die hohe Dringlichkeit des Ausbaus der Windenergie als wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz lässt dies allzu tiefgreifende Eingriffe eher in den Hintergrund treten.

3. Ausreichend Flächen bereitstellen

Um ausreichend Flächen bereitzustellen, bedarf es einer bundes­rechtlichen Mengenvorgabe. Diese sollte mit der Flächenplanung der Planungsträger dergestalt verbunden werden, dass die mit einer Konzentrationszonenplanung einhergehende Ausschlusswirkung nur eintritt, wenn die Mengenvorgabe erfüllt wird. Soll die Ausweisung von Flächen weiterhin über das Instrument der Konzentrationszonen­planung stattfinden, muss dieses zudem reformiert werden. Ihre Komplexität und der mit ihr verbundene Planungsaufwand können reduziert werden. Hierfür können sie auch in Richtung von Positivpla­nungen weiterentwickelt werden. Auch auf die fehleranfällige Unter­scheidung harter und weicher Tabuzonen könnte man weitgehend verzichten. Zudem gibt es weitere Ansatzpunkte, die den Planungs­aufwand reduzieren und zu mehr Rechtssicherheit führen. Für die erfolgreiche Umsetzung der Flächenmengen muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass zahlreiche Planungsräume nicht durch langwierige Moratorien gesperrt werden. Flächenintensive Hemm­nisse auf Bundes­ und Landesebene müssen zudem begrenzt und die bisher für die Windenergienutzung gesperrten Flächen als Suchräume für individuelle planerische Lösungen geöffnet werden. 

4. Genehmigungssituation verbessern

Die Genehmigungssituation von Windenergieanlagen ließe sich zunächst durch eine Entschlackung und Klarstellung beim Prüfungs­umfang verbessern. Wesentliche Stellschraube ist aber die Schaffung konkreter und rechtsverbindlicher Prüfungsmaßstäbe. Gerade fehlen­de Maßstäbe und Standards führen oft zu einem uneinheitlichen Voll­zug sowie zu Rechts­ und Planungsunsicherheit bei Vorhabenträgern und Behörden. Paradebeispiele dafür sind das Artenschutz­, Luftver­kehrs­ und Denkmalschutzrecht. All diese Probleme setzen sich zudem auf Ebene des gerichtlichen Rechtsschutzes fort. Wichtig ist deshalb, relevante unbestimmte Rechtsbegriffe (z. B. „signifikant erhöht“, „ge­stört werden“) zu konkretisieren, um eine einheitliche sowie objektive (Über­)Prüfung zu gewährleisten. Hilfreich wäre zudem eine stärkere Priorisierung der Windenergie durch den Gesetzgeber gegenüber anderen, im öffentlichen Interesse stehenden Belangen (z. B. Land­schaftsbild, Denkmalschutz, Luftsicherheit, Artenschutz). Eine entspre­chende Wertentscheidung kann gesetzlich vorweggenommen werden und sollte nicht allein den Behörden im Vollzug überlassen werden.

Auch verfahrensrechtliche Anpassungen können dazu beitragen, den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen. Letztlich fungiert das Ver­fahren aber nur als „Hülle“ für das jeweilige Prüfprogramm, sodass das Verbesserungspotenzial durch bloße Verfahrensanpassungen – ohne Änderungen im Prüfprogramm – eher als gering einzuschätzen ist.

5. Außerrechtliche Faktoren optimieren

Die besten rechtlichen Veränderungen helfen nur, wenn sich parallel dazu die außerrechtlichen Faktoren auf den beschleunigten Ausbau der Windenergie ausrichten. Neben einer stärkeren Digitalisierung gehört dazu zwingend ausreichend Personal bei Planungsträgern, Genehmi­gungsbehörden und Gerichten. Der Bund sollte in Zusammenarbeit mit den Bundesländern nach Wegen suchen, wie die Verwaltung in den Ländern, Kreisen und Gemeinden bei diesen Aufgaben unterstützt wer­den kann. Auch Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz erfordern häufig keine gesetzlichen Anpassungen, sondern einen überzeugenden politischen Willen zur Gestaltung der Transformation und ein stetes, glaub haftes Werben um eine Energiewende als Gemeinschaftswerk.

Hinweis auf weiterführende Quelle
Dieser Artikel basiert auf dem aktuellen Hintergrundpapier „Gesetzgeberische Hand­lungsmöglichkeiten zur Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land“. Die Inhalte gehen auf die Forschung der Stiftung Umweltenergierecht zum Recht der Windenergie in den letzten Jahren zurück – insbesondere im Rahmen des vom BMWi geförderten Vorhabens „NeuPlan Wind“. Das Hintergrundpapier wird demnächst zudem durch zwei umfassende Publikationen ergänzt, die die Reform des Rechts der Flächen­bereitstellung und der Genehmigung von Windenergieanlagen an Land thematisieren.


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