Ob in Pressebeiträgen oder durch die gefürchteten SMS-Nachrichten à la „Windenergieanlage XY wurde abgeschaltet“: Die sogenannte „Abregelung“ von Windenergieanlagen (WEA) gehört leider zum Alltag für Betreiber. Technisch kann abregelungsbedingtes häufiges und kurzzeitiges Herunterfahren und Wiederanlaufen dem Getriebe schaden und die Lebensdauer einer WEA empfindlich verkürzen. Doch auch bei der Erwirtschaftung ist häufige Abregelung mehr als nur ein Ärgernis: So können sich die Verluste beim Wiederanlaufen der Anlagen zu erheblichen Beträgen aufsummieren, da sie in der Regel nicht erstattet werden. In Direktvermarktungsverträgen findet man eine Vielzahl von Regelungen. Diese umfassen insbesondere die Möglichkeit des Direktvermarkters zur Abregelung der Anlagen. Regelmäßig kann der Direktvermarkter aus Kapazitätsgründen oder aus wirtschaftlichen Gründen (negative Strompreise) abregeln.

Was geschieht jedoch, wenn der Direktvermarkter diese Möglichkeiten übermäßig ausnutzt?

Das Gesetz enthält in § 51 EEG 2017/2021 hierzu eine klare Regelung zur Förderung. Nach der sechsten bzw. nunmehr vierten Stunde mit negativen Preisen entfällt je nach Anlagengröße die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dennoch gibt es Fälle, wo mehrere Fälle von mehrfachen und kurzzeitigen Abschaltungen durch den Direktvermarkter pro Tag bekannt geworden sind.

Aber: Muss sich ein Anlagenbetreiber mit einer solchen häufigen kurzeitigen Abschaltung seiner Erzeugungsanlagen abfinden? Oder ist ein Direktvermarktungsvertrag aufgrund häufiger Abschaltungen kündbar? Eine detaillierte rechtliche Prüfung ist hier nur für den konkreten Einzelfall möglich, allerdings können einige Eckpunkte aufgezeigt werden. Zunächst ist im Direktvermarktungsvertrag in der Regel die ordentliche Kündigung ausgeschlossen beziehungsweise sind die Verträge in ihrer Laufzeit befristet bei gleichzeitigem Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Dies stellt eine grundsätzlich zulässige Vertragsklausel dar.

Die Wirksamkeit einer solchen Klausel kann jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingung und deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (zum Beispiel EEG oder EnWG) fraglich sein.

Abschaltung bei Netzüberlastung

Das Recht zur Abregelung betrifft zunächst die Fälle der Netzüberlastung, also die Maßnahmen des Einspeisemanagements („EinsMan“, § 14 f. EEG). Kaufmännisch ist an diesem „Recht“ des Direktvermarkters interessant, dass oft im gleichen Netz von Vermarkter zu Vermarkter verschieden reguliert wird: von fast gar nicht bis nahezu permanent. Dies wirft die Frage auf, welche Anlagen von einer Abregelung betroffen werden. Denn bei zu hoher Einspeisung tragen schließlich alle Anlagen gemeinschaftlich zur Netzüberlastung bei. Die Form der Abregelung und auch der Ausgleich sind gesetzlich geregelt. Die Drosselung der Anlagen ist zu dulden, wenn das Netz „voll ist“ und Kapazitäten im Netz nicht durch die Abschaltung konventioneller Anlagen geschaffen werden können. Nach den gesetzlichen Vorgaben muss ein „Netzengpass“ vorliegen (§ 14 EEG) oder die Sicherheit beziehungsweise Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems gefährdet sein (§ 13 EnWG).

Abschaltung bei negativen Strompreisen

Neben den genannten Maßnahmen des Einspeisemanagements nach § 14 EEG wird den Direktvermarktern auch oft die Möglichkeit eingeräumt, im Falle negativer Börsenstrompreise eine Abschaltung vorzunehmen. Ein gesetzliches Recht zur Abregelung infolge negativer Strompreise sieht aber weder das EEG noch das EnWG vor. Eine Rechtsfolge zu negativen Preisen findet sich lediglich im schon erwähnten § 51 EEG, wonach die Förderung nach sechs beziehungsweise nunmehr vier aufeinanderfolgenden Stunden entfällt. Dies kann eine Abschaltung der Anlagen im Stundentakt aber nicht rechtfertigen.
Somit kommt es auf den Vertrag mit dem Direktvermarkter an. Dort stellt sich zunächst die Frage, ob solche kurzzeitigen und häufigen Abschaltungen nach dem jeweiligen Vertrag überhaupt zulässig sind. Viele Verträge enthalten hierzu keine klaren Regelungen, was von einigen Direktvermarktern zu Lasten des Anlagenbetreibers ausgenutzt wird. Sollte die Klausel ein solches Verhalten erlauben, dann stellt sich die Frage, ob eine Vertragsklausel, die solche kurzzeitige und häufige Abschaltungen ab der ersten Minute bei negativen Preisen gestattet, wirksam sein kann.

Wie kann der Anlagenbetreiber reagieren?

Zunächst gilt: Nach den allgemeinen Regeln des Zivilvertragsrechts muss ein Vertragspartner auf die Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners Rücksicht nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Kann daher eine Regelung, die es dem Direktvermarkter erlaubt, das Eigentum des Vertragspartners (zum Beispiel das Getriebe der Anlage) zu schädigen, noch mit diesen gesetzlichen Vorgaben vereinbar sein? Schon nach den allgemeinen Regeln scheint eine solche Klausel oder deren übermäßige Anwendung angreifbar.

Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Frage, ob die quantitativ und qualitativ unbegrenzte Abschaltung noch als angemessene, dem dargestellten gesetzlichen Leitbild entsprechende AGB Vertragsklausel bewertet werden kann. Das gesetzliche Leitbild lässt eine Abregelung eben nur in bestimmten Ausnahmefällen der Netzüberlastung zu und sieht bei Vorliegen dieser Ausnahmen eine Entschädigung vor (§ 15 EEG).

Die gesetzlichen Entschädigungsregelungen betreffen außerdem nur die Entschädigung für entgangene Einnahmen. Die möglichen Folgeschäden im Bereich der Windenergieanlagen durch häufige und kurzzeitige Abschaltungen (wie Getriebeschäden, Steigerung der Wartungskosten und Verkürzung der Lebensdauer der Windenergieanlagen) sind nicht geregelt.

Bei einer Vertragsklausel, welche die Abschaltung praktisch unbegrenzt möglich macht, sprechen gute Argumente für eine Unangemessenheit und damit für die Möglichkeit, den Vertrag vorzeitig zu kündigen. Allgemein ist hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung – unabhängig von den AGB-rechtlichen Überlegungen – maßgeblich, ob ein Festhalten am Vertrag noch zumutbar ist oder ob die Vertrags- und Vertrauensgrundlage unwiderrufbar zerstört sind. Wenn eine solche Vertragsklausel aus den vorgenannten Gründen unwirksam ist oder deren unverhältnismäßige Anwendung zu Schäden beim Anlagenbetreiber führt, können unter Umständen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen.

Voraussetzung wird in einem solchen Fall regelmäßig sein, dass der Anlagenbetreiber den Direktvermarkter wegen dieses Verhaltens abmahnt und gegebenenfalls die außerordentliche Kündigung im Wiederholungsfall androht. Hierbei kommt es jedoch stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

In derartigen Konstellationen sind zudem etwaige vertragliche Fristen für Abmahnungen zu beachten, binnen derer der Direktvermarkter ein Problem beheben muss. Sollten sich unzulässige Abregelungen aber dennoch in einem zeitlichen Zusammenhang wiederholen, können die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung vorliegen.

Tritt dieser Fall ein, muss ein Übergang zu einem anderen Direktvermarkter sichergestellt werden, da mit dem Direktvermarktungsvertrag in der Regel weitere Punkte verknüpft sind, die eine Vergütungsvoraussetzung sein können (wie Fernsteuerung, Messstellenbetrieb, Bilanzkreis usw.). Ein solcher Schritt sollte deshalb gut überlegt und vorbereitet sein.


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