Die Energiewende stellt die Netzinfrastruktur vor große Herausforderungen. Smart Meter sind als digitale Infrastruktur entscheidend für das Gelingen eines klimaneutralen Energiesystems mit fluktuierender Erzeugung und schwankendem Verbrauch. Smart Meter sind zudem erforderlich, um Letztverbrauchern bessere und klarere Informationen zu ihrem Stromverbrauch zu geben und ihnen so eine Anpassung ihres Verbrauchsverhaltens an eine fluktuierende Erzeugung und damit an steigende und fallende Strompreise zu ermöglichen. Die Daten zu Erzeugung, Verbrauch und Netzzustand können mit dem Einsatz von Smart Metern wesentlich besser als bisher einen effizienten Netzbetrieb unterstützen und eine Optimierung von Netzplanung und der Strombelieferung ermöglichen, auch auf Basis dynamischer Stromtarife. In einem Energiesystem, das überwiegend auf fluktuierenden, erneuerbaren Energien basiert, hängt die Systemstabilität maßgeblich von einer flächendeckenden Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit der Erzeuger und Verbraucher in den Verteilernetzen ab. Um diese Ziele zu erreichen, ist es erforderlich, die Datenkommunikation zu erweitert. Dabei sind gleichzeitig an den Datenschutz erhöhte Anforderungen zu stellen. Um den stark gestiegenen Anforderungen an Netzbetrieb und Netzplanung, u. a. mit datengestützter Netzplanung, automatisierten Netzführungskonzepten und datengestützter viertelstundengenauer Bilanzkreisbewirtschaftung, effizient genügen zu können, erhalten Netzbetreiber über den Smart Meter standardmäßig Netzzustandsdaten.

Ziele und Regelungsinhalt

Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende soll das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Bundesregierung, den Smart-Meter-Rollout und die Digitalisierung der Netze umzusetzen, beschleunigt werden. Insbesondere sollen Verfahren rund um den Rollout intelligenter Messsysteme entbürokratisiert und die Rechtssicherheit gestärkt werden. Zudem sollen Kosten gerechter verteilt, Markt und Wettbewerb angereizt, Kompetenzen zielgerichtet gebündelt und ein zusätzlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet werden. Das Smart-Meter-Gateway soll dabei, im Interesse von Datenschutz, Daten- und Cybersicherheit, als sichere Kommunikationsplattform die Kernkomponente für die Digitalisierung der Energiewende darstellen.

Beschleunigung und Entbürokratisierung des Smart-Meter-Rollouts sowie Rechts- und Planungssicherheit für alle Akteure sollen durch folgende Rege-lungsinhalte des Gesetzes gewährleistet werden:

Verankerung eines gesetzlichen Fahrplans und „agiler Rollout“: Es ist ein Rollout-Fahrplan mit verbindlichen Zielen und einem konkreten Zeitrahmen verankert worden. Das bisherige Erfordernis der Marktanalyse und Markterklärung des BSI ist entfallen. Die Fristen für den Rollout orientieren sich an Deutschlands Zielen zur Klimaneutralität, damit bis 2030 die erforderliche digitale Infrastruktur vorhanden ist. Der sog. „agile Rollout“ ermöglicht zudem den sofortigen Einbau bereits zertifizierter Geräte, indem weitere aufwendige Funktionen, wie beispielsweise das Steuern und Schalten, spätestens ab 2025 durch Anwendungsupdates hinzugeschaltet werden können.

Der agile Rollout ist mit Inkrafttreten des Gesetzes gestartet. Er gilt für Verbraucher bis 100.000 kWh/a und Erzeuger bis 25 kW installierter Leistung. Ab dem Jahr 2025 gilt für diese Marktteilnehmer verpflichtend der Rollout mit vollem Funktionsumfang. Für Verbraucher bis 6.000 kWh/a und Erzeuger von 1 bis 7 kW gilt dies jedoch lediglich optional. Ab 2028 sind sodann die Verbraucher ab 100.000 kWh/a und Erzeuger mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW von dem verpflichtenden Rollout betroffen.

Entfall der Drei-Hersteller-Regel: Bisher war es notwendig, dass in jeder Entwicklungsstufe drei Geräte von voneinander unabhängigen Herstellern zertifiziert werden mussten. Diese Regel ist nunmehr ent-fallen. Der innovativste Hersteller soll künftig das Tempo bestimmen.

Kostenverteilung und erweiterte Datenkommunikation: Die Messentgelte werden für Verbraucher und Kleinanlagenbetreiber auf 20 Euro pro Jahr gedeckelt, was der derzeitigen Preisobergrenze für intelligente Messsysteme entspricht. Dabei sollen die Netzbetreiber stärker an der Kostentragung beteiligt werden, da diese durch die Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit der Erzeugungsanlagen stark vom Rollout profitieren. Zukünftig sollen alle intelligenten Messsysteme, die die Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen des BSI erfüllen, viertelstundengenau bilanziert werden.

Beschleunigte Einführung dynamischer Stromtarife: Die Einführung dynamischer Stromtarife, die es den Letztverbrauchern ermöglichen, ihren Strombezug in kostengünstigere Zeiten mit hoher Erzeugung aus erneuerbaren Energien zu verlagern, soll durch den Rollout beschleunigt werden.

Digitaler Netzanschluss durch 1:n-Metering: Das Gesetz stärkt die Möglichkeit, das Smart-Meter-Gateway als Infrastruktur am Netzan-schlusspunkt zwischen Kunde und Netzbetreiber einzubauen. Durch dieses sog. „1:n-Metering“ können mehrere Verbraucher/Ladeeinrichtungen über das Smart-Meter-Gateway gebündelt werden und selbstständig am Markt agieren.

Konzentration der Aufgaben des BSI: Das BSI soll sich zukünftig auf eine Standardisierung der Smart-Meter-Gateways konzentrieren und diesbezüglich zudem stärker mit Normgebern aus der Wirtschaft zusammenarbeiten.

Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten: Das Gesetz stellt klar, dass das BSI seinen gesetzlichen Auftrag gemäß MsbG „im Auftrag“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wahrnimmt, das wiederum dem BSI die inhaltliche, zeitliche und prozessuale Umsetzung vorgibt. Damit ist allerdings keine Abkehr von dem bisher geltenden Grundsatz verbunden, dass die Betrachtung und die Einschätzung des aktuellen Stands der Technik der Cybersicherheit und in Abhängigkeit der aktuellen Bedrohungslage des Cybersicherheitsraums primär dem BSI obliegt

Neuerungen für Anlagenbetreiber

Die Einführung eines gesetzlichen Rollout-Fahrplans gemäß MsbG anstelle der bislang vorgesehenen Feststellung der technischen Möglichkeit für den Start des Rollouts intelligenter Messsysteme (sog. Markterklärung durch das BSI) gemäß § 30 MsbG sowie die Erweiterung verpflichtender Zusatzleistungen des Messstellenbetreibers nach § 34(2) MsbG erforderte Folgeänderungen an den technischen Vorgaben für Anlagenbetreiber gemäß §§ 9 und 10b EEG.

Gemäß § 9(1) EEG müssen die Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 25 kW sicherstellen, dass bei ihren Anlagen spätestens zusammen mit dem intelligenten Messsystem technische Einrichtungen eingebaut werden, die notwendig sind, damit über ein Smart-Meter-Gateway Netzbetreiber oder andere Berechtigte jederzeit die Ist-Einspeisung abrufen können und die Einspeiseleistung stufenweise oder, sobald die technische Möglichkeit besteht, stufenlos ferngesteuert regeln können. Maßgeblicher Zeitpunkt dieser Pflicht ist nunmehr die Ausstattung der Anlage mit einem intelligenten Messsystem und nicht mehr der Zeitpunkt der (jetzt abgeschafften) Markterklärung.

Für alle neu in Betrieb genommenen Anlagen mit einer installierten Leis-tung von mehr als 25 kW gilt zudem gemäß § 9(2) EEG bis zum Einbau des intelligenten Messsystems aus systemischen Gründen die Pflicht zum übergangsweisen Einbau von alternativer Technik zur Abrufung von Ist-Einspeisung und einer Anlagensteuerung. Anders als bislang beschreibt Absatz 2 somit keine streng von Absatz 1 getrennte Anlagenkategorie mehr, vielmehr überschneiden sich die Anwendungsbereiche der beiden Absätze, soweit Anlagen eine installierte Leistung von mehr als 25 Kilowatt aufweisen. Ab dem Einbau eines intelligenten Messsystems ist für diese Anlagen nur noch Absatz 1 maßgeblich.

Die Verpflichtung des Anlagenbetreibers, seine Anlage zusammen mit dem intelligenten Messsystem auch mit technischen Einrichtungen auszustatten, die notwendig sind, damit über ein Smart-Meter-Gateway die Ist-Einspeisung sowie die Regelung der Einspeiseleistung erfolgen kann, ist gemäß §52 EEG sanktionierbar. Diese Verpflichtung kann der Anlagenbetreiber weiterhin selbst oder mittels Beauftragung eines Dritten, insbesondere des Messstellenbetreibers, der die Messstelle mit einem intelligenten Mess- system ausstattet, erfüllen.

9(1b) EEG i. V. m. § 34(2) MsbG postuliert u. a. ab 2025 einen Anspruch des Anlagenbetreibers gegen den Messstellenbetreiber auf vorzeitige Ausstattung mit einem intelligenten Messsystem oder einer modernen Messeinrichtung innerhalb von vier Monaten ab Beauftragung als sog. Zusatzleistung. In den Zusatzleistungen des Messstellenbetreibers eben-falls enthalten sind etwa auch die notwendige Datenkommunikation zur Durchführung von Redispatch-Maßnahmen über das Smart-Meter-Gateway, einschließlich der informationstechnischen Anbindung an das Smart-Me-ter-Gateway und an die notwendigen technischen Einrichtungen einschließlich der Steuerungseinrichtungen. Die Zusatzleistungen ermöglichen dem Anlagenbetreiber somit eine komplette Hardware-Ausstattung sowie die zur laufenden Durchführung der Steuerung notwendigen Leistungen (z. B. Übermittlung und erforderlichenfalls Priorisierung von Steuerungsvorgaben der berechtigten Akteure) als Paketlösung durch den Messstellenbetreiber erbringen zu lassen. Selbstverständlich bleibt es dem Anlagenbetreiber alternativ weiterhin möglich, selbst für den Einbau der technischen Einrichtungen zu sorgen.
Bei Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 25 kW, die hinter einem Netzanschluss mit mindestens einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung nach § 14a EnWG betrieben werden, können Messstellenbetreiber von der Möglichkeit des agilen Rollouts Gebrauch machen. Nutzt der jeweilige Messstellenbetreiber die Erleichterungen des agilen Rollouts, wird ein vorübergehender Dispens bis spätestens 2025 hinsichtlich der Anwendung der Gewährleistung der Fernsteuerbarkeit gewährt. Die Anforderung kann dann über ein Anwendungs-Update erfolgen.

Die Anpassungen in § 10b EEG beschränken sich auf dessen Absatz 2. Absatz 1 regelt, wie bisher, den Inhalt der Pflichten des Anlagenbetreibers bezüglich der Direktvermarktung. Dagegen wurden die konkreten technischen Vorgaben an die Neuerungen des Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende angepasst. Dies bedeutet insbesondere, dass ab dem Einbau eines intelligenten Messsystems die Pflichten zur Ausstattung mit technischen Einrichtungen zur Abrufung der Ist-Einspeisung und zur Regelung der Einspeiseleistung über das Smart-Meter-Gateway zu erfüllen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es bei der bisherigen Regelung.

Fazit

Der Erlass des Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende ist sicherlich als wichtiger Schritt in die richtige Richtung zu werten. Denn ohne smarte Netze kann die Energiewende nicht gelingen. Der nunmehr geregelte Smart-Meter-Rollout sieht sich jedoch auch weiterhin starker Kritik ausgesetzt. „Zu schleppend“ und „nicht wirtschaftlich umsetzbar“ lauten die wesentlichen Kritikpunkte. Messstellenbetreiber sehen insbesondere in der Deckelung der Kosten für Privathaushalte und Kleinanlagenbetreiber ein Hemmnis für erforderliche Investitionen. Eine weitere Herausforderung in technischer und personeller Hinsicht dürfte die vorgesehene Pflicht sein, nahezu die gesamte digitale Kommunikation über das Smart-Meter-Gateway abzuwickeln. Als „Enabler“ für neue Geschäftsmodelle, die sich steuer-bare Ressourcen zunutze machen, ist ein smartes Stromnetz jedoch schlicht unabdingbar. 


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