Betreiber von Windkraftanlagen haben bereits mit einer Menge bürokratischer Auflagen und Prozesse zu kämpfen. Nun kommt unausweichlich eine weitere hinzu: Die Abgrenzung von Strommengen innerhalb eines Windparks und entsprechende Zahlung der EEG-Umlage für „Querlieferungen“. Auslöser sind die verschärften Pflichten zum „Messen und Schätzen“, die bereits im Energiesammelgesetz 2018 eingeführt und mit dem EEG 2021 bekräftigt wurden. Eine ursprünglich zum 31.12.2020 endende Übergangsfrist wurde gerade noch um ein Jahr verlängert – es besteht also hoher Handlungsdruck

Abgrenzung von Querlieferungen in Windparks

Wer an einen Windpark denkt, denkt in der Regel daran, dass hier klimafreundlich Strom erzeugt und in das Netz eingespeist wird. Denn das ist nun mal Sinn und Zweck eines Windparks. Dass ein Windpark auch kleinste Mengen an Strom verbraucht, ist dabei irrelevant. Nicht aber für den Gesetzgeber, der an die EEG-Umlage denkt. Deshalb ist die Tatsache, dass innerhalb eines Windparks auch Strom verbraucht wird, der Auslöser für die bürokratische Pflicht zur (Dritt-)Mengenabgrenzung nach § 62b EEG. Entscheidend ist, dass verschiedene Strommengen bzw. Querlieferungen zwischen den Windkraftanlagen (WKA) auftreten, für die die EEG-Umlage in unterschiedlicher Höhe fällig wird. Gemäß § 62b EEG 2021 sind diese Mengen entsprechend zu erfassen und voneinander abzugrenzen (s.u.).

Zur Veranschaulichung lassen sich in einem Windpark prinzipiell die folgenden, parkinternen Verbräuche bzw. Querlieferungen unterscheiden:

  • Kraftwerkseigenverbrauch je Windrad (WKA versorgt sich selbst)
  • Eigenverbrauch einer Betreibergesellschaft (mehrere WKA von Betreiber A versorgen sich untereinander)
  • Drittlieferung an weitere Betreibergesellschaften (WKA von Betreiber A liefert Strom an WKA von Betreiber B)

Während vom Grundsatz her für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom die EEG-Umlage in voller Höhe zu zahlen ist, gelten in der Praxis jedoch
zahlreiche Sonderregelungen, z. B. für die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch. Diese Sonderregelungen führen dazu, dass für die verschiedenen Strommengen bzw. Querlieferungen, die im Windpark auftreten (s. o.), die EEG-Umlage in unterschiedlicher Höhe zu zahlen ist. Für einen typischen
Windpark mit mehreren Betreibern (Mischpark bzw. Pooling) gilt u. a.:

  • Kraftwerkseigenverbrauch ist von der EEG-Umlage befreit
  • Eigenverbrauch ist von der EEG-Umlage ganz oder teilweise befreit – je nach Inbetriebnahmedatum der Windkraftanlage
  • Für Drittlieferungen an andere Betreiber im Windpark ist die volle EEG-Umlage zu zahlen

Welche Windparks sind von der Abgrenzungsund Zahlungspflicht betroffen?

Ob in einem Windpark die Pflicht zur (Dritt-)Mengenabgrenzung bzw. Zahlung der EEG-Umlage besteht, hängt davon ab, welche der oben genannten Querlieferungen im Windpark vorliegen. Dies wird im Wesentlichen von zwei Faktoren beeinflusst: Der Anzahl der Betreibergesellschaften im Windpark bzw. am (gemeinsamen) Netzverknüpfungspunkt und vom Inbetriebnahmedatum der Windkraftanlagen.

Anhand des obigen Prüfschemas lässt sich leicht ermitteln, ob ein Windpark von der Pflicht zur Abgrenzung von Drittmengen gemäß EEG betroffen ist und warum.

Rechtliche Anforderungen, EEG-Messkonzept und Meldepflichten

In der Praxis sind die tatsächlich auftretenden Strommengen innerhalb eines Windparks – und dementsprechend die zu zahlenden Beträge für die
EEG-Umlage – verhältnismäßig klein. Dies dürfte ein wesentlicher Grund sein, warum die Thematik in der Vergangenheit z. T. recht „stiefmütterlich“ behandelt oder gar ignoriert wurde. Doch damit soll aus Sicht des Gesetzgebers endgültig Schluss sein. Bereits mit dem Energiesammelgesetz 2018 wurden dem EEG 2017 strenge Anforderungen zur Messung und Abgrenzung der Strommengen hinzugefügt. Diese Anforderungen wurden im EEG 2021 aufgegriffen bzw. fortgeschrieben.

 

§ 62b EEG 2021 schreibt demnach vor, dass die Abgrenzung der Strommengen grundsätzlich auf Basis einer Messung mittels geeichter Zähler in
15-Minuten-Intervallen zu erfolgen hat. Nur noch in Ausnahmefällen, insbesondere wenn der Einbau der entsprechenden Messtechnik zu teuer bzw.
nicht verhältnismäßig ist, ist auch weiterhin eine Schätzung zulässig. Eine solche Schätzung darf aber nicht beliebig sein, sondern muss den Vorgaben der Bundesnetzagentur genügen und ist in einem Mess- bzw. Schätzkonzept ausführlich darzulegen und zu begründen. Detaillierte Erläuterungen zu den Vorgaben finden sich im Leitfaden Messen und Schätzen der Bundesnetzagentur. Die Vorgaben des § 62b EEG 2021 sind ab dem 01.01.2022 zwingend umzusetzen. Eine bis ursprünglich zum 31.12.2020 geltende Übergangsfrist wurde kurz vor Ablauf mit dem EEG 2021 um ein Jahr verlängert.

Darüber hinaus müssen gemäß § 74 bzw. § 74a EEG 2021 sämtliche Strommengen genau aufgeschlüsselt jährlich bis zum 28.02. bzw. 31.05. des
Folgejahres an den örtlichen Netzbetreiber bzw. Übertragungsnetz betreiber gemeldet werden. Je nachdem, welcher Netzbetreiber für den Windpark zuständig ist. Diese Meldepflicht besteht unabhängig davon, ob die Mengen per Messung oder Schätzung ermittelt wurden und ist auch bereits während der Übergangsfrist – also auch heute schon – zu erfüllen. Die Verlängerung der Übergangsfrist bietet Betreibern nun jedoch letztmalig die Chance, die Meldung (für das Jahr 2020) auf Basis einer Schätzung durchzuführen und in diesem Zuge zu klären, ob bzw. inwiefern eine Schätzung auch nach der Übergangsfrist noch möglich ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Meldung fristgerecht erfolgt und das entsprechende Mess- bzw. Schätzkonzept dem zuständigen Netzbetreiber vorgelegt wird.

Konsequenzen bei Pflichtverstößen

Bei Verstößen gegen die Pflichten zur korrekten Abgrenzung und Meldung der Mengen sieht das EEG verschiedene Sanktionen vor. Erfolgt die jährliche Meldung der Mengen beispielsweise nicht fristgerecht, so entfallen die Privilegien für den (Kraftwerks-) Eigenverbrauch der Windkraftanlagen im betreffenden Kalenderjahr und die zu zahlende EEG-Umlage erhöht sich auf 100 % (§ 61i Abs. 1 EEG 2021). Wird die Meldung auch im Folgejahr nicht geleistet, greift zusätzlich eine Pönale in Höhe von 20 %. Neben einer Nachzahlung der Beträge kann der Netzbetreiber dann überdies auch Verzugszinsen in Höhe von 5 % geltend machen. Eine Besonderheit ergibt sich aus der Übergangsfrist: Wer am Ende der
Übergangsfrist alle Meldungen und Zahlungen für die Jahre 2018 bis 2021 korrekt geleistet hat und ab dann alle oben genannten, rechtlichen Anforderungen erfüllt, kann die Nachzahlung der EEG-Umlage für die Jahre vor 2018 verweigern (Leistungsverweigerungsrecht, vgl. § 104 Abs. 11 EEG 2021). Andernfalls kann der Netzbetreiber schlimmstenfalls die Nachzahlung der Beträge für bis zu 10 Jahre fordern.

Rechtssichere Umsetzung frühzeitig angehen

Die korrekte Umsetzung der Anforderungen zur Abgrenzung von Querlieferungen führt aufgrund der komplexen Strukturen in vielen Windparks
schnell zu einem sehr hohen Aufwand für Betreiber und Betriebsführer. Es ist daher empfehlenswert, sich nun frühzeitig mit der rechtssicheren Umsetzung zu beschäftigen. Für die Analyse der Situation in den Windparks, die Erstellung des eigenen Mess- bzw. Schätzkonzeptes und einen ggf. erforderlichen Zählereinbau sollte ausreichend Zeit eingeplant werden. Hilfreich kann es hierbei auch sein, den direkten Kontakt zum verantwortlichen Netzbetreiber zu suchen, um rechtzeitig vor dem Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2021 Klarheit zu erhalten. 

 


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