Vor 2023 durften Solarmodule EEG-geförderter Anlagen nur bei Defekten, Beschädigung oder Diebstahl und mit der gleichen Modulleistung ersetzt werden. Der Anteil der Modulleistung, der die bisherige Nennleistung überschreitet, hätte neu und zu der aktuell geltenden EEG-Einspeisevergütung angemeldet werden müssen. Da die Vergütungssummen mit den Jahren immer weiter gesunken sind und vor allem ältere Anlagen hohe Einspeisevergütungen erhalten, wäre in dem Fall mit großen Verlusten zu rechnen gewesen. Hinzu kommt die Herausforderung, bezahlbare Ersatzmodule zu finden, die sich mechanisch und elektrisch mit nur geringem Aufwand in den vorhandenen Strang integrieren lassen. In vielen Fällen war ein 1:1 Tausch der Module als Business Case unrentabel.

Daher war es gängige Praxis, einen Teilbereich mit alten Modulen zurückzubauen und durch neue Module mit gleicher Leistung zu ersetzen. Noch funktionsfähige Module konnten als Ersatzteile für den Rest der Anlage genutzt und vorgehalten werden. Allerdings ist auch eine solche Maßnahme in der Umsetzung kostenintensiv und steht häufig in keinem guten Verhältnis zum erzielten Mehrertrag. Auch die Nachweisführung gestaltet sich entsprechend komplex.

Bessere Ausnutzung bereits bebauter Flächen 

Die neue Regelung ermöglicht es, Module mit bestehender EEG-Vergütung zu tauschen, auch wenn diese nicht beschädigt, defekt oder gestohlen sind. Das soll dazu führen, bereits bebaute Flächen noch effizienter zu nutzen, und ohne die Nutzung zusätzlicher Flächen eine höhere installierte PV-Leistung zu erreichen. In kurzer Zeit wäre so – laut einer Beispielrechnung des Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) – eine Steigerung des PV-Ausbaus in Deutschland von derzeit 63 auf 100 GW möglich, da keine komplexen baurechtlichen Verfahren erforderlich seien. Der Anteil des Solarstroms am gesamtdeutschen Stromverbrauch stiege von derzeit rund 10 auf 16 %.  

Mehr Möglichkeiten durch neue Regularien des EnSiG

Die neue Regelung ermöglicht einen proaktiven Modultausch, der nicht nur technisch, sondern auch rein kaufmännisch motiviert sein kann. Die technische Entwicklung hat in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Moduleffizienz gemacht und auch neue Produktionsstandards hervorgebracht, etwa im Rahmen der Anti-Reflex-Beschichtung oder in der Qualität von Backsheets. Sie können beim Wechsel bewusst genutzt werden. Interessant wird das, wenn die Anlage später über den EEG-Förderzeitraum hinaus weiter betrieben oder zu einem möglichst hohen Preis weiterverkauft werden soll. Hier kann es sich lohnen, die Kosten des Repowerings gegen die Vorteile der neuen Module zu stellen: Neben neuen Garantielaufzeiten der getauschten Komponenten erhält die Anlage eine technologische Verjüngungskur und kann kurz- und mittelfristig deutlich höhere Erträge erwirtschaften. Grundsätzlich werden auch Genehmigungsverfahren, Nachweisführung und Anmeldung des Modultauschs leichter. Je nach technischem Konzept und Umfang einer möglichen Leistungserhöhung werden allerdings auch diese Prozesse komplexer.

Technische Konzepte für das Modul-Repowering am Beispiel einer Bestandsanlage aus 2012

Je nach Zielsetzung und gegebenen Rahmenbedingungen bieten sich verschiedene Optionen für ein Modul-Repowering. Die nachfolgenden Beispielkonzepte basieren auf einer bestehenden, nach der üblichen Bauweise errichteten Anlage aus dem Jahr 2012. Die Anlage läuft zuverlässig und weist neben vereinzelten Wechselrichterausfällen eine übliche Moduldegradation und einzelne Diodendefekte auf.

Daten der Anlage:

Leistung: 1.998 kWp
Module: monokristallin, 185 Wp
ausgewogenes DC/AC-Verhältnis mit 1,04
hoher Pitch von 8,74 m
hoher Anstellwinkel / Tilt von 30°

Spezifischer Ertrag: 945 kWh/kWp p.a.
Absoluter Ertrag: 1.888 MWh p.a.
Vergütung: 17,95 Cent / kWh

 

Konzept 1 – Repowering „light“

Beibehaltung der ursprünglichen DC-Leistung

Dieser Ansatz dient der Wiedererreichung der ursprünglichen DC-Leistung, etwa bei fortgeschrittener Degradation der Module und altersbedingten Moduldefekten. Es findet nur ein geringer, technisch leicht umsetzbarer Eingriff in die bestehende Anlage statt. Die ursprüngliche Vergütung bleibt ohne zusätzlichen organisatorischen Aufwand bestehen. Auch Baugenehmigung, Netzanschluss und Anlagenzertifikat müssen nicht angepasst werden. Jedoch wird die zur Verfügung stehende Fläche nicht ausgenutzt und die Modulfläche aufgrund der höheren Effizienz der neuen Module sogar weiter reduziert.

Technische Umsetzung: Alle Module der bestehenden Beispiel-Anlage werden durch bifaziale Module ersetzt. Gestellsystem und Modulträger werden weiter genutzt – es sind lediglich neue Modulklemmen nötig. Notwendig ist ein Tausch der DC-Leitungen. Die komplette AC- und IT-Infrastruktur bleibt bestehen.

Ergebnis: Durch die höhere Effizienz der neuen Module reduziert sich die Modulfläche von 13.788 m² auf 9.505 m². Gleichzeitig erhöht sich der Ertrag der Anlage auf 1.082 kWh/kWp (spezifischer Ertrag) sowie 2.151 MWh (absoluter Ertrag) pro Jahr, was einer Steigerung von etwa 12 % entspricht. Die Maßnahme führt zu einem positiven Kapitalwert von 83.000 Euro – gerechnet bis zum Ende der EEG-Laufzeit – und amortisiert sich in einem Zeitraum von 9 Jahren, also noch im Rahmen der EEG-Restlaufzeit. Dies bietet eine gute Grundlage für die Fortführung der Anlage über den EEG-Förderzeitraum hinaus.

 

Konzept 2 – Repowering „medium“

Erhöhte DC-Leistung bei gleicher AC-Leistung

Dieser Ansatz behält ein Maximum der bestehenden Infrastruktur bei, nutzt aber die Steigerung der Moduleffizienz für eine höhere DC-Leistung des Solarparks, um höhere Erträge zu generieren. Das ist möglich, da ältere Anlagen häufig mit einem moderaten DC-AC-Verhältnis konzipiert wurden. Aufgrund gesunkener Modulpreise werden die Wechselrichter heutzutage meistens mit 20-40% überbelegt. Dadurch werden deutlich höhere Erträge an moderaten Einstrahlungstagen erzielt. Die Leistungskappung an wenigen Tagen im Jahr fällt kaum ins Gewicht.

Technische Umsetzung: Alle Module werden durch bifaziale Module ersetzt. Die Gestelltische werden inklusive Gestellsystem und Modulträgern weiter genutzt und maximal mit den neuen Modulen belegt. Lediglich neue Modulklemmen sind nötig. Außerdem erfolgt ein Tausch der DC-Leitungen und die Anpassung der Anlagen-IT sowie des Regelsystems. Auch in diesem Fall sind keine Anpassung der Baugenehmigung, des Netzanschlusses oder des Anlagenzertifikats nötig.

Ergebnis: Durch die Maßnahme erhöht sich die DC-Leistung um 17 % bzw. 340 kWp. Das neue DC/AC-Verhältnis liegt bei 1,22 und entspricht damit dem heutigen Standard. Auch hier wird das Flächenpotenzial nicht ausgeschöpft, die Modulfläche reduziert sich um rund 2.600 m² auf 11.183 m². Der absolute Anlagenertrag steigt um rund 25 % auf 2.528 MWh pro Jahr. Die Maßnahme resultiert in einem deutlich positiven Kapitalwert von 273.000 Euro und amortisiert sich nach 7 Jahren. Modulseitig erneuert sich der Park auf diese Weise vor Ablauf der EEG-Förderung – eine gute Basis für den Weiterbetrieb über den Förderzeitraum hinaus. Jedoch muss der zusätzlich generierte Ertrag über die ungeförderte Direktvermarktung vergütet werden. Gerade bei geringen Ertragszuwächsen ist anzunehmen, dass das Abnahme-Interesse am freien Markt eher gering ist. Hier lohnt sich der Eigenverbrauch oder die Belieferung eines direkten Abnehmers mit der zusätzlich produzierten Energie.

 

Konzept 3 – Repoweringheavy“

Kompletter Neubau auf vorhandener Fläche

Erstellt man für die Fläche der bestehenden Beispielanlage ein Design nach heutigem Standard, ließe sich die DC-Leistung der Anlage von 1.998 kWp auf 6.825 kWp mehr als verdreifachen. Das Flächenpotenzial und der technologische Fortschritt werden voll ausgeschöpft. Von der Veranlagung entspricht das Projekt fast einem Neubau, jedoch mit dem Vorteil, dass die Fläche bereits für den Betrieb einer PV-Anlage entwickelt ist.

Technische Umsetzung: Zur vollen Nutzung der zur Verfügung stehenden Fläche werden je Reihe drei statt zwei Module hochkant montiert. Der Reihenabstand der Module verkürzt sich auf 2 Meter. Auch hier kommen bifaziale Module zum Einsatz. Das Gestellsystem und die DC-Leitungen werden erneuert. Auch für die AC-Seite inklusive Netzanschluss ist eine Anpassung entsprechend der Leistungserhöhung notwendig. Denkbar ist die Weiternutzung der vorhandenen Wechselrichter und Trafos und die Ergänzung eines neuen AC-Bereichs oder der komplette Neubau der AC-Infrastruktur.

ErgebnisNeben einer Verdreifachung der ursprünglichen DC-Leistung steigt der absolute Ertrag der Anlage auf 6.533 MWh pro Jahr. Der spezifische Ertrag steigt durch die engere Belegung der Module und daraus resultierende Verschattung nur moderat von 945 auf 957 kWh/kWp pro Jahr. Die Modulfläche vergrößert sich von 13.788 m² auf 32.636 m². Es wird eine Anpassung des Anlagenzertifikats, eine Erweiterung des Netzanschlusses und eine Neuauslegung der Trasse nötig.  Die Baugenehmigung muss zumindest überprüft und gegebenenfalls angepasst oder gar neu ausgestellt werden. Auch bei dieser Repowering-Variante stellt sich die Herausforderung der messtechnischen Abgrenzung des Bereichs mit der ursprünglichen EEG-Vergütung und dem neuen Anlagenteil, der in die ungeförderte Direktvermarktung muss.

Ob sich das Projekt kaufmännisch rentiert, muss je Anlage individuell betrachtet werden: Profitieren lässt sich im Rahmen der alten Leistung zwar von der hohen, übertragenen EEG-Vergütung, allerdings stellt diese Form des „heavy Repowering“ auch einen komplett neues Investment-Case dar, dessen Financial Model in der Regel auf weitere 20 bis 30 Jahre ausgelegt ist. In diesem Zusammenhang müssten Pacht-, Versicherungs- und Betriebsführungsverträge angepasst oder neu verhandelt werden. Von hoher Bedeutung ist in dem Fall auch die erzielbare Vergütung in der ungeförderten Direktvermarktung der zusätzlichen DC-Leistung.

 

Fazit

Die neuen Möglichkeiten zum Modul-Repowering bieten neue Freiheiten beim frühzeitigen Modultausch, die sich positiv auf den Ertrag auswirken können. Je nach Anlage, Situation und Zielsetzung sind verschiedene technische Konzepte denkbar, die sorgsam durchdacht und umgesetzt werden müssen. Eine individuelle Betrachtung genehmigungstechnischer und normativer Aspekte und eine enge Abstimmung mit Behörden und Netzbetreiber sind immer notwendig, auch wenn auf bestehende Genehmigungen und Zusagen aufgesetzt werden kann. Neben dieser technischen Betrachtung ist immer auch eine kaufmännische Betrachtung des individuellen Business-Cases erforderlich, um zu ermitteln, ob und wie ein Modul-Repowering nicht nur praktikabel, sondern auch möglichst profitabel umgesetzt werden kann.

Messtechnische Abgrenzung

Eine Herausforderung stellt vor allem die messtechnische Abgrenzung des zusätzlich generierten Ertrags für die Bilanzierung und die verschiedenen Vermarktungsformen dar. Im Rahmen des EEG ist eine rechnerische Aufteilung nach installierter Leistung der jeweiligen Module möglich. Ob sich diese Regelung auf die sonstige Direktvermarktung anwenden lässt, ist zweifelhaft. Empfehlenswert sind daher separate Erzeugungsmessungen oder gar eine separate Einspeisung der geförderten und ungeförderten Anlagenteile am Netzverknüpfungspunkt. In der praktischen und technischen Umsetzung führt das zu einer hohen Komplexität des Projektes.

Autoreninfo: Jörn Carstensen kam 2014 als Business Development Manager zu greentech – ein führendes Unternehmen für die Projektentwicklung, Anlagenplanung, der technischen Beratung, dem Bau sowie dem Betrieb und Management von Photovoltaik-Kraftwerken. Heute ist Jörn Carstensen Geschäftsführer und Partner und für die Bereiche O&M, Asset Management sowie Engineering & Technical Advisory verantwortlich. Carstensen hat einen Abschluss als Wirtschaftsingenieur mit Spezialisierung auf Energie- und Umweltmanagement von den Universitäten Flensburg und Southampton.

 


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