Das Thema „Bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung“ (BNK) dürfte mittlerweile bei allen Betreibern und Betriebsführern von Windener-gieanlagen (WEA) angekommen sein. Die bereits zweifach durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) verlängerte Umsetzungsfrist läuft nunmehr für Onshore-WEA zum Jahreswechsel 2022/2023 ab; Offshore-Anlagen haben ein Jahr mehr Zeit. BNK-pflichtige Onshore-WEA haben ab dem 01.01.2023 nur noch dann Anspruch auf die Marktprämie nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), wenn sie mit einem BNK-System ausgestattet sind und dieses auch einsetzen.

Behördliche Probleme & Corona-Krise

Obwohl eine aktuelle Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land be-legt, dass fast alle WEA-Betreiber zwischenzeitlich Maßnahmen ergriffen haben, um ihre Anlagen fristgerecht auf BNK umzurüsten, bestehen dennoch zahlreiche Probleme, die eine fristgerechte BNK-Ausstattung behindern. So liegt ein entscheidendes Bottleneck in der behördlichen Bearbeitung von BNK-Umrüstungsanträgen, die je nach Bundesland entweder als immissionsschutzrechtlicher Änderungsantrag nach § 16 BImSchG oder als separates Zulassungsverfahren vor der zuständigen Landesluftfahrtbehörde erfolgen. Einige Länder haben sich mit dem hohen Aufkommen entsprechender Umrüstungsanträge gut arrangiert, wohingegen anderenorts Stillstand herrscht und entsprechende Zulas-sungen erst nach einem Zeitraum von bis zu 9 Monaten oder sogar mehr erteilt werden.

Auch die Corona-Krise wirkt sich erheblich auf die Verfügbarkeit von BNK-Bauteilen aus; überdies schnellen die Krankenstände bei BNK-Anbietern und Serviceteams angesichts Omikron in die Höhe. Dies führt dazu, dass einige BNK-Anbieter bereits erteilte Zusagen für bis zum Ende dieses Jahres zu erfolgende Umrüstungen wieder zurückgenommen haben.

Schließlich bestehen im Zusammenhang mit der durch die zuständige Luftfahrtbehörde gemäß Anhang 6 zur AVV Kennzeichnung durchzuführenden luftfahrtrechtlichen Prüfung mehrere große Fragezeichen. So stehen

u. a. Betreiber von WEA, die sich in Kontrollzonen in der Nähe von Flug-plätzen befinden, vor der ungelösten Frage, unter welchen Kriterien die luftverkehrsrechtliche Zulässigkeit des BNK-Einsatzes festgestellt wird. Die mehrfachen Hilferufe der Energieverbände BWE, VDMA und BDEW beim Bundesverkehrsministerium verhallten dort ungehört. Ein ministerieller Leitfaden, der einen Weg durch das Dickicht der luftfahrtrechtlichen Zulässigkeit der BNK schlagen könnte, ist deshalb leider nicht in Sicht.

Fristverlängerung im Referentenentwurf

Angesichts dieser kritischen Lage diskutierte der BWE-Arbeitskreis Kennzeichnung am 27. Januar über Lösungsmöglichkeiten. Die Idee eines sog. Milestone-Konzepts, wonach Betreiber bei einer zu späten BNK-Umsetzung entschuldigt wären, wenn sie innerhalb bestimmter Zeiträume bestimmte Pflichten erfüllt haben, wurde als zu kompliziert und fehler-anfällig verworfen. Stattdessen tritt der BWE nunmehr mit der Forderung einer weiteren (letztmaligen) Fristverlängerung von zwei Jahren sowohl an die BNetzA als auch an die Bundesregierung heran. Dabei soll aber die gültige Regelung der BNetzA unangetastet bleiben, wonach WEA, die bis Ende 2025 aus dem EEG fallen, nicht BNK-pflichtig sind. Eine Verschiebung dieser Frist um zwei Jahre in die Zukunft hätte nämlich zur Folge, dass zahlreiche weitere WEA nicht mit BNK-Systemen ausgestattet werden müssten. Angesichts des mit dem Einsatz der BNK verbundenen Akzeptanzgewinns bei der Bevölkerung sollte eine solche Konsequenz auf jeden Fall vermieden werden.

In dem aktuellen Referentenentwurf zum EEG 2023 (Stand: 28. Februar) wird die Forderung der Branche aufgegriffen und eine Verlängerung der BNK-Ausstattungsfrist bis zum 1. Januar 2025 vorgesehen. Es ist derzeit aber noch nicht sicher, dass die Gesetzesänderung tatsächlich in der vorliegenden Form in Kraft treten wird. Betreiber sollten deshalb alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um ihre Anlagen möglichst noch bis Ende dieses Jahres mit BNK-Systemen auszurüsten. Gelingt dies nicht, so würde bei einer nicht erfolgenden Fristverlängerung der Anspruch auf die Marktprämie nach dem EEG ab dem 01.01.2023 bis zum Einsatz der BNK auf der jeweiligen Anlage entfallen. Dies mag angesichts der derzeit hohen Marktpreise auf den ersten Blick verschmerzbar erscheinen; es kann aber nicht deutlich genug davor gewarnt werden, insoweit eine
„Wette auf die Zukunft“ abzuschließen, da heute niemand vorhersehen kann, wie sich die Strommarktpreise entwickeln. Jeder Betreiber ist also gut beraten, sofort die evtl. noch ausstehenden Schritte für eine mög-lichst zügige BNK-Umrüstung einzuleiten, um seinen Teil zur BNK-Aus-rüstung beizutragen. 

Dieser Beitrag wurde erstmals im BetreiberBrief 1-2022 veröffentlicht.