Ein besseres Verständnis des Beulverhaltens soll eine geringere Wandstärke der Pfähle ermöglichen, die erforderliche Stahlmenge reduzieren und dadurch Kosten senken. Nach Laborversuchen in der Berliner Peter-Behrens-Halle führt das Forscherteam unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Frank Rackwitz, Fachgebietsleiter Grundbau und Bodenmechanik an der Technischen Universität Berlin, erste Versuche im freien Gelände in Bremerhaven durch. Das Teilvorhaben der TU Berlin wird mit fast 475.000 Euro gefördert und kofinanziert. Die Laufzeit ist von Januar 2020 bis Ende Dezember 2022 geplant.
Die Mehrzahl der aktuell laufenden Windparkprojekte in deutschen Gewässern werden mit sogenannten Monopile-Gründungen realisiert. In den Wassertiefen der Nordsee werden die Pfähle ohne Sicht auf den Baugrund eingebracht: Wenn mehr oder stärkere Schläge des Hydraulikhammers, der die Fundamente in den Meeresgrund rammt, erforderlich sind, kann das ein Hinweis auf Hindernisse sein. Die Installateur*innen können jedoch nicht sehen, ob sie in der Tiefe auf Findlinge stoßen, die die Monopiles möglicherweise verbeulen. Für die zunehmend leistungsstärkeren Windturbinen werden daher Monopiles mit einem Durchmesser von über zehn Metern geplant. Die überdimensionalen Pfähle erfordern eine höhere Schlagkraft der Hämmer und verursachen größere Kräfte, die auf die Monopiles wirken. Damit steigen die Risiken, dass sich die Pfahlfüße während der Einbringung am Meeresboden wölben oder dass der bereits gebettete Pfahl mit installierter Windenergieanlage im Betrieb an der Bodenoberkante unter den Belastungen aus Wind und Wellengang beult.
Die Technische Universität Berlin berechnet in dem gemeinsamen Forschungs- und Industrieprojekt VERBATIM mit einem numerischen Simulationsmodell das Verformungsverhalten von Stahlrohren in Sandböden. Prof. Dr.-Ing. Frank Rackwitz, Fachgebietsleiter Grundbau und Bodenmechanik an der Fakultät Planen Bauen Umwelt an der TU Berlin erläutert: „Es fehlen abgesicherte Rechenmethoden, daher werden Pfähle bisher sehr konservativ ausgelegt. In einem Modell weisen wir experimentell nach, unter welchen Bedingungen der in den Meeresboden eingebettete Pfahl ausbeult. Die Ergebnisse, die wir bisher bei unseren Experimenten in der Peter-Behrens-Halle und aus begleitenden numerischen Berechnungen erhalten haben, validieren wir jetzt bei Versuchen mit Stahlrohren von ca. 80 cm Durchmesser im Gelände.“ Die Berechnungen sollen anschließend auf große Monopiles von Offshore-Windenergieanlagen übertragen werden und der Offshore-Windindustrie ermöglichen, kostenoptimierte Monopile-Designs zu entwickeln.
VERBATIM wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“ gefördert. Es wird vom Projektträger Jülich getragen und von der Bundesanstalt für Materialforschung und ‑prüfung (BAM) als Verbundkoordinator gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin und dem Bauingenieurbüro JBO durchgeführt. Über die Organisation Carbon Trust, die die Offshore Wind Accelerator Initiative zur Kostensenkung von Offshore-Windparks leitet, wird es von den Projektpartnern EnBW, Equinor, RWE, Ørsted, Scottish Power Renewables, Shell und Vattenfall unterstützt. Durch die Einbindung aller an Planung, Zertifizierung und Genehmigung beteiligten Parteien sowie die Nutzung der vorhandenen Strukturen der Offshore Wind Accelerator Initiative ist die Umsetzung eines anwendungsreifen Nachweiskonzepts für die Offshore-Praxis gewährleistet.
In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten und von Industriepartnern kofinanzierten Verbundprojekt „VERBATIM – Verifikation des Beulnachweises und ‑verhaltens großer Monopiles“ untersucht die Technische Universität (TU) Berlin das Verhalten großer Pfahlfundamente während und nach der Installation in Offshore-Windenergieanlagen.