Verteilnetze sind über Transformatoren mit dem Übertragungsnetz verbunden. Als Schnittstellen wandeln sie dafür die Spannung von 380 kV bzw. 220 kV auf 110 kV um - und umgekehrt. Zum sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes wird unter anderem das sogenannte (n-1)-Kriterium angewendet. Dabei werden auch Trafos wegen des möglichen Falls eines Störereignisses im Normalbetrieb nicht voll ausgelastet. Bei der sog. "kurativen Systemführung" wird durch eine neue Fahrweise diese Auslastung erhöht und so mehr Strom aus dem Verteilnetz ins Übertragungsnetz eingespeist.

Im Umspannwerk Pasewalk erprobt 50Hertz seit Ende des vergangenen Jahres die neue Trafofahrweise. Die Idee dahinter: Durch das Ausnutzen der thermischen Trägheit der Trafos im Umspannwerk Pasewalk können diese statt wie bislang mit 70 Prozent zu 75 Prozent ausgelastet werden. Dadurch kann mehr Strom aus Erneuerbaren Energiequellen aus dem Verteilnetz ins Übertragungsnetz geleitet und so in die süddeutschen Lastzentren abtransportiert werden. Der erforderlich Redispatch verringert sich überproportional.

Im seltenen Fall eines Trafoausfalls steigt die Auslastung der verbleibenden Trafos an und kann so für kurze Zeit sogar über deren Belastungsgrenze liegen. Als Gegenmaßnahme wird die Einspeisung aus dem Verteilnetz so reduziert, dass die Trafos sich nach kurzer Zeit wieder unter ihrer Belastungsgrenze befinden. Technisch ist dieser Vorgang unproblematisch, da der Grenzwert für die Betriebstemperatur des Trafos in dem kurzen Zeitraum nicht überschritten wird.

Eine erste Auswertung des Pilotprojektes zeigt, dass durch die neue Fahrweise im Umspannwerk Pasewalk im ersten Halbjahr 2023 erheblich mehr Strom aus dem Verteilnetz ins Höchstspannungsnetz transportiert werden konnte. Dadurch wurden Einsenkungen von Erneuerbarer Energie in Höhe von 2 GWh vermieden und damit Redispatchkosten in Höhe von ca. 176.000 Euro gespart.

Das Jahr 2023 war bislang verglichen mit 2022 ein windarmes Jahr. Durch den weiteren Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen und absehbar windstärkere Zeiten ist künftig eine noch größere Ersparnis an Redispatchkosten zu erwarten.

"Die effiziente Integration der Erneuerbaren Energien in unsere Stromversorgung erfordert für den sicheren Betrieb des Stromnetzes ein Set an verschiedenen Strategien. Dazu gehören ein umfassender Übertragungsnetzausbau genauso wie innovative Konzepte in der Systemführung zur effizienten Netzauslastung. Mit der kurativen Trafofahrweise haben wir ein solches Konzept erfolgreich erprobt. Das sorgt für mehr Erneuerbare Energie im Strommix und spart Geld",

unterstreicht Dr. Dirk Biermann, Geschäftsführer Märkte und Systembetrieb bei 50Hertz.

Aufgrund der sehr guten Erfahrungen mit der kurativen Trafofahrweise im UW Pasewalk soll das Konzept nun auf weitere Umspannwerke übertragen werden. Dabei kommen vor allem Netzverknüpfungspunkte zu den Verteilnetzen in Frage, in denen besonders viel Erneuerbare Energie eingespeist wird.


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