Die Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt haben sich auf ein Eckpunktepapier für einen naturverträglichen Ausbau der Windenergie verständigt. Ist das nun der große Durchbruch, um die lang anhaltenden Streitigkeiten zwischen Artenschutz und Windkraftausbau zu beenden?

Wolfram Axthelm: Das Eckpunktepapier zeigt deutlich, dass die Bundesregierung entschlossen ist, die bekannten Probleme beim Ausbau der Erneuerbaren Energien anzugehen. Wir begrüßen diesen Gestaltungswillen ausdrücklich. Mit dem Ansatz zur bundeseinheitlichen Regelung des Tötungsverbotes und der geplanten Einführung einer abschließenden Liste mit kollisionsgefährdeten Arten haben es zwei vom BWE seit Jahren erhobene Forderungen in das Papier geschafft. Nun kommt es allerdings darauf an, die Eckpunkte konkret zu unterlegen und an einigen Stellen auch Änderungen vorzunehmen. Dabei darf deren Ziel, den Ausbau der Windenergie zu unterstützen nicht verwässert oder gar ins Gegenteil verkehrt werden.

Welche Antworten bleibt das Eckpunktepapier aus Ihrer Sicht schuldig?

Wolfram Axthelm: Wir vermissen in dem Papier vor allem eine bundeseinheitliche Regelung des Störungsverbots und zum Umgang mit Fledermäusen. Wenn diese Regelung weiterhin ausbleiben sollte, besteht die Gefahr, dass sich die Blockaden im Genehmigungsprozess nur verschieben, anstatt tatsächlich aufgehoben zu werden. Auch die Erweiterung der Liste der kollisionsgefährdeten Arten ist aus unserer Sicht problematisch. Bei vielen dieser Arten sehen wir seit Jahren eine positive Entwicklung der Population. Und ohnehin sind Kollisionen mit Windenergieanlagen belegbar seltene Ereignisse. Zudem gibt es die Regelabstände klar als Prüfbereiche zu definieren und auch hier keine Verschärfungen bestehender Regelungen vorzunehmen.

Problematisch ist die willkürlich definierte Zumutbarkeitsschwelle für Abschaltungen von Windenergieanlagen. Bei Abschaltungen muss immer die Frage gestellt werden, ob diese artenschutzrechtlich überhaupt erforderlich sind. Wir sind auf jede Kilowattstunde sauberer Energie angewiesen. Anlagen sollten deshalb Strom produzieren sobald der Wind weht.

Wie ist die angestrebte Aussöhnung zwischen Windkraft und Artenschutz angesichts der neuen EEG-Ausbauziele für Onshore-Windkraft grundsätzlich einzuordnen? Welches Zubaupotenzial wird durch dieses Thema blockiert? Oder sind andere Hemmnisse aus Ihrer Sicht eigentlich viel schwerwiegender?

Wolfram Axthelm: Dass es zu einem beschleunigten Ausbau der Windenergie die Auflösung von Konflikten beim Artenschutz braucht, ist unbestritten. Dafür liefert das Eckpunktepapier eine Arbeitsgrundlage. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Befreiungsschlag zum Abbau aller Hemmnisse ist es noch nicht. Der Versuch, alte Konflikte aufzulösen, darf nicht dazu führen, dass neue Hindernisse für den Hochlauf der Windenergie aufgetürmt werden.

Die größten Hemmnisse beim Ausbau bleiben nach wie vor nicht hinreichend verfügbare und vollständig nutzbare Flächen sowie die viel zu langen Genehmigungsverfahren. Die aktuelle durchschnittliche Genehmigungsdauer beträgt bis zu sechs Jahre. Das ist nicht akzeptabel und auch nicht mit den Ausbauzielen der Bundesregierung vereinbar. Die Feststellung der Vorrangstellung der Erneuerbaren Energien in der Schutzgüterabwägung ist ein erster richtiger Schritt, der dazu beitragen wird, die Verfahren zu beschleunigen.

Auch bei der verfügbaren Flächenkulisse müssen jetzt schnell die im Koalitionsvertrag versprochenen zwei Prozent der Landesfläche rechtssicher mit Gesetzen unterlegt werden. Der Vorschlag zur Anpassung des Paragrafen zur Länderöffnungsklausel ist ein erster Schritt, der Entwurf muss aber dringend auch auf bereits bestehende Abstandsregelungen ausgeweitet werden.


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