Während es im Jahr 2011 noch 300.000 Beschäftigte im Erneuerbaren-Bereich gab, sank die Zahl bis zum Jahr 2018 auf nur noch 150.000 Beschäftigte.19 Zurückzuführen sind die Verluste allen voran auf den Einbruch der Photo-voltaikproduktion und -installation:27.300 Beschäftigte wurden 2018 nur noch verzeichnet – von vormals 132.800 Beschäftigten im Jahr 2011. Aber auch bei der Windener-gie an Land war die Entwicklung der Arbeitszplatzzahlen seit Einführung der Ausschreibungen im Jahr 2017 rückläu-fig. 2016 wurde hier der Höchststand mit 108.500 Beschäf-tigten erreicht. 2018 waren es nur noch 68.000. Anders sieht das Bild aus, wenn man sich die Arbeitsplatzzahlen im Bereich Betrieb und Wartung anschaut. Hier sind die Beschäftigtenzahlen seit 2000 kontinuierlich gestiegen. 2018 waren um die 86.000 Beschäftigte in diesem Bereich tätig. Das liegt daran, dass der Anlagenbestand bis dahin stetig gewachsen ist und die Auftragslage damit weniger anfällig für kurzfristige Änderungen in der Gesetzgebung ist. Der stetig wachsende Bedarf an Beschäftigten für Wartung und Betrieb steht damit im starken Gegensatz zur volatilen Entwicklung in Produktion und Errichtung von Anlagen. Die Beschäftigung in Bezug auf die Errich-tung von Erneuerbare Energien Anlagen ist in den letzten 20 Jahren also sowohl im positiven als auch im negativen Sinne sehr dynamisch gewesen. Eine ähnliche Einschät-zung ergibt die Wind-Betriebsrats-Umfrage, die regelmä-ßig von der IG Metall durchgeführt wird: Zuletzt wurde in den Umfragen deutlich, dass nur noch im Servicebereich Personal aufgebaut wird

Aktuelle Jobsituation in der Windbranche

Über die verschiedenen Wertschöpfungsstufen hinweg ist die Onshore-Windenergie mit einer hohen Beschäfti-gungswirkung verbunden. Das zeigt ein Blick auf die ein-zelnen Kernbereiche: Im Teilbereich Projektplanung und Forschung arbeiteten zuletzt 16 Prozent der Erwerbstäti-gen. Neben Forschungsaktivitäten an Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen umfasst dieser Bereich insbesondere Planungsleistungen durch Ingenieurbüros und Beratungsunternehmen. Den größten Teilbereich bildet die Herstellung von Anlagen und Komponenten: Hier war im Jahr 2018 knapp die Hälfte der Erwerbstätigen beschäftigt.26 Darüber hinaus besteht eine vielfältige Zulie-fererindustrie, die Lager, Getriebe, Mess- und Steuerungs-technik oder Spezialwerkzeuge fertigt. Die Montage und Installation von Windenergieanlagen stellt den kleinsten Teilbereich dar. Dennoch bieten sich gerade hier regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale durch diverse Bautätigkeiten. Auf den Betrieb und die Wartung von Windenergieanlagen entfällt knapp ein Drittel der Erwerbstätigen. Mit steigender Anzahl der installierten Anlagen hat dieser Bereich gegenüber 2010 spürbar an Bedeutung gewonnen. Bleibt es in den kommenden Jah-ren beim aktuell niedrigen Ausbauniveau der Windenergie, dürften laut Prognosen knapp 30 Prozent der heutigen Beschäftigung verschwinden – jedenfalls aus Deutschland. Derzeit exportieren die Hersteller 60 Prozent ihrer Anlagen ins Ausland – und bei weiterhin sinkenden Ausbauzahlen, dürften sich die Unternehmen überlegen, ob sie noch hier-zulande produzieren wollen, warnt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).28 Selbst wenn der Ausbau später wieder anziehen sollte, würden Hersteller ihre Produktionsstandorte nicht notwendigerweise wieder in Deutschland errichten, wodurch gigantische Export-chancen verloren gingen. Einen entscheidenden Zuwachs der Beschäftigung dürfte es erst geben, wenn der jährliche Ausbau wieder auf 5.000 Megawatt an Land anstiege. Dann dürfte Prognosen zufolge auch die Beschäftigung um mindestens zehn Prozent zulegen. 

Diese Entwicklung ließe sich bei einem jährlichen Aus-bauszenario von 1.000-Megawatt kaum realisieren. Die Beschäftigung würde stattdessen um 27 Prozent sinken. Auch bei einem Ausbau von 2.900 MW, wie seinerzeit noch im EEG 2017 beschrieben, wäre kein Anstieg zu erwarten. Es braucht also eine erhebliche Ausbauerhöhung, um den Jobmotor Windenergie wieder anzukurbeln.
Auch die Marktteilnehmer der Offshore-Windindustrie sorgen für eine starke regionale Verteilung von Arbeits-plätzen sowie einem erfolgreichen Export ihrer Turbinen und Fundamente im europäischen Markt. Mit dem derzeit zunehmendem Wachstum der Offshore-Windenergie weltweit sind sogar entsprechende Potenziale zu erwar-ten. Die Wertschöpfung in der Offshore-Windenergie ist in vergleichbare Stufen unterteilt: von der ersten Planung und Entwicklung eines Projektes, über Bau, Installation und Betrieb, bis hin zum Rückbau des Parks.33 Forschung und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung sowie Engineering tragen über alle Projektphasen hinweg zur Wertschöpfung bei.34 Die nähere Betrachtung der Beschäftigtenzahlen der Offshore-Windbranche zeigt, dass die Wertschöpfung für den Bau von Offshore-Windparks deutschlandweit ver-teilt ist und eine Konzentration nicht nur an küstennahen Regionen stattfindet.35 Die Wertschöpfung der Bereiche Transport und Montage sowie Projektentwicklung, War-tung und Instandhaltung konzentrieren sich zwar natur-gemäß überwiegend im Norden Deutschlands, doch auch der Süden profitiert, da hier vermehrt Marktteilnehmer aus den Bereichen Finanzierung, Engineering und Zuliefe-rung angesiedelt sind.36 Auch für die Windenergie auf See gilt: ohne Ausbau keine weiteren Arbeitsplätze.

Umfrage: Vorsichtiger Trend muss politisch gesichert werden

Die IG Metall Küste befragt in regelmäßigen Umfragen die Betriebsrätinnen und Betriebsräte der Windbranche, wie sie die aktuelle Marktentwicklung und Auftragslage ihrer Unternehmen einschätzen. Und die Einschätzung fiel lange Zeit ernüchternd aus. Besonders die politische Deckelung des Ausbaus, die Einführung eines radikalen Preismodells im Jahre 2017 sowie Defizite bei der Lan-desplanung und den Genehmigungsverfahren führten seinerzeit zur niedrigsten Zubaurate seit fast 20 Jah-ren. Entsprechend negativ beurteilten die Befragten die Situation in den Folgejahren: 96,4 Prozent der Betriebs-räte bemängelten im Jahr 2019, dass von der Politik keine oder nur geringe Unterstützung für die Branche käme. 

65,4 Prozent der Befragten gingen von einer sich weiter verschlechternden Marktentwicklung der Windenergie in Deutschland aus.42 Im Jahr 2021 schien sich der Trend wieder leicht ins Positive zu wandeln, nachdem die Zu-baurate einen geringen Anstieg gegenüber dem Vorjah-reszeitraum erfuhr: 47,8 Prozent der Befragten beurteilen die Marktentwicklung der Onshore-Branche daher positiv, für den Offshore-Bereich sehen 65,3 Prozent der Befragten positive Marktentwicklungen.43 Auch die Auf-tragslage gibt Anlass für vorsichtigen Optimismus: 39,1 Prozent gehen von einer positiven Entwicklung der Auftragslage aus.44 Allerdings: Das erneute Marktwachs-tum reicht nicht aus, um die Einbußen der Vorjahre zu kompensieren oder die Zielvorgaben des EEG zu erfül-len. Entsprechend ist in jedem vierten Betrieb weiterhin von einer abnehmenden Auftragslage auszugehen. Das zeigt: Marktentwicklung und Stimmungsbild reagieren sensibel auf Flächenausweisungen, Genehmigungslage und den damit einhergehenden Ausbaumöglichkeiten.