Forschungsprojekt TremAc: Kein Zusammenhang zwischen seismischen Wellen oder Infraschall und Belästigung

Infraschall – die große Unbekannte der Windenergie. Bevorzugte Drohgebärde der Windgegner. Thema non grata bei vielen Projektierern und
Betreibern. Wissenschaftlich noch zu wenig erforscht. Bis jetzt. In einer weltweit einzigartigen Studie hat das Verbundprojekt „Objektive Kriterien zu Erschütterungs- und Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland“ (kurz: TremAc) die Auswirkungen von Infraschall und Bodenerschütterungen untersucht. 2012 und 2014 analysierten Forscher bereits die Schallwirkung, 2018 widmete sich der Verbund TremAc insbesondere tieffrequentem Schall (inkl. Infraschall) sowie seismischen Wellen (Bodenerschütterungen). Nun wurden die Ergebnisse von Deutschlands umfangreichster Schallforschung veröffentlicht. In der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Studie konnten die Forscher keinen Zusammenhang zwischen akustischen oder seismischen Wellen und körperlichen oder psychischen Beschwerden plausibel nachweisen.

Unterhalb der Spürbarkeitsgrenze

Für die Studie wurden Anwohner des Windparks Wilstedt und auch der Windenergieanlage Ingersheim befragt. Die geäußerten Symptome konnten dabei nur subjektiv auf einen WEABetrieb zurückgeführt werden. „Die tieffrequenten Schallamplituden, die sich dem Anlagenbetrieb zuordnen ließen, waren äußerst gering“, verdeutlicht Dr. Johannes Pohl, Diplom-Psychologe am Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg. „Und auch die gemessenen Bodenschwinggeschwindigkeiten wiesen Amplituden auf, welche um ein Vielfaches unterhalb der Spürbarkeitsgrenze des Menschen liegen. Dies macht es unwahrscheinlich, dass diese Wellenarten Stresseffekte auslösen oder ein Grund für erlebte Belästigungen sein können.“

Maßnahmen durch Forschungsergebnisse

2018 hat das Cluster unter anderem im Windpark Wilstedt in der Nähe Bremens geforscht und dabei Windenergie-Immissionswirkungen auf Akzeptanz, Wohlbefinden und Gesundheit der Anwohner analysiert. Als Projektpartner beteiligten sich das Karlsruher Institut für Technologie, die Universität Stuttgart, die Technische Universität München, die Universität Bielefeld, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und das Unternehmen Mesh Engineering. Als Anlagenhersteller unterstützte Enercon die Studie, als Betriebsführer des Windparks Wilstedt die wpd windmanager GmbH & Co. KG. Mit Erfolg. Aufgrund der Forschungsergebnisse der Vorgängerstudie wurden mit den Anwohnern bereits Maßnahmen ergriffen, um Fragestellungen der Akzeptanz zu lösen. Dazu gehörte unter anderem 2017 die Installation von Serrations (Zackenbänder an den Rotoren), um den Geräuschpegel der Enercon-Anlagen zu reduzieren.

Versachlichung der Diskussion

„Der Windpark Wilstedt ist das wohl am besten untersuchte Windprojekt Deutschlands“, erklärt Dr. Klaus Meier, Geschäftsführender Gesellschafter von wpd windmanager. „Im Dialog mit den Anwohnern tauchte immer wieder der Infraschall auf. Darum haben wir uns entschlossen, dieses diffuse Thema einmal wissenschaftlich anzugehen. Die Ergebnisse zeigen, dass das genau der richtige Ansatz war.“ Mit Spannung wurden die Resultate des Forschungsverbunds TremAc erwartet – sowohl auf Seiten der Windpark-Betreiber und Forscher als auch bei den Anwohnern. „Das Thema Infraschall wird sehr subjektiv
wahrgenommen und die Diskussionen auf sehr emotionaler Ebene geführt“, weiß Daniel Kurreck, Regionalleiter von der wpd onshore GmbH & Co. KG, der den Windpark Wilstedt bereits seit Jahren im Rahmen einer Erweiterungsplanung von Seiten der wpd betreut. „Aus so einer emotionalen Diskussion lassen sich allerdings schwer konkrete Maßnahmen entwickeln.“ Mit den Ergebnissen als Grundlage soll das Thema nun auf sachlicher Ebene weiter diskutiert werden.

„Für die Windenergie in Deutschland könnten die Ergebnisse der TremAc-Studie wegweisend sein“, äußert Dr. Pohl, „weil sie zu einer Versachlichung der Diskussion rund um Bodenerschütterungen und den Infraschall beitragen. Weitere Forschungen werden hierfür allerdings nötig sein – um einerseits eine noch windparkspezifischere Datenbasis zu schaffen und um andererseits die physikalischen und psychologischen Faktoren, die zu einer Belästigung beitragen können, besser zu verstehen.“