Am 28. April 2025 haben die europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) den EU Bidding Zone Review (BZR) abgeschlossen. Mit der Veröffentlichung des Berichts zu einer möglichen Neukonfiguration der Stromgebotszonen in der EU endet der Prozess, den die EU-Kommission rechtlich 2019 im Clean Energy Package festgeschrieben hat.

Unter Berücksichtigung sehr konkreter Vorgaben der Europäischen Agentur für die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden (ACER) zu u.a. Methodik, zu untersuchenden Gebotszonen-konfigurationen, Szenarien und zahlreichen Indikatoren haben die europäischen ÜNB für das Zieljahr 2025 ausführliche Simulationsrechnungen durchgeführt. Der gesamte Prozess sah von Beginn an vor, dass die ÜNB den Bericht inklusive eines Vorschlags hinsichtlich der Beibehaltung oder Anpassung der aktuellen Gebotszonenkonfiguration an die EU-Mitgliedstaaten übermitteln, und die Entscheidung für oder gegen eine Neukonfiguration damit explizit eine politische Entscheidung ist.

Vermeintliche Wohlfahrtsgewinne durch Gebotszonenteilung

Die Analyse erfolgte anhand von 22 Kriterien in vier Kategorien (Netzsicherheit, Markteffizienz, Energiewende und Stabilität & Robustheit von Gebotszonen). Gemäß ACER-Methodik stellte die Auswirkung einer Gebotszonenteilung auf die europäische Wohlfahrt den zentralen Bewertungsindikator dar. Diesbezüglich ermittelte die Studie den größten monetären Nutzen bei einer Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone in fünf Zonen. Laut Modellierung würde diese Aufteilung Wohlfahrtsgewinne unter den getroffenen Annahmen von 339 Mio. EUR für das Zieljahr 2025 gegenüber dem Status Quo in der Region Zentraleuropa generieren. Die Entwicklung der Wohlfahrtsgewinne für darauffolgende Jahre hat die Gebotszonenstudie nicht berechnet.

Deutsche ÜNB sehen Ergebnisse nicht geeignet für Entscheidung über Aufteilung der Gebotszone

Gleichwohl ist das Ergebnis der Überprüfung der deutsch-luxemburgischen Gebotszone derzeit nicht geeignet, um eine Aufteilung der bestehenden Preiszone zu begründen. Bei der politischen Entscheidung sind unter anderem die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:

Berechnete Wohlfahrtsgewinne nicht aussagekräftig

Die berechneten Wohlfahrtsgewinne entsprechen weniger als 1 % der für das Jahr 2025 simulierten Systemkosten, die zur Deckung der Stromnachfrage in Zentraleuropa entstehen (Kosten des simulierten Day-Ahead-Marktes). Auch vor dem Hintergrund der schwerwiegenden Auswirkungen auf die Investitionssicherheit und lokale Kostensteigerungen im Energie- und Industriesektor im Falle einer Gebotszonenaufteilung wären die berechneten Wohlfahrtsgewinne unter den verwendeten Annahmen verhältnismäßig niedrig. Darüber hinaus wurden die auf Basis der ACER-Methodik im Rahmen des BZR auf der Grundlage von Beiträgen der Interessengruppen geschätzten Kosten für die Implementierung einer Neukonfiguration voraussichtlich zu gering geschätzt.


Im BZR verwendete Eingangsdaten überholt und Analysezeitraum inkohärent

Die Eingangsdaten wurden gemäß Vorgaben in der ACER-Methodik im Wesentlichen im Jahr 2019 für das Zieljahr 2025 erstellt. Demnach berücksichtigt die Studie keine zukünftigen Entwicklungen im Stromsystem, darunter Netzausbauprojekte, insbesondere die innerdeutschen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) als auch die fortschreitende Entwicklung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE). Dies erschwert eine Beurteilung der Robustheit der untersuchten Konfigurationen und der Simulationsergebnisse. Eine Anpassung der Gebotszonen wäre aufgrund der voraussichtlichen Umsetzungszeit ca. 2030 möglich. Bis dahin werden wesentliche Netzausbauprojekte weit fortgeschritten sein, die in den BZR-Ergebnissen nicht berücksichtigt wurden.


Verlust von Liquidität und negative Auswirkungen auf EE-Förderbedarf

Eine Aufteilung der Gebotszone würde die Liquidität auf den Terminmärkten einschränken und Kostensteigerungen für den Regelleistungsmarkt verursachen, weil weniger Anbieter in kleineren Märkten teilnehmen würden. Durch die sinkende Produzentenrente von Anlagenbetreibern von Erneuerbaren Energien könnte sich zudem der EE-Förderbedarf erhöhen. Diese Auswirkungen wurden aufgrund der BZR-Methodik nicht angemessen berücksichtigt.


Ergänzende Maßnahmen zur Sicherung der Netzstabilität notwendig

Je mehr fluktuierende Erneuerbare Energien ins System kommen und konventionelle Kraftwerke dieses verlassen, desto mehr müssen physikalische Randbedingungen im Strommarkt Beachtung finden. Diese Entwicklung verstärkt sich durch den Anschluss von Großbatterien, deren Fahrweise abhängig vom Standort sowie Umfang der Integration in Markt- und Systemführungsprozesse, unterstützend oder schädigend für die Netzstabilität sein kann.
Unabhängig von der politischen Entscheidung für oder gegen eine Neukonfiguration der einheitlichen Gebotszone bleibt die Implementierung zusätzlicher Maßnahmen und Instrumente unerlässlich, um die Systemsicherheit auf einem hohen Niveau zu halten. Zu den kurzfristigen und effektiven Maßnahmen zählen u.a. der zeitnahe netzdienliche Neubau steuerbarer Erzeugungsanlagen und mittelfristig die Umsetzung eines zentralen Kapazitätsmarktes mit lokaler Komponente.

Quelle: 50Hertz

 

Hier können Sie den Bericht des ENTSO-E, dem europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber, lesen: Bidding Zone Review of the 2025 Target Year

 

 


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Bidding Zone Study Report: Der Bundesverband Erneuerbare Energie appelliert für den Erhalt der einheitlichen Stromgebotszone

BEE-Präsidentin Simone Peter kommentiert die Ergebnisse:

“Die Teilung der deutschen Strompreiszone ist ein Geist, der besser in der Flasche bleibt. Eine Teilung mag theoretisch funktionieren, hält aber dem Praxischeck nicht stand. Erwartbar wären nicht nur negative Folgen für die Entwicklung der Preise, sondern auch für die Investitionssicherheit sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energien und von Flexibilitäten. Potenziellen (geringen) Vorteilen in einigen Bereichen des Kurzfristmarkts stehen deutliche Nachteile im gesamten Langfristmarkt gegenüber.”

Hier können Sie die Pressemitteilung des BEE lesen.