Die Bundesnetzagentur hat am 16. Juni die Ausschreibung für die Offshore-Wind-Fläche N-9.4 abgeschlossen. Den Zuschlag erhielt die North Sea OFW One GmbH, an der TotalEnergies als Gesellschafter beteiligt ist. Die Fläche mit einer Netzanschlusskapazität von 1 Gigawatt (GW) soll ab der zweiten Hälfte des Jahres 2032 an das Stromnetz angeschlossen werden. Mit einem Portfolio von 7,5 GW an Offshore-Wind-Projekten in Deutschland ist TotalEnergies damit der größte Entwickler im hiesigen Offshore-Markt. Zum Vergleich: Aktuell werden in deutschen Gewässern Offshore-Windparks mit einer Kapazität von 9,2 GW von 14 unterschiedlichen Unternehmen betrieben.

Die Fläche N-9.4 liegt in unmittelbarer Nähe zu den Standorten N-9.1 und N-9.2, die gemeinsam von RWE und TotalEnergies gehalten werden. TotalEnergies beabsichtigt, die Entwicklung dieses Clusters zu priorisieren und Synergien zu nutzen, um Bau- und Betriebskosten zu optimieren.

Angesichts der längeren Verzögerungen bei den Netzanschluss-Zeitplänen, die von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) angekündigt wurden, hat TotalEnergies eine strategische Überprüfung der seit 2023 erworbenen Konzessionen eingeleitet. Ziel ist es, in einen Dialog mit den deutschen Behörden zu treten, um die Rahmenbedingungen für eine mögliche Umsetzung dieser Projekte auszuloten.

Insgesamt wurden bis zum Stichtag 01. Juni zwei Null-Cent-Gebote abgegeben, sprich zwei Bieter gaben an, den Windpark ohne staatliche Förderung errichten zu können. Entsprechend leitete die Bundesnetzagentur anschließend das sogenannte ‚dynamische Gebotsverfahren‘ ein, in dem die Unternehmen nach festgelegten Kriterien Geld bieten, um den Gewinner zu ermitteln. Der finale Zuschlagswert lag bei 180 Millionen Euro – das entspricht 180.000 Euro pro Megawatt. Selbst im Vergleich zu anderen nicht zentral voruntersuchten Flächen aus dem Jahr 2024 (1,3 Mio. €/MW und 1,1 Mio. €/MW) ist das ein deutlicher Rückgang. Im Jahr 2023 lagen die Gebotswerte für zentral voruntersuchte Flächen sogar bei bis zu 2,07 Millionen Euro pro Megawatt.

Die versteigerte Fläche N-9.4 umfasst rund 146 Quadratkilometer, ist nicht zentral voruntersucht und wurde rein auf Basis preislicher Kriterien vergeben. Erstmals war dabei ein verpflichtendes Overplanting vorgeschrieben – also der Bau einer um 10 bis 20 Prozent größeren installierten Leistung als eingespeist werden kann. Ziel ist, die Auslastung der Netzanbindungen und damit die Kosteneffizienz beim Offshore-Netzausbau zu erhöhen. Was auf Netzseite tatsächlich zu positiven Effekten führen kann, bedeutet auf Projektseite jedoch zusätzliche Investitionskosten entsprechend des geplanten Überbaus. Bei ohnehin hohen Investitionskosten von bis zu 3 Mrd. Euro pro GW kann dies weiteren Einfluss auf das Bieterverhalten gehabt haben.

Im Rahmen dieser Vergabe wird die Offshore Wind One GmbH im Jahr 2026 eine Zahlung in Höhe von 18 Millionen Euro an den deutschen Staat leisten. Diese Mittel sollen dem Meeresschutz sowie der Förderung umweltfreundlicher Fischereipraktiken zugutekommen. Darüber hinaus wird ab der Inbetriebnahme der Anlage über einen Zeitraum von 20 Jahren ein jährlicher Beitrag in Höhe von 8,1 Millionen Euro an den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber gezahlt, der für den Netzanschluss des Projekts verantwortlich ist.

Kritik am Ausschreibungsdesign

„Wir gratulieren TotalEnergies zur erfolgreichen Teilnahme an der Ausschreibung“, sagt Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE. „Gleichzeitig verdeutlicht das Ergebnis, dass das aktuelle Ausschreibungsdesign strukturelle Schwächen aufweist. Eine Auktion mit nur zwei Bietern und einem Gebotswert, der weit unter dem Niveau vergangener Ausschreibungsergebnisse liegt, ist ein unmissverständliches Warnsignal. Ein Festhalten am derzeitigen Ausschreibungsdesign ist kaum noch zu rechtfertigen.

Eine Erklärung für das Auktionsergebnis findet sich in unserer jüngst veröffentlichten Studie zu den Auswirkungen der ungedeckelten Gebotskomponente auf den Offshore-Wind-Sektor sowie auf die Umsetzung der energie- und industriepolitischen Ziele in Deutschland. Die Studie zeigt erstmals mit belastbaren Zahlen, welche erheblichen Risiken das aktuelle Design für den Offshore-Wind-Ausbau birgt, nicht zuletzt in dem mögliche positive Effekte überbewertet und mögliche negative Effekte ausgeblendet oder als nicht akut eingeschätzt werden.

Besonders auffällig ist, dass sich selbst die kurzfristigen Auktionserlöse, die in den vergangenen Jahren als Erfolg gewertet wurden, inzwischen deutlich reduzieren. Diese Entwicklung spiegelt die gestiegenen Marktrisiken wider und verdeutlicht, dass die bisherige Fokussierung auf hohe Gebotssummen langfristig zu steigenden Strompreisen, einer Gefährdung der heimischen Wertschöpfungsketten und einem erhöhten Risiko von Projektabbrüchen führt. Die Politik ist deshalb gefordert, das Ausschreibungsmodell dringend anzupassen. Dazu gehören die Einführung zweiseitiger Differenzverträge (CfDs), eine Begrenzung des Ausschreibungsvolumens pro Bieter sowie präzise Präqualifikationskriterien.”

Hintergrund / weiterführende Informationen  

Zur Ausschreibungsdesignstudie im Auftrag der Stiftung Offshore Windenergie gelangen Sie hier.  

Eine weitere, kürzlich durch den Stiftungskurator PwC Deutschland veröffentlichte Analyse zu den Investitionsrahmenbedingungen für Offshore-Wind in Deutschland („The Offshore Wind Revolution“) finden Sie hier.  

 

Quelle: TotalEnergies SE/ Stiftung Offshore-Windenergie


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