„Das ist eine sehr gute Nachricht. Gleichzeitig zeichnet sich aber zunehmend eine Schieflage zu Lasten von Bezahlbarkeit und Systemstabilität ab“,

sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der 50Hertz-Geschäftsführung, bei der heutigen Jahrespressekonferenz des Unternehmens in Berlin.

„Daher sollte sich insbesondere der weitere Ausbau der Photovoltaik stärker an realistischen Annahmen zum erwarteten Stromverbrauch, am Ausbau der Stromnetzinfrastruktur und am netzdienlichen Aufbau von Speicherkapazitäten orientieren.“

Der Stromverbrauch im 50Hertz-Netzgebiet war 2024 mit 94 Terawattstunden aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und der geringen Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen so niedrig wie zuletzt vor 20 Jahren. Windenergie war mit einem Anteil von 44 Prozent der wichtigste Energieträger, die Photovoltaik deckte rund 15 Prozent des Strombedarfs ab und verzeichnete einen sprunghaften Zubau von fast vier Gigawatt installierter Leistung.

Zugleich verursachten sonnenreiche Tage bei gleichzeitig geringem Stromverbrauch zunehmend negative Börsenstrompreise von bis zu minus 13,5 Cent pro Kilowattstunde. Umgekehrt gab es Ende vergangenen Jahres aufgrund fehlender Einspeisung aus Wind- und Solarenergie Tage mit extrem hohen Börsenstrompreisen von fast 94 Cent/kWh, die auf einen Mangel an regelbarer Kraftwerksleistung zurückzuführen sind.

Stefan Kapferer:

„Bisher konnten sowohl Solarspitzen als auch Dunkelflauten gut bewältigt werden, ohne dass es Risiken für die Systemstabilität oder die Versorgungssicherheit gab. Allerdings sind die hohen Preisausschläge nach oben und unten ein deutliches Warnsignal des Strommarktes. Die Rahmenbedingungen bei der Erneuerbaren-Einspeisung und bei regelbaren Kraftwerkskapazitäten müssen schnell angepasst werden. Neue Kraftwerke müssen deutschlandweit an netzdienlichen Standorten gebaut werden, auch in Ostdeutschland. In der nächsten Legislaturperiode brauchen wir zudem einen Paradigmenwechsel beim weiteren Erneuerbare-Energien-Zubau: Das Prinzip „Möglichst viel, möglichst schnell und völlig ungesteuert“ muss durch das Prinzip der Netzdienlichkeit ersetzt werden. Der bisherige Ansatz zur Förderung der Erneuerbaren belohnt eine möglichst hohe Strom-Einspeisung. Zukünftig sollten gezielte Anreize für einen netzdienlichen Zubau sowie eine netzdienliche Fahrweise geschaffen werden.“

 

Mehr Leitungen in Betrieb und in Bau

Um mehr Erneuerbare Energien vom Erzeuger zum Verbraucher transportieren zu können, gewinnt der Ausbau der Stromübertragungsnetze an Tempo. 50Hertz hat weitere wichtige Leitungen wie den Berliner Nordring und die beiden Teilstücke der Uckermarkleitung zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in Betrieb genommen. Insgesamt fast 900 Kilometer Freileitungen und Erdkabel befinden sich derzeit in Bau, weitere 1.800 Kilometer sind im Genehmigungsverfahren.

Für eines der wichtigsten Vorhaben der Energiewende, die Gleichstromverbindung SuedOstLink zwischen Wolmirstedt bei Magdeburg und der bayerischen Landesgrenze, gibt es im südlichen Abschnitt einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss und die Arbeiten an der Trasse haben begonnen. Auf der Ostsee hat 50Hertz im vergangenen Jahr das Netzanbindungsprojekt Ostwind 2 fristgemäß abgeschlossen, die Windparks Arcadis Ost 1 und Baltic Eagle können jetzt vollständig in das Höchstspannungsnetz einspeisen. Im Projekt Ostwind 3 für den Windpark Windanker befinden sich Landtrasse und Umspannwerk in Bau.

 
Finanzierung auf einer soliden Grundlage

Um den dringend benötigten Netzausbau zu realisieren, hat 50Hertz im vergangenen Jahr 3,6 Mrd. Euro investiert, das ist mehr als doppelt so viel wie 2023. Insgesamt will 50Hertz in der 4. Regulierungsperiode 2024 bis 2028 knapp 23 Mrd. Euro in Freileitungen, See- und Landkabel, Umspannwerke, Digitalisierung und weitere Technologien investieren, das ist fast fünfmal so viel wie in den zurückliegenden fünf Jahren. Mit rund 60 Prozent bleibt Fremdkapital die wichtigste Finanzierungsquelle für das Wachstum, 20 Prozent sollen sich aus dem Eigenkapital der Gesellschafter speisen und 20 Prozent aus dem operativen Cashflow.

Marco Nix, Geschäftsführer Netzausbauprojekte und Finanzen:

„Wir setzen unseren Wachstumskurs auf einer gesunden wirtschaftlichen Grundlage des Unternehmens 50Hertz und der gesamten Elia Group fort. Solide Kredit- und Nachhaltigkeitsratings unterstreichen die Attraktivität für Investoren und zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

2024 erzielte 50Hertz ein Jahresergebnis in Höhe von 310 Mio. Euro.

 

Elia Group stärkt die Eigenkapitalbasis um 2,2 Mrd. Euro

Rückenwind für seinen Wachstumskurs erhält 50Hertz vom Hauptaktionär Elia Group. Die Gruppe, die an der Börse in Brüssel notiert ist, kündigte am Freitag ein umfassendes Paket zur Stärkung seiner Eigenkapitalbasis in Höhe von 2,2 Milliarden Euro für dieses Jahr an. Das Paket soll aus zwei Schritten bestehen.

Zunächst sollen 850 Mio. Euro von einer Gruppe von vier Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung an der Börse gezeichnet werden. Zur Gruppe gehören der Hauptaktionär der Elia Group, Publi-T/Next Grid Holding, ATLAS Infrastructure (zusammen mit The Future Fund), BlackRock Inc und CCP Investments. Die neuen Partner haben sich verpflichtet, sich unmittelbar nach Abschluss der Privatplatzierung an der Bezugsrechtskapitalerhöhung in Höhe von 1,35 Milliarden Euro zu beteiligen, und zwar anteilig zu ihrem Anteil an der Privatplatzierung. Publi-T/Next Grid Holding bleibt mit 44,79 Prozent grösster Einzelaktionär der Elia Group.

Bernard Gustin, neuer CEO der Elia Group:

"Diese Transaktion wird das zukünftige Wachstum der Gruppe in Belgien, Deutschland und auf den internationalen Märkten unterstützen. Sie wird es uns ermöglichen, unseren Investitionsplan für die nächsten Jahre umzusetzen. 50Hertz ist und bleibt eine wichtige Säule in unserer multinationalen Unternehmensgruppe, und auch wir als Elia Group sind ein Stabilitätsfaktor für die deutsche Energiewende. Wir freuen uns sehr, dass wir mit der KfW Bankengruppe einen starken Partner in Deutschland für die kommenden herausfordernden Jahre an unserer Seite haben."

Der Gesamteigenkapitalbedarf der Elia Group beläuft sich auf 4 bis 4,5 Mrd. Euro. Da bereits 2,2 Milliarden Euro durch diese Transaktion gesichert sein werden, wird das Unternehmen zwischen 2026 und 2028 noch rund 2 Mrd. Euro benötigen. Die Elia Group verfügt über einen soliden Finanzierungsplan bis 2028, der sogar mehr als den Eigenkapitalbedarf der Elia Group abdecken könnte. Das vielfältige Finanzierungsinstrumentarium bietet verschiedene Optionen wie Hybridanleihen und die Einbeziehung eines Minderheitspartners auf operativer Ebene.

 

Quelle: 50Hertz