Noch nicht der große Wurf ist nach Einschätzung des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW das Gros der bislang vorliegenden Regionalpläne, mit denen zusätzliche Flächen für die künftig Windenergienutzung ausgewiesen werden sollen.

„Es ist zu begrüßen, dass die Landesregierung diese Flächenausweisungen im Laufe des Jahres 2025 sieben Jahre früher als von der Bundesregierung abgeschlossen haben will. Aber inhaltlich hapert es enorm. Es geht jetzt erst einmal rückwärts. Während der Klimawandel unbarmherzig fortschreitet, werden Genehmigungsverfahren kurz vor ihrem Abschluss zurückgestellt“,

kommentiert LEE NRW-Vorsitzender Hans-Josef Vogel.

Das im Frühsommer beschlossene Landesplanungsgesetz hat es erstmals zugelassen, dass Bezirksregierungen Genehmigungsanträge für neue Windenergieanlagen so lange „zurückstellen“ können, bis die Regionalpläne beschlossen sind.

Nach einer internen Umfrage des LEE NRW unten seinen Mitgliedern im Windsektor sind bereits weiter über 50 vorgesehene Windenergieanlagen mit mehr als 380 MW Leistung vor allem im Regierungsbezirk Arnsberg von diesem Bann betroffen oder erwarten meistens mit pauschaler Begründung die Aussetzung. Zur besseren Einordnung: Im vergangenen Jahr sind landesweit etwa 110 Windenergieanlagen mit einer Netto-Leistung von gut 430 MW neu in Betrieb gegangen, sprich vom letztjährigen Zubau werden über 85 Prozent nicht gebaut werden können.

„Wir hatten die Landesregierung vor dieser Rückstellungsklausel gewarnt, weil sie sich als Bumerang erweisen könnte. Genau das bewahrheitet sich jetzt, weit über 50 Rückstellungsbescheide sind über 50 Eigentore, die nicht hätten sein müssen“,

Das zuständige Landeswirtschaftsministerium hatte während des Gesetzgebungsverfahrenes mehrmals betont, nur mit wenigen Einzelfällen bei den Aussetzungen von Genehmigungen zu rechnen.

„Diese Einschätzung ist offenbar völlig falsch“,

kritisiert der LEE NRW-Vorsitzende. Nicht nur diese Fehleinschätzung ärgert den LEE NRW:

„Es ist davon auszugehen, dass die nun zurückgestellten Windenergie-Projekte überhaupt nicht mehr gebaut werden, da die Flächen außerhalb der noch zu genehmigenden Regionalpläne liegen. Damit sind zig Millionen Euro an Vorlaufkosten für Gutachten, Rechtsberatungen oder Arbeitsstunden in den Sand gesetzt.“

Vogel erwartet, dass die Investoren gegen die Aussetzungsbescheide klagen werden:

„Das ist keine wünschenswerte Visitenkarte für die Windenergiepolitik von Schwarz-Grün.“

Abgesehen von den ersten Entwürfen für die Planungsregion Düsseldorf hält der LEE NRW die ansonsten vorliegenden Entwürfe für Flächenausweisungen für problematisch. Ein Blick in die einzelnen Planungsregionen (siehe auch Zusammenstellung im Anhang):

Regierungsbezirk Arnsberg: Gemessen an der Größe wird von Seiten der Landesregierung im Regierungsbezirks Arnsberg mit 13.186 Hektar eine viel zu kleine Fläche für neue Windenergieanlagen gefordert. Der Regionalrat erschwert Investoren die Suche nach geeigneten Flächen durch die Wiedereinführung des 1.000-Meter-Abstandes zwischen Wohnsiedlungen und Windparks, die der NRW-Landtag mit den Stimmungen der Regierungsfraktionen und der SPD-Opposition abgeschafft hatte. Weitere Hemmnisse für die Planung neuer Windenergieanlagen ist der vorgesehene Abstand von 440 Meter Abstand zu „touristisch bedeutsamen“ Wanderwegen, Seen oder Aussichtstürmen.

Regierungsbezirk Münster: Auch nach einer ersten Korrekturrunde sind im neuen Regionalplan für das Münsterland weiterhin eine Reihe von Flächen ausgewiesen, die für die Errichtung moderner Windenergieanlagen absolut ungeeignet sind. Für moderne Windenergieanlage der 6- und 7-Megawatt-Klasse ist ein Abstand zwischen Wohnbebauung und Windparks von etwa 600-700 Meter notwendig, der Regionalrat Münster geht aber nur von 400 Metern aus. Die im Landesentwicklungsplan eröffnete Option, Windenergieanlagen in Nutzwäldern und auf sogenannten Kalamitätsflächen zu errichten, lässt der bislang vorliegende Plan ungenutzt.

Regierungsbezirk Detmold: Auch der Regionalplan Detmold sieht nicht nur die Wiedereinführung eines 1.000-Meter-Mindestabstandes zwischen Windparks und Wohnbebauung vor. Die Planer schließen die Nutzung von Flächen in Nutzwäldern für den Bau neuer Windenergieanlagen aus. Außerdem müssen Windparks eine Mindestgröße von 30 ha haben, was die Errichtung von Einzelanlagen ausschließt. Weiterer Schwachpunkt: Die neuen Flächen konzentrieren sich unverständlicherweise zu 90 % auf die beiden Kreise Höxter und Paderborn, was in einer Reihe dortiger Kommunen schon zu Protesten geführt hat. Auch in den nördlichen Kreisen des Detmolder Regierungsbezirks gibt es ausreichende Windgeschwindigkeiten und Gewerbetreibende, die nach einer Möglichkeit der Direktstromversorgung suchen.

Regierungsbezirk Köln: Im Regierungsbezirk liegen die beiden Militärflughäfen Nörvenich und Geilenkirchen. Um den Anflug der Flugzeuge zu sichern, drängt die Luftwaffe für die dort vorgesehenen Flächen auf eine Höhenbegrenzung möglicher Windenergieanlagen von unter 200 Metern Gesamthöhe. Mit dieser Einschränkung ist der Betrieb moderner Windenergieanlagen unwirtschaftlich, sprich Anlagen werden es gar nicht gebaut. Außerdem erschweren mehr als 30 seismologische Stationen in der Kölner Bucht die Errichtung neuer Windturbinen, da der Geogische Dienst des Landes auf zu große Abstände zwischen den Messstationen und den Windparks besteht. Weiterer Schwachpunkt: Der Regionalrat Köln hat bislang die meisten Flächen auf der linksrheinischen Seite ausgewiesen, womit es fast unmöglich wird, das vorgegebene Flächenziel von gut 15.500 Hektar zu erreichen. Deshalb ist auch ein erster Entwurf vor den Sommerferien zurückgezogen worden. Das Land hat sich hierzu bislang nicht öffentlich geäußert.

Regierungsbezirk Düsseldorf: Der Regionalrat hat bislang den mit Abstand besten Entwurf vorgelegt – zumal die Pläne rund 20 Prozent mehr Fläche als gefordert vorsehen. Von Seiten des LEE NRW gibt es kaum fachliche Einwände gegen bislang vorgelegten Entwurf.

Planungsregion Ruhrgebiet: In dieser Region gibt es bislang noch keinen Zeitplan, wann der Entwurf für die neuen Flächenausweisungen vorliegen soll. Mit knapp 2.000 Hektar muss die Planungsregion Ruhrgebiet die kleinste Fläche für neue Windenergieanlagen ausweisen. Dennoch sind die 2.000 ha von großer Bedeutung: Die Landesregierung kann der Bundesregierung erst dann das Erreichen des vorgegebenen Flächenziels melden (mindesten 1,8 Prozent der Landesfläche), wenn als Regionalpläne beschlossen sind.

Der LEE NRW-Vorsitzende Hans-Josef Vogel sieht „noch reichlich Nachbearbeitungsbedarf“ bei den bislang vorliegenden Regionalplanentwürfen:

„Es zeigt sich bereits jetzt, dass es von Landesseite nicht ausreicht, nur reine Flächenvorgaben zu machen und auf fachliche Anforderungen zu verzichten.“

Er wünsche sich eine „bessere Steuerung von Seiten der Landesplanung für die nächsten Schritte bei den Regionalplänen. Noch mehr Eigentore können wir nicht gebrauchen.“

 

Anhang: Übersicht Regionalplanung NRW August 2024

Quelle: LEE NRW