Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz lässt eine bereits errichtete Windenergieanlage in Birkenfeld, die bereits einige Jahre beanstandungsfrei betrieben wurde, laufen. Noch am vergangenen Freitag fasste das Gericht den Beschluss (OVG Rheinland-Pfalz Beschl. v. 12.02.2021 (1 B 11505/20.OVG), das Gesuch auf Eilrechtsschutz eines anerkannten Naturschutzverbandes als unbegründet abzuweisen. Die Windenergieanlage darf, jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache, weiter betrieben werden.

Gegenstand des Verfahrens war ein ursprünglich bereits genehmigter Windpark von drei Windenergieanlagen in Birkenfeld, die bereits errichtet und betrieben wurden. Die erste Genehmigung wurde jedoch aufgrund formeller Fehler entzogen, sodass ein Neuantrag für die drei WEA gestellt wurde. Eine der drei Anlagen wurde im Frühjahr 2020 genehmigt und der Sofortvollzug angeordnet. Hiergegen richtete ein anerkannter Naturschutzverband seinen Widerspruch und einen Antrag im Eilverfahren. Streitig waren nicht nur die Durchführung der UVP-Vorprüfung, sondern auch Artenschutz- und Naturschutzrechtliche Fragen.

Bezüglich der Vorschriften zum Schutz von Fledermäusen bei der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen, sowie dem öffentlichen Interesse an der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen und damit der Nutzung der Windenergie allgemein traf das Oberverwaltungsgericht wegweisende Aussagen, die auch für andere Windenergieprojekte, insbesondere im Land Rheinland-Pfalz, Tragweite besitzen.

Der Naturschutzfachliche Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz vom 13.09.2012 sieht zum Schutz der Betriebsbedingten Gefahren von Fledermäusen die Einrichtung eines Abschaltalgorithmus vor, sodass im Regelfall die Zahl der verunglückten Fledermäuse pro Jahr bei unter zwei Individuen pro Anlage und Jahr liegt. Gegen diesen Schwellenwert wandte sich der anerkannte Naturschutzverband. Das OVG Koblenz verwies richtigerweise auf den Naturschutzfachlichen Rahmen und erklärte, der Ansatz sei weiterhin vertretbar. Ein eigener Schwellenwert für jede einzelne Fledermausart sei nicht erforderlich. Diese Ausführungen sind in diesem Fall auch in Anbetracht der Tatsache nachvollziehbar, dass in mehreren Jahren des Betriebs der Anlage keine Tötung einer Fledermaus bekannt wurde.

Für das Überwiegen des Vollzugsinteresses spricht laut dem OVG Koblenz der neugefasste § 63 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG), der die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen die Genehmigung von Windenergieanlagen qua Gesetz entfallen lässt. Diese Gesetzgeberische Wertung sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Zusätzlich stellte das Gericht erfreulicherweise auch auf die Ausbauziele der Europäischen Union (EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vom 23. April 2009 (2009/28/EG)) und der Bundesrepublik Deutschland (EEG 2017) ab, die nach den tatsächlichen Verhältnissen noch nicht erreicht sind. Hieraus leitete das OVG Koblenz ein besonderes öffentliches Interesse an der Windenergienutzung ab, das für einen Weiterbetrieb der WEA spreche.

Mit dieser Entscheidung zeigt das OVG Koblenz erfreulicherweise einmal mehr, dass in Anbetracht der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Energiewende praxisnahe Entscheidungen möglich und nötig sind, um der Energiewende auch gegen „naturschutzfachlichen“ Widerstand zur Durchsetzung zu verhelfen.


Das dürfte Sie auch interessieren:


BWE_Infopapier_zu_UMK-Beschluss_Final.pdf
Am 11.12.2020 hat die Umweltministerkonferenz (UMK) in einer Sondersitzung den „Standardisierte(n) Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung ...
BWE_Stellungnahme_Fachempfehlungen_LAG_VSW_2020__FINAL.pdf
zu: Fachliche Empfehlungen für avifaunistische Erfassung und Bewertung bei Windenergieanlagen-Genehmigungsverfahren – Brutvögel, LAG VSW 2020
FA Wind_Technische Systeme zur Minderung von Vogelkollisionen an WEA.pdf
Die Publikation der Fachagentur Wind gibt Überblick über aktuellen Entwicklungsstand und bestehende Herausforderungen.