§ 16b Abs. 7 BImSchG: Gesetzgeber schafft Klarheit

Unklarheit herrschte bislang bei der Frage, ob bei einem beantragten Anlagenwechsel – nach Genehmigungserteilung, aber noch vor Errichtung der Windenergieanlage – die Vorschriften des § 16 BImSchG, also die Änderungsgenehmigung, zur Anwendung kommen können, oder ob stattdessen eine neue Genehmigung, samt vollständigem Genehmigungsverfahren, beantragt werden muss.

Die Ergänzung von § 16b BImSchG durch den neuen Absatz 7 schafft dahingehend nun Klarheit: Auch bei genehmigten, aber noch nicht erbauten Anlagen werden Änderungen des Anlagentyps nach den erleichterten Bedingungen des Änderungsgenehmigungsverfahrens behandelt  - ohne das langwierige Genehmigungsverfahren erneut vollständig durchlaufen zu müssen – und zwar unabhängig vom neuen Anlagentyp.

Bislang wurde von einigen Genehmigungsbehörden vertreten, dass ab einer gewissen „Abweichung“ immer ein Neugenehmigungsverfahren durchzuführen sei. Dieser Rechtsanwendung hat der Gesetzgeber nun einen Riegel vorgeschoben.

Frage der Standortverschiebung ungeklärt

Ungeklärt bleibt allerdings die Frage, wie mit Standortverschiebungen in diesen Fallkonstellationen umzugehen ist. Mit der Änderung des Anlagentyps auf modernere, größere Windenergieanlagen sind in der Regel auch größere Abstände der Anlagen untereinander erforderlich. Wie mit diesen Standortverschiebungen umzugehen ist, regelt § 16b Abs. 7 BImSchG nicht.

Für den „Regelfall“ des Repowerings – Ersetzen der Altanlage durch einen moderneren Anlagentyp – regelt § 16b Abs. 2 Nr. 2 BImSchG die Grenzen der möglichen Standortverschiebung: Der Abstand zwischen Bestandsanlage und der neuen Anlage darf höchstens das Zweifache der Gesamthöhe der neuen Anlage betragen.

Für geplante und genehmigte Anlagen im Sinne des neuen Absatz sieben, die also noch nicht errichtet wurden, fehlt dagegen eine Bezugnahme zu § 16b Abs. 2 Nr. 2 BImSchG oder eine andere Regelung zur Standortverschiebung - wenn gleich sie ebenso notwendig ist. Gelten hier dennoch die erleichterten Vorschriften des § 16b BImSchG oder ist in diesem Fall doch wieder ein eigenständiges, neues Genehmigungsverfahren erforderlich?

Der Gesetzgeber muss nachjustieren

Diese Frage dürfte die Gerichte in nächster Zeit beschäftigen, sollte der Gesetzgeber nicht noch nachjustieren. Ansonsten droht eine Fortsetzung beispielsweise der Rechtsprechung des VG Arnsberg (4 L 911/20), indem eine Verschiebung von 87m als noch zulässig angesehen wurde. Für moderne Windenergieanlagen ein nicht ausreichender Rahmen.

Und so sprechen die besseren Argumente diesbezüglich auch für die Anwendung der Vorschriften des erleichterten Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16b BImSchG:

Die Regelung zur Standortverschiebung beim „klassischen“ Repowering, § 16b Abs. 2 Nr. 2 BImSchG, befindet sich im selben Paragrafen wie die Typenänderung noch nicht errichteter Anlagen, Abs. 7. Ein Zurückgreifen auf die bestehende Regelung aus § 16b Abs. 2 Nr. 2 BImSchG würde daher der Systematik entsprechen. Zudem kann der Sinn und Zweck des Absatzes 7 - die Erleichterung der Typenänderung bei genehmigten WEA - nur erreicht werden, wenn auch änderungsbedingte Standortverschiebung vereinfacht per Änderungsgenehmigung m öglich sind. Der Zeitpunkt der Anlagenänderung sollte hierfür nicht ausschlaggebend sein. Dies würde dazu führen, dass beim Wechsel des Anlagentyps immer ein Änderungsgenehmigungsverfahren einschlägig ist – und Verschiebungen bis zur zweifachen Anlagenhöhe (bei modernen WEA also bis 500 m) möglich sind, ohne ein Neugenehmigungsverfahren durchführen zu müssen.

Angesichts dieser Argumente erscheint es wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber den Verweis auf § 16b Abs 2 Nr. 2 BImSchG vergessen hat und die dahinterstehende Problematik nicht erkannt hat.

Gesetzgeber muss die Branche stärker einbeziehen

Es ist also insgesamt zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die Problematik um den Typenwechsel nach Genehmigungserteilung erkannt hat. Zu Ende gedacht ist die Änderung jedoch nicht. Solche Gesetze „an der Praxis vorbei“ ließen sich vermeiden, wenn der Gesetzgeber im Beteiligungsverfahren der Branche mehr Möglichkeiten zur Stellungnahme einräumen würde. Beteiligungsverfahren „über Nacht“ hindern in letzter Zeit regelmäßig an fundierten Stellungnahmen, mit denen Fehler wie der hier geschilderte aus der Welt geschafft werden können. Denn es ist weder der Windbranche noch dem Klima geholfen, wenn Projektierer:innen gesetzgeberisch von einer Rechtsunsicherheit in die nächste geführt werden.