Florian Brahms: Gegenstand der Beratung ist gegenwärtig eine Vielzahl von unterschiedlichen Themenkomplexen, die von der Baugenehmigung für Elektrolyseure, den Stromliefervertrag von grünem Strom, der Einbindung des Elektrolyseurs in bestehende elektrische Kundenanlagen bis hin zum Wasserstoffliefervertrag reichen. Inzwischen treten auch zunehmend Wasserstoffprojekte ohne Forschungscharakter in den Vordergrund. Hinzu kommt, dass viele Rechtsfragen noch nicht abschließend geklärt sind, sodass es beispielsweise bei Wasserstoff von Gesetzgebungsseite her um die Frage geht, wann die Voraussetzungen für grünen Wasserstoff vorliegen. Gerade bei den Wasserstofflieferverträgen muss man darauf achten, wie die Qualität des Wasserstoffs für gewisse Anwendungsbereiche künftig zertifiziert werden muss.

Gibt es weitere Herausforderungen in der Gesetzgebung?

Brahms: Ja, ein weiteres Thema ist die THG-Quote, weil sie gegenwärtig noch nicht von der eigentlichen Wasserstofflieferung separiert werden kann. Anders als bei Strom, wo wir Herkunftsnachweise separat handeln können, ist das bei der heimischen H2-Quote im Verhältnis zum Wasserstoff, der geliefert wird, nicht der Fall. Und wir haben gerade jetzt bei der Einordnung von grünem Wasserstoff durchaus noch Pflöcke einzuschlagen.

Gibt es positive Entwicklungen?

Brahms: Der Delegierte Rechtsakt der EU hat an der Stelle schon weitergeholfen, Wasserstoff einordnen zu können. Das muss dann natürlich in der gesamten Wertschöpfungskette der Wasserstofferzeugung innerhalb der Verträge konkretisiert werden. Es sollten gerade bei langfristigen Vertragsverhältnissen etwaige gesetzliche Änderungen, die zeitnah eintreten werden, in den Verträgen integriert werden. Höhere Anforderungen beispielsweise an eine Zertifizierung von grünem Wasserstoff sollten flexibel gestaltet werden. Und die sollte man im Zweifel schon innerhalb des Vertrages über die Wasserstofflieferung mitberücksichtigen, um Rechte und Pflichten entsprechend auszugestalten.

Wie verhält es sich mit dem Netzanschluss?

Brahms: Der Netzanschluss von Elektrolyseuren richtet sich – man könnte sagen klassisch – nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Hinsichtlich der Kosten für den Strombezug ist hierbei eine Sonderregelung in § 118 Absatz 6 Satz 7 EnWG vorgesehen. In der Folge kommt für den Strombezug aus dem Netz der allgemeinen Versorgung eine Netzentgeltbefreiung für 20 Jahre in Betracht. Eine vergleichbare Regelung findet sich auch in §§ 25 ff. Energiefinanzierungsgesetz (EnFG), welches eine Umlagebefreiung bei der Herstellung von grünem Wasserstoff vorsieht. Bei den Planern von Elektrolyseuren, die wir hier gerade beraten, ist es im Kern eher so, dass neben dem Elektrolyseur oder zumindest in räumlicher Nähe größte Erzeugungsanlagen errichtet werden und alles sozusagen in ein bestehendes Konzept integriert wird, in welchem die Versorgung mittels Erneuerbare-Energien-Anlagen zum Tragen kommt.

Was muss man dabei besonders beachten?

Brahms: Herausforderung hierbei ist u. a., dass innerhalb eines dezentralen Netzes mehrere Letztverbraucher und Erzeuger diese elektrische Infrastruktur im Zweifel auch mit einem Betreiber eines Umspannwerks  zusammen nutzen. Das heißt, wir haben ein hybrides Netz mit unterschiedlichen Erzeugungsanlagen. Hierbei gilt es zu beachten, ob sich die Qualität des Netzes aufgrund der Strommengen, der Anzahl der Anschlussnehmer oder durch die Infrastruktur durchgeleitete Strommengen aus Sicht des EnWG ändert und welche Rechte und Pflichten hiermit einhergehen. Wenn es ein reguliertes Netz nach dem EnWG würde, müssen wir beispielsweise einen Bilanzkreis führen, gewisse Transparenzpflichten erfüllen etc.

Was heißt das?

Brahms: Es geht darum, ob ich im Endeffekt als dezentrales Projekt Netzentgelte und all diese Anforderungen nicht zu erfüllen habe: Wenn mein Netz zu viel Strom liefert, zu viele Anschlussnehmer hat, eine zu große räumliche Ausdehnung hat, dann könnte es dazu führen, dass mein Netz nicht mehr als dereguliertes Netz gilt. Sie können sich das so ähnlich vorstellen wie bei Windenergieanlagen, die gemeinsam einen Netzverknüpfungspunkt für den Anschluss an das Netz der allgemeinen Versorgung nutzen. Diese sogenannten Einspeisenetze sind bisher im Energiewirtschaftsgesetz nicht angelegt. Hier ist insbesondere auch zu hinterfragen, wo das Regulierungsbedürfnis der Bundesnetzagentur beginnt, wenn gar keine klassischen Letztverbraucher angeschlossen sind. Bei nur wenigen Anschlussnehmern ist das Regulierungsbedürfnis regelmäßig geringer. Wenn ich jetzt aber diverse Anschlussnehmer zusätzlich an die bestehende Infrastruktur anschließe, bspw. Batteriespeicher, Elektrolyseure, Wärmepumpen, Industrieverbraucher, kann die Notwendigkeit der Regulierung aus Sicht der Bundesnetzagentur steigen.

 

Das Interview führte Nicole Weinhold.

 

Über den Autor

Dr. Florian Brahms berät in energierechtlichen und zivilrechtlichen Fragestellungen rund um PV-, Wind-, Biogas- und Geothermieanlagen. Er ist Gründer und Partner der auf Energierecht spezialisierten Boutique-Kanzlei BRAHMS NEBEL Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Er hat zum Thema Integration von Erneuerbaren Energien am Strommarkt promoviert und war im Rahmen seiner Ausbildung u. a. der Clearingstelle EEG zugewiesen.

Dieser Beitrag erschien im BWE-BetreiberBrief 3-2024.


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