Was sind Metasystemportale wie das Leico Portal?
Jürgen Besler: Bei der Recherche und Erstellung von Leitungsanfragen greifen Planungs- und Bauunternehmen oft auf sogenannte Metasystemportale wie Leico – Leitungs-check-online zurück, über das deutschlandweit alle hinterlegten Infrastrukturbetreiber im Bereich der geplanten Baumaßnahme ermittelt werden können. Von den ermittelten Unternehmen werden dann gebündelt Leitungsauskünfte eingeholt. Das Leico Portal erfüllt dabei die Vorgaben des DVGW / VDE-FNN zur Metasystematik zur Netzauskunft, die von den Verbänden in der GW / S 115 definiert wurden. Über das Portal wurden allein im vergangenen Jahr mehr als 812.000 Leitungsanfragen und Meldungen an Infrastrukturbetreiber in ganz Deutschland verschickt. Zurzeit sind in der Datenbank der infrest mit mehr als 17.000 Infrastrukturbetreibern rund 90 % aller Unternehmen und Körperschaften, die eigene Infrastrukturnetze in Deutschland betreiben, hinterlegt.
Welche Informationen müssen Betreiber von Wind- und Solarparks im Portal bereitstellen, damit Leitungsanfragen beantwortet werden können?
JB: Durch die kostenfreie Hinterlegung der eigenen Netzbereiche in Leico werden Betreiber von Wind- und Solarparks automatisch an allen für sie relevanten Anfragen beteiligt. Wichtig für die Betreiber: Sie müssen keine Informationen zu den Leitungsverläufen zur Verfügung stellen, die Datenhoheit bleibt im eigenen Unternehmen. Vielmehr benötigt das Portal nur Informationen zur Versorgungsfläche, innerhalb der eigene Leitungen verlaufen. Für die Benennung der Zuständigkeitbereiche reicht bereits die Benennung einer Gemeinde oder eines Landkreises, in der EE-Anlagen geführt werden. Durch die Übermittlung exakterer Informationen etwa durch Bereitstellung von georeferenzierten Versorgungsbereichen als shape oder KML-Dateien als Polygone lässt sich die Zahl der „Nicht-Betroffenheits-Anzeigen” weiter verringern. Wenn die Netzbetreiber es wünschen, kann vom System bei Nicht-Betroffenheit automatisch ein Nichtzuständigkeits-Dokument für den näheren Umkreis einer Anfrage versendet werden.
Welche Vorteile sehen Sie für Netzbetreiber und Planungs- und Bauunternehmen bei der Nutzung des Portals?
JB: Zum einen eine verbesserte Erreichbarkeit und automatisierte Prüfung auf Zuständigkeit. Dann erhöht der Erhalt von Anfragen im Zuständigkeitsbereich die Versorgungssicherheit und die Sicherheit im Tiefbau. Weitere Vorteile sind, dass einheitliche Anfragedokumente die Bearbeitung erleichtern (Regelwerkskonforme Übermittlung in den Formaten PDF und XML) und dass die Bearbeitung der Anfragen ohne Prozessanpassungen möglich ist.
Wie können Betreibergesellschaften von Wind- und Solarparks mit Blick auf die eigenen Anlagen noch profitieren?
JB: Nicht zuletzt durch den forcierten Ausbau der Erneuerbaren Energien stehen die Betreibergesellschaften vor der Aufgabe, selbst eine wachsende Zahl von Anfragen zu möglichen Leitungsverläufen der von ihnen geführten Anlagen schnell und effizient zu bearbeiten. Doch nur wenige Betreibergesellschaften verfügen über eigene Planauskunftslösungen, da diese für ihre Bedürfnisse oft überdimensioniert sind. Die infrest hat deshalb in Anbindung an Leico zwei halb- bzw. vollautomatische Software-as-a-Service Lösungen entwickelt, die die Richtlinien des DVGW, VDE-FNN etc. berücksichtigen und ohne großen Aufwand eingeführt werden können. Bei Standardanfragen bevorzugen die Netzbetreiber oft den Aufbau einer automatischen Planauskunftslösung (infrest APLA). Dabei werden die Leitungspläne für die über Leico eingehenden Leitungsanfragen automatisch mittels einer webbasierten CAD-Lösung über einen WebMapService (WMS) erzeugt. Die so erzeugten Pläne werden den anfragenden Unternehmen dann gemeinsam mit allen notwendigen Unterlagen (z. B. Leitungsschutzanweisungen o. ä.) in einem vollautomatischen Prozess in Leico zur Verfügung gestellt.
Was leistet dann eine halbautomatische Software-as-a-Service Lösung?
JB: Unternehmen aus dem Bereich kritischer Infrastruktur, die ein besonderes Gefährdungspotential haben (z. B. durch Gashochdruckleitungen, Starkstromleitungen etc.), bevorzugen oft eine halbautomatische Bearbeitung von Leitungsanfragen. Die infrest Auskunftsdatenbank erleichtert auch hier die Auskunftserteilung. Dabei können alle zuständigen internen Bereiche und Abteilungen workflowbasiert am Auskunftsprozess beteiligt werden. Im ersten Schritt werden mit einem Textbausteingenerator vorformulierte Antwortschreiben erstellt und gemeinsam mit den Plänen und weiteren Dokumenten digital zusammengeführt. Vor dem Versand werden die so erstellten Leitungsauskünfte dann noch einmal einer internen Prüfung unterzogen. Alle über die Auskunftslösungen verschickten Leitungsauskünfte werden für die Nutzer revisionssicher in einem digitalen Archiv für mindestens sechs Jahre hinterlegt.
Blick in die Praxis: Halbautomatische Leitungsauskunft der VSB Service GmbH
Um eine möglichst unterbrechungsfreie Verfügbarkeit der technischen Anlagen sicherzustellen, nutzt die VSB Service GmbH aus Dresden eine halbautomatische Planauskunftslösung der infrest in Anbindung an das Leico Portal, um Planungs- und Bauunternehmen Auskünfte zu den Leitungsverläufen der in Deutschland betreuten Erneuerbare Energie-Anlagen zu erteilen. Wir haben mit Eva-Maria Knobloch gesprochen, der Abteilungsleitung Technische Betriebsführung bei der VSB Service.
Wie viele EE-Anlagen sind in Deutschland in der Betriebsführung der VSB Service GmbH und welche Aufgaben übernimmt sie dabei?
Eva-Maria Knobloch: Die Zahl der von uns betriebenen Wind- und Solarkraft Anlagen wächst kontinuierlich. Inzwischen sind wir für den Betrieb und Instandhaltung von rund 470 Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen in ganz Deutschland zuständig. Wir bieten dabei einen Rundumservice für den Anlagenbetreiber, der neben der Fernüberwachung der Anlagen auch die Bewirtschaftung und Instandhaltung der Infrastruktur umfasst. Zudem fungieren wir als zentrale Schnittstelle zu den Behörden, Versicherungen und Wartungsunternehmen.
Warum haben sie sich für die halbautomatische Auskunftslösung entschieden?
EK: Wir suchen immer nach Lösungen, um die von uns geführten Anlagen möglichst sicher und effizient zu betreiben. Dadurch, dass wir unsere Anfragen zentral über das Leico-Portal abwickeln und dort unsere Netzbereiche exakt definiert haben, konnten wir die Anfragezahlen erheblich verringern. Bei der Entscheidung für die infrest Auskunftsdatenbank war uns wichtig, dass alle Leitungsanfragen vollständig dokumentiert werden und jede Anfrage vor der Beantwortung noch einmal einen Prüfprozess durchläuft. So sind wir sicher, dass alle Anforderungen regelwerkskonform umgesetzt werden.
Warum hat sich die VSB Service GmbH entschieden, den gesamten Prozess komplett auszugliedern?
EK: Da wir die gemeinsam mit der infrest definierten Prozesse ausführlich getestet haben und standardisiert umsetzen, sind wir sicher, dass die erteilten Leitungsauskünfte unseren Qualitätsanforderungen entsprechen. Dank des Outsourcings kann sich unser Betriebsführung-Team intensiver um das Monitoring und die technische Betriebsführung der Bestandsanlagen konzentrieren. Und wenn es einmal eine Rückfrage gibt, haben wir immer einen kurzen Draht zu unseren Ansprechpartnern.
Dieser Beitrag erschien im BWE PV-BetreiberBrief 1-2025.
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