Wie wird ein treibhausgasneutrales Energiesystem im Jahr 2050 aussehen? Mit dieser Frage hat sich die Studie „Erneuerbare Gase – Ein Systemupdate der Energie.“ im Auftrag des Bundesverbands WindEnergie (BWE) und der Initiative Erdgasspeicher (INES) auseinandergesetzt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Nutzung von Erneuerbaren Gasen, gewonnen durch den Einsatz von Power-to-Gas Technologie, nicht nur zu volkswirtschaftlichen Effizienzgewinnen, sondern auch zu Flexibilisierungsvorteilen in der Einspeisung Erneuerbarer Energien führt.

Herr Bleschke, welches Interesse hatte die INES an der Erstellung der Studie?

Die Initiative Erdgasspeicher e.V. (INES) ist ein Zusammenschluss von Betreibern deutscher Gasspeicher. Die INES vertritt über 90 Prozent der deutschen Speicherkapazitäten. Damit betreiben die INES-Mitglieder auch knapp 25 Prozent aller Gasspeicherkapazitäten in der EU.

Unklar war allerdings, in welchem Umfang erneuerbare Energien in Gasform in einem dekarbonisierten Energiesystem einzusetzen sind. Darauf wollten wir einen möglichst zuverlässigen Blick erhalten.

Die Frage nach der Rolle dieser Gasinfrastrukturen in einer erneuerbaren Welt hat die INES-Mitglieder dazu veranlasst, die Studie in Auftrag zu geben. Dass Power-to-Gas und Gasspeicher das Kernproblem erneuerbarer Energien lösen können, ihnen nämlich eine umfangreiche Speicherung zu ermöglichen, ist allseits bekannt. Unklar war allerdings, in welchem Umfang erneuerbare Energien in Gasform in einem dekarbonisierten Energiesystem einzusetzen sind. Darauf wollten wir einen möglichst zuverlässigen Blick erhalten. Aus diesem Grund wurden sehr viele unterschiedliche Perspektiven in dem Studienprojekt vereint. Neben der Kooperation zwischen BWE und INES, war dafür der politische Studienbeirat von entscheidender Bedeutung. Dieser war mit Vertreterinnen und Vertretern der CDU/CSU, der SPD und des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr besetzt. Das Ergebnis ist damit nicht nur für die INES-Mitglieder, sondern auch für die Öffentlichkeit äußerst interessant! 

Welche Möglichkeiten gibt es für einen systemdienlichen Einsatz von P2G?

Power-to-Gas und den damit erzeugten erneuerbaren Gasen stehen im zukünftigen Energiesystem eine ganze Reihe an Einsatzbereichen offen. Die Dekarbonisierung von Verkehr und Industrie wird auf erneuerbare Gase angewiesen sein, da hier technische Hindernisse den direkten Einsatz von Strom teilweise unmöglich machen. Damit eine Dekarbonisierung dieser Sektoren zu angemessenen volkswirtschaftlichen Kosten gelingt, müssen die erneuerbaren Gase allerdings günstiger werden. Ein Anschub durch die Politik ist hier sicher hilfreich.

Systemdienlich sind erneuerbare Gase vor allem im Bereich der Infrastrukturen. Die Studie hat gezeigt, dass signifikante volkswirtschaftliche Kostenvorteile durch die Nutzung der Gasinfrastrukturen gehoben werden können. Grundsätzlich erfordert die Energiewende einen erheblichen Ausbau der Stromnetze. Dieser Ausbaubedarf kann allerdings auf der Übertragungsebene um zwei Drittel gesenkt werden, wenn im Wärmemarkt weiter auf Gastechnologien gesetzt wird, die mit erneuerbaren Gasen befeuert werden. Damit sich ein volkswirtschaftlich optimales Energienetz entwickeln kann, müssen allerdings die Entgeltsystematiken von Strom und Gas gekoppelt werden. Es muss sich letztlich für eine Power-to-Gas-Anlage lohnen, das Stromnetz zu entlasten.

Ein weiterer Einsatzbereich ist ganz sicher die Speicherung erneuerbarer Energien. Ein erneuerbares Energiesystem braucht große Speichermöglichkeiten. Wir erwarten, dass mittel- bis langfristig die Flexibilitätsmärkte des Strom- und Gassektors zusammenwachsen. Hier muss die Politik darauf achten, dass eine Chancengleichheit zwischen Strom- und Gasspeichern sichergestellt ist. Davon sind wir leider noch entfernt. Vor allem das Umlagen-System muss dafür noch weiterentwickelt werden. 

Die Studie „Erneuerbare Gase - Ein Systemupdate der Energiewende“ kommt zu dem Schluss, dass ein vollständig dekarbonisiertes Energiesystem in Deutschland erreichbar ist. Was bedeuten die Studienergebnisse aus Sicht der INES?

Die Studie hat gezeigt, dass Gasspeicher für die Energiewende einen wertvollen Beitrag leisten können. Die Gasinfrastrukturen und hier insbesondere die Gasspeicher werden für die vor uns liegenden Aufgaben dringend gebraucht. Ich denke, das war nicht nur für INES, sondern auch für alle anderen an der Studie Beteiligten eine bedeutsame Erkenntnis.